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Session: 19.10.2010
Der Widerstand und die Skepsis gegenüber dem Engagement von Repower in neue Kohlekraftwerke insbesondere in Norddeutschland (Brunsbüttel) reisst nicht ab. Neben den bisher kontrovers diskutierten Grundsatz- und Klimafragen zeigen verschiedene Entwicklungen der letzten Zeit die Problematik dieses internationalen Engagements in klimapolitisch stark kritisierte und fragwürdige Technologien.

Schlagzeilen um den Ausstieg weiterer Unternehmungen aus dem Projekt Brunsbüttel, insbesondere von verschiedenen Deutschen Stadtwerken, lassen eine eigentliche Absetzbewegung erkennen. Dies nicht zuletzt aufgrund der neuen von der Deutschen Regierung beschlossenen Laufzeitverlängerungen für Deutsche Atomkraftwerke, die auch die Rentabilität neuer Kohlekraftwerke stark in Frage stellt. Der bei den Diskussionen der Vergangenheit immer wieder heraufbeschworene Ersatz von alten Kohlekraftwerken mit entsprechend veralteter Technologie mit neuen effizienteren Anlagen, ist zudem aufgrund der Markt- und Rentabilitätsverhältnisse in der Deutschen Energiewirtschaft als Schutzbehauptung zu qualifizieren.

Die ablehnende Haltung der Bündner Bevölkerung für das Engagement von Repower in Norddeutsche Kohlekraftwerke ist gemäss einer repräsentativen Umfrage von Demoscope vom Juni 2010 zudem bei gut Zweidritteln. Höchste Zeit also für ein Überdenken der Strategie und Politik von Repower.

Der Kanton GR hält nach wie vor eine 46 %-Beteiligung an dieser Unternehmung und hat etliche Vertreter in dessen Verwaltungsrat delegiert. Deshalb folgende Fragen an die Regierung:

1. Welche Unternehmungen bzw. Stadtwerke verbleiben dem Projekt von Brunsbüttel aktuell noch und welche Beteiligung am Projekt (prozentual und finanziell) hält die Repower?
 
2. Welche Schweizer Unternehmungen der Elektrizitätsbranche sind bei Brunsbüttel noch beteiligt und welche haben sich bereits aus dem Projekt zurückgezogen?
 
3. Ist ein weiteres Aufstocken der Repower-Beteiligung beim Projekt Brunsbüttel vorgesehen?
 
4. Wie beurteilt die Regierung die Rentabilität eines Kohlekraftwerkes Brunsbüttel im neuen wirtschaftlichen bzw. energiepolitischen Umfeld Deutschlands. Welche Vorinvestitionen bzw. Kosten des Projektes Brunsbüttel sind bisher bei Repower zu verzeichnen und wie werden diese verrechnet?
 
5. Was hält die Regierung: Vom Import von Steinkohle aus Kolumbien für das Betreiben des Werkes in Brunsbüttel bzgl. Ökobilanz und Sozialstandards? Den prognostizierten ca. 150 LKW-Fahrten vor Ort pro Tag? Den von der Südweststrom GmbH für Brunsbüttel beantragten Schadstoffmengen von z.B. 4000 Tonnen Schwefeldioxid/Stickstoffoxid, 500 Kilogramm Quecksilber, 3 Tonnen Blei, 600 Tonnen Staub?
 
6. Welche Ausstiegsszenarien aus dem Projekt Brunsbüttel sind bei Repower vorhanden?
 
Chur, 19. Oktober 2010
 
Pfenninger, Thöny, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Müller, Noi-Togni, Peyer, Pult, Hensel, Monigatti

Antwort der Regierung

Bei der Repower AG (RE) handelt es sich um eine börsenkotierte Aktiengesellschaft (AG). Gemäss Art. 716a OR ist ausschliesslich der Verwaltungsrat für die Strategie einer AG zuständig. Zu diesem Thema und zur Strategie der RE hat sich die Regierung bereits in ihrer Antwort vom 10. März 2009 auf den "Fraktionsauftrag SP betreffend Rückzug der Rätia Energie aus den Projekten für Kohlekraftwerke" geäussert. Die diesbezüglichen Ausführungen haben weiterhin Gültigkeit.

Zu den neuen Fragen nimmt die Regierung aufgrund der Auskünfte von RE wie folgt Stellung:

1. Beim Projekt Brunsbüttel handelt es sich um ein Vorhaben der deutschen Süd-WestStrom-Gruppe, welcher rund 55 Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen vor allem aus Deutschland als Gesellschafter angehören. RE hält an der Projektgesellschaft für das Kraftwerk Brunsbüttel derzeit 51 Prozent. Am geplanten Kraftwerk in Brunsbüttel mit 1'800 Megawatt (MW) strebt die RE jedoch lediglich eine Beteiligung von 10 bis 20 Prozent an, was einer Leistung von 200 MW bis 400 MW entspricht. Die spätere finanzielle Beteiligung von RE steht derzeit noch nicht fest. Sie wird vom Energieanteil abhängen, den RE am Kraftwerk haben wird.

2. Es sind nicht sämtliche Schweizer Unternehmungen öffentlich bekannt, welche sich für ein allfälliges Kraftwerk Brunsbüttel verpflichtet bzw. interessiert haben. Hingegen konnte der Presse entnommen werden, dass die Groupe E, die Romand Energie und die Elektra Birseck Münchenstein angekündigt haben, aus dem Projekt aussteigen zu wollen, was aber bis heute nicht erfolgt ist.

3. RE strebt einen Leistungsanteil von 200 MW bis 400 MW an. Eine Aufstockung ist nicht vorgesehen.
 
4. Es ist nicht Sache der Regierung, entsprechende Rentabilitätsprognosen vorzunehmen. Dies liegt in der Verantwortung der Gesellschaft. Zu den generellen Risiken von RE gibt deren Geschäftsbericht Auskunft. Demnach ist RE darauf bedacht, die Risiken in der Produktion durch ein geografisch und technologisch diversifiziertes Projektportfolio zu minimieren, um keine Klumpenrisiken einzugehen.
RE arbeitet gleichzeitig an verschiedenen Kraftwerksprojekten im In- und Ausland, im Bewusstsein, dass letztlich nicht alle Vorhaben realisiert werden können. Die Entwicklungskosten der Projekte werden an die jeweilige Projektgesellschaft weiterverrechnet. Weitergehende Informationen als jene im Geschäftsbericht der Unternehmung liegen nicht vor.

5. Entscheidungen über die Herkunft der Kohlelieferungen sind gemäss Auskunft von RE noch keine getroffen. Diese können aus allen denkbaren Fördergebieten des internationalen Marktes stammen. Bezüglich der Ökobilanz und der Einhaltung von Sozialstandards der Kohlelieferungen bemüht sich RE um hohe Standards. Die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte werden laut RE in jedem Fall eingehalten. Teilweise werden diese Grenzwerte sogar deutlich unter den zulässigen Werten liegen. Am Standort Brunsbüttel gibt es keine Lastwagenfahrten, um Kohle umzuschlagen. Die Kohle wird beim direkt angrenzenden Hafen aus dem Schiff entladen und per Bahnförderanlage in das Kohlelager transportiert.
Der Staubbelastung wirken beim geplanten Offenlager Absaug- und Filtervorrichtungen, Beregnungsanlagen sowie die Abdeckung von Passivlagern entgegen. Damit können auch die Grenzwerte für Staubemissionen deutlich unterschritten werden.

6. Das Kraftwerk Brunsbüttel befindet sich gemäss Auskunft von RE in der Projektentwicklungsphase. Bau- oder Beteiligungsentscheide sind noch keine getroffen. Entsprechend sind auch keine spezifischen Ausstiegsszenarien nötig. RE überprüft aber laufend alle ihre Projekte. Das gilt auch für das Kraftwerksprojekt Brunsbüttel. Es besteht somit für RE keine Veranlassung, dem derzeit laufenden Bewilligungsverfahren vorgreifen zu wollen.

02. Dezember 2010