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Session: 07.12.2010
Zurzeit verhandelt die Schweiz mit der EU über ein bilaterales Energieabkommen. Wie kürzlich zu vernehmen war, wird dabei auch über die Neuregelung der grenzüberschreitenden Leitungskapazitäten verhandelt. Derzeit werden diese knappen Kapazitäten vom Schweizer Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid koordiniert. In Jahres-, Monats- und Tagesauktionen werden die Rechte zur Kapazitätsnutzung unter den Stromfirmen versteigert (explizite Auktionen), anschliessend werden die Stromgeschäfte basierend auf diesen Rechten abgewickelt. Im Rahmen der Verhandlungen mit der EU wird nun aber über die Schaffung einer Schweizer Strombörse diskutiert. Damit soll nur noch ein Teil der Netzkapazitäten separat auktioniert werden. Demgegenüber soll die tägliche Kapazitätsregelung im Rahmen impliziter Auktionen, das heisst kombiniert mit dem Stromverkauf abgewickelt werden. Dieses Vorgehen findet bereits in vielen Gegenden Eurpoas Anwendung. Die grenzüberschreitende Vermarktung von Strom würde dabei nicht mehr direkt zwischen Händlern erfolgen, sondern nur noch zwischen den Börsensystemen gehandelt. Gemäss Experten führe dieses Verfahren unter anderem zu einer effizienteren Netznutzung. Für den nationalen Marktplatz müsste die Schweiz eine eigene Strombörse aufbauen oder eine enge Zusammenarbeit mit einer Institution wie der bestehenden Börse in Leipzig suchen.

Die heutigen (Strom-)Börsen sind - etwas salopp gesagt - grössere Rechenzentren. Die Zeiten, in denen Händler physisch am Ring standen und einander lautstark zurufend die Güter handelten, sind definitiv Vergangenheit. Heute sind für den Betrieb einer (Strom-)Börse vor allem grosse Rechnerkapazitäten, leistungsfähige Datenverbindungen und qualifiziertes Personal erforderlich. Während die Randkantone Tessin (Bundesstrafgericht) und St.Gallen (Bundesverwaltungsgericht) vom Bund mit namhaften Eidgenössischen Institutionen bedacht wurden, drängt sich der Randkanton Graubünden als Standort für die neue Schweizer Strombörse förmlich auf.

Graubünden leistet einen wertvollen Beitrag zur sicheren und effizienten Stromversorgung in der Schweiz und nimmt mit der ökologisch und ökonomisch wertvollen Wasserkraft in der Schweizerischen Elektrizitätswirtschaft einen wichtigen Stellenwert ein. Mit den gegenwärtig stattfindenden Diskussionen um einen Ausstieg aus der Kernenergie wird die Bedeutung noch weiter zunehmen. Zudem verfügt unser Kanton mit der Repower über einen international tätigen und handelserfahrenen Stromkonzern. Graubünden ist prädestiniert für die neue Schweizer Strombörse.

Die Regierung wird daher beauftragt, sich nach Kräften und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass die neue Schweizer Strombörse in Graubünden realisiert wird.

Chur, 7. Dezember 2010

Kollegger (Chur), Heiz, Vetsch (Klosters Dorf), Aebli, Baselgia-Brunner, Bezzola (Zernez), Bleiker, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Caluori, Campell, Casanova-Maron, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Cavegn, Clalüna, Conrad, Davaz, Dudli, Felix, Fontana, Furrer-Cabalzar, Gasser, Geisseler, Giacomelli, Grass, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Jenny, Joos, Kappeler, Koch (Tamins), Koch (Landquart), Kollegger (Malix), Komminoth-Elmer, Krättli-Lori, Kunz (Chur), Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Marti, Meyer-Grass, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Montalta, Müller (Davos Platz), Nick, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Parolini, Parpan, Pedrini, Peyer, Pfenninger, Pult, Rathgeb, Stiffler (Davos Platz), Tomaschett-Berther (Trun), Trepp, Troncana-Sauer, Tscholl, Valär, Wieland, Zweifel-Disch, Cortesi, Largiadèr, Loi, Müller (Haldenstein), Nicolay

Antwort der Regierung

Börsenunternehmen sind eigenständige, privatrechtliche Unternehmen. Vielfach sind die Börsenteilnehmer an den Börsenunternehmen beteiligt (insbesondere Banken). Börsenunternehmen in der Schweiz arbeiten als Folge davon nicht gewinnorientiert, da Gewinne durch höhere Abgaben der Börsenteilnehmer erwirtschaftet werden müssten. Sie bieten den Teilnehmern einen elektronischen Marktplatz an, der von Gesetzes wegen diskriminierungsfrei zugänglich sein muss, sofern ein Teilnehmer die Anforderungen des Reglements des entsprechenden Börsenunternehmens erfüllt. Die in der Schweiz domizilierten Börsenunternehmen SIX Swiss Exchange (Aktiengesellschaft) und BX Berne eXchange (Verein) werden von den jeweils üblichen Organen geleitet.

Anlass für Überlegungen, eine neue schweizerische Strombörse zu schaffen, bieten die Verhandlungen der Schweiz mit der EU für ein bilaterales Energieabkommen. Dabei stellt sich die Frage, ob sich mit einer schweizerischen Strombörse aus dem Stromhandel nicht zusätzlich Vorteile für die schweizerischen Stromfirmen realisieren liessen (vgl. NZZ vom 26. November 2010).

Neue Börsen sind durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA zu bewilligen. Dabei hat die FINMA gemäss Art. 3 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG; SR 954.1) unter anderem zu prüfen, ob die Börse und ihre verantwortlichen Mitarbeitenden die erforderlichen Fachkenntnisse nachweisen und Gewähr für die einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten und ob die Organe den Mindestanforderungen entsprechen, die der Bundesrat festlegen kann.

Betreffend Strombörse in der Schweiz wurden noch keine strategischen Entscheide getroffen. Ein Initiator beim Aufbau einer Schweizer Strombörse ist die swissgrid. Sollte es zum Aufbau einer Strombörse in der Schweiz kommen, ist davon auszugehen, dass vorzugsweise eine bestehende Börse, welche schon die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt und über die geschäftlichen Erfahrungen verfügt, damit beauftragt würde.

Die Ansiedelung einer Schweizer Strombörse in Graubünden dürfte aus folgenden Gründen unwahrscheinlich sein:
- Börsenunternehmen sind privatrechtlich organisiert. Sie können ihren Sitz frei wählen. Dieser Entscheid wird wesentlich von den Eignern gestützt auf deren geschäftliche Analyse bestimmt.
- Es ist damit zu rechnen, dass die geschäftlichen Analysen der Eigner von Börsenunternehmen empfehlen, den Auftrag zur Schaffung einer Strombörse an eine bestehende Börse zu übertragen.

Trotzdem will die Regierung die Entwicklung aktiv im Auge behalten und für einen Börsenstandort Graubünden werben, falls ein Potential oder gar ein Interesse an der Schaffung einer Energiebörse ausserhalb schon vorhandener Strukturen erkennbar ist.

Unter diesen Bedingungen ist die Regierung bereit, aktiv zu werden und entsprechend den Auftrag entgegenzunehmen.

16. März 2011