Navigation

Inhaltsbereich

Session: 27.08.2010
Im Zusammenhang mit der Beratung des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen (Krankenpflegegesetz) wurde mehrfach auf die ungebremsten Kostensteigerungen im Gesundheitswesen hingewiesen.

Ebenfalls wurde seitens der Trägerschaften, resp. Gemeinden darauf hingewiesen, dass diese praktisch keine Möglichkeiten haben, die Kostenentwicklung zu beeinflussen.

Wir bitten die Regierung deshalb um Beantwortung folgender Fragen:

1. Kann mit dem heute geltenden System überhaupt Einfluss auf die Kostenentwicklung genommen werden?

2. Wenn ja, wo, und in welchen Bereichen können seitens des Kantons, der Gemeinden und der Trägerschaften Kosten eingespart werden?

Chur, 27. August 2010

Kleis-Kümin, Candinas, Albertin, Augustin, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Sedrun), Blumenthal, Bondolfi, Caduff, Caluori, Casutt-Derungs, Cavegn, Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Dosch, Fallet, Fasani, Florin-Caluori, Foffa, Geisseler, Joos, Kollegger (Malix), Märchy-Caduff, Niederer, Parpan, Righetti, Sax, Tenchio, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Zanetti

Antwort der Regierung

Die Regierung beantwortet die gestellten Fragen wie folgt:

1. Bis zu einem gewissen Grad kann mit dem heutigen System Einfluss auf die Kostenentwicklung genommen werden. In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass die Kosten im Gesundheitswesen hauptsächlich durch die konsumierte Menge und nur sekundär durch den Preis beeinflusst werden. Gemäss der vom Bundesamt für Statistik 2009 publizierten Synthesestatistik "Kosten und Finanzierung des Gesundheitswesens" sind die Gesundheitskosten von 39.8 Mia. Franken im Jahr 1998 auf 55.2 Mia. Franken im Jahr 2007 gestiegen, dies entspricht einem Anstieg von 38.7 Prozent. Davon sind 4.2 Prozentpunkte auf Preis- und 34.5 Prozentpunkte auf Mengenänderungen zurückzuführen. Die Gründe für das Mengenwachstum sind vielfältig: Einerseits ist es angebots- (es gibt immer mehr Therapie- und Diagnosemöglichkeiten) und nachfrageinduziert (im Krankheitsfall ist nur das Beste gut genug), andererseits ist es durch die demographische Entwicklung (Zunahme des Anteils älterer Menschen) bedingt.

2. Mit der ab 2012 gültigen Spitalfinanzierung lässt sich der Beitrag der öffentlichen Hand an die Spitäler praktisch nicht mehr beeinflussen, weil dieser direkt von den Pauschalen welche die Versicherer mit den Leistungserbringern aushandeln, abhängt. Lediglich die Beiträge an gemeinwirtschaftliche Leistungen können dann noch durch die öffentliche Hand festgelegt werden.

Möglichkeiten zur Kostenbeeinflussung bestehen demgegenüber im Pflegeheim- und Spitexbereich und generell durch jedermann im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention.

Im Heim- und Spitexbereich berücksichtigt der Kanton zur Festlegung seiner Beiträge jeweils nur die wirtschaftlichen Leistungserbringer und begrenzt damit den Kostenanstieg seiner Beiträge auf das wirtschaftlich notwendige Mass. Gemäss den von den Heimen eingereichten Unterlagen für das Jahr 2009 betrugen die Pflegekosten bei gleicher Pflegebedürftigkeit im günstigsten Heim weniger als die Hälfte verglichen mit dem teuersten Heim. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, über die Trägerschaft auf die Organisation der Betriebe und damit auf die Kosten Einfluss zu nehmen, zum Beispiel durch Hinwirken auf Zusammenlegung von Betrieben oder Teilbetrieben (z.B. Rechnungswesen).

Die Kostenentwicklung im Heimbereich kann von den Gemeinden auch durch die Bereitstellung attraktiver ambulanter Angebote, Entlastungsangebote für pflegende Angehörige sowie alternative Wohn- und Betreuungsformen günstig beeinflusst werden. Planungsregionen mit einem attraktiven ambulanten Angebot und entsprechend hoher Nachfrage nach Spitexdienstleistungen verfügen über eine unterdurchschnittliche stationäre Pflegequote. So wies im Jahr 2007 die Planungsregion Davos mit einer überdurchschnittlichen ambulanten Pflegequote (13.0% der 65-jährigen und älteren Wohnbevölkerung; Durchschnitt Kanton Graubünden: 10.8%) eine unterdurchschnittliche stationäre Pflegequote (5.6% der 65-jährigen und älteren Wohnbevölkerung; Durchschnitt Kanton Graubünden: 7.1%) auf. Umgekehrt wies die Planungsregion Cadi mit einer unterdurchschnittlichen ambulanten Pflegequote (7.9%) eine überdurchschnittliche stationäre Pflegequote (10.1%) auf.

In Würdigung dieser Ausgangslage sieht die Regierung vor, in der kantonalen Rahmenplanung den Bettenbedarfsrichtwert von 25 Prozent bis ins Jahr 2025 auf max. 22 Prozent festzulegen. Durch die Reduktion des Bedarfsrichtwerts auf max. 22 Prozent kann der Zusatzbedarf an Pflegebetten halbiert werden. Während bei einer Beibehaltung des geltenden Bedarfsrichtwerts von 25 Prozent bis ins Jahr 2025 die Erstellung von mindestens 800 zusätzlichen Pflegebetten notwendig wäre, resultiert bei einem reduzierten Bedarfsrichtwert von max. 22 Prozent ein Zusatzbedarf von lediglich rund 400 Pflegebetten. Bei durchschnittlichen Kosten pro Bett von 320'000 Franken lassen sich alleine durch diese Massnahme in den nächsten 15 Jahren Investitionskosten beim Kanton und bei den Gemeinden von 128 Mio. Franken vermeiden.

Die Reduktion des Bettenbedarfsrichtwerts lässt sich nur bewerkstelligen, wenn im ambulanten Bereich von den Spitexdiensten ausreichende Angebote und seitens des Kantons und der Gemeinden die zu deren Finanzierung erforderlichen finanziellen Mittel bereit gestellt werden.

Die Kostenentwicklung kann schliesslich auch durch gezielte Förderung der Gesundheitsförderung und Prävention sowohl durch den Kanton als auch durch die Gemeinden, z.B. durch die Umsetzung evidenzbasierter Programme und Projekte wie aber auch durch jedermann durch ein gesundheitsbewusstes Verhalten, günstig beeinflusst werden. Durch umfassende präventive Massnahmen könnten gemäss einer Studie in der Schweiz jährlich rund 20 Mia. Franken Kosten in allen Bereichen eingespart werden. Dies entspricht im Kanton Graubünden einer Summe von 500 Mio. Franken pro Jahr. Das vom Kanton initiierte Aktionsprogramm "Gesundes Körpergewicht" bezweckt in diesem Sinne, die im Kanton Graubünden anfallenden Behandlungskosten und makroökonomischen Kosten im Zusammenhang mit Übergewicht von rund 68 Mio. Franken pro Jahr zu verringern.

18. Oktober 2010