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Session: 16.02.2011
Die demografische Entwicklung führt dazu, dass gemäss Studien im 2020 der Bedarf an Pflegepersonal um 25% höher sein wird. Gleichzeitig wird eine Kostenverdoppelung der Langzeitpflege prognostiziert (Schweiz. Gesundheitsobservatorium 2008). Die familiären Strukturen verändern sich – bisher werden in rund 5% der Mehrpersonenhaushalte mindestens 1 pflege- oder betreuungsbedürftige Person gepflegt. Würden diese unbezahlten Betreuungskosten von Fachpersonal ausgeführt, entspräche dies gemäss einer Schätzung des Bundesamtes für Statistik einer Bruttolohnsumme von 1.2 Mia Franken.

Diese Zahlen zeigen auf, dass die medizinische Grundversorgung auf die Freiwilligenarbeit angewiesen ist. Der Wille, kranken und sterbenden Menschen begleitend zur Seite zu stehen, ist bei vielen Helfern vorhanden. Chronisch kranke Menschen befinden sich jedoch häufig in einer sehr belastenden, komplexen Situation und Freiwillige ohne medizinische oder soziale Grundkenntnisse sind in diesen häufig überfordert.

Aus diesem Grund benötigen Freiwillige in der medizinischen Versorgung elementare Grundkenntnisse, damit ihre Ressourcen gezielt genutzt werden können. Es werden im Kanton GR bereits mehrere Ausbildungen angeboten. Die Kurse werden mittels Spendengeldern finanziert – eine flächendeckende Versorgung und Ausbildung ist damit jedoch nicht gewährleistet.

Damit dies möglich ist, braucht es ein finanzielles Gefäss, welches die Kurskosten übernimmt. Gleichzeitig müssen die Kurse auch qualitative Anforderungen erfüllen.

In der Antwort auf den Auftrag „Feltscher“ im Jahre 2004 hat die Regierung anerkannt, dass der Freiwilligenarbeit in allen Bereichen der Gesellschaft eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Entsprechende Aktivitäten werden im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen und der finanziellen Grundlagen unterstützt.

Aus diesem Grund bitten die Unterzeichnenden die Regierung, folgende Fragen zu beantworten:

1. Erkennt die Regierung Handlungsbedarf in der Ausbildung und Koordination der Freiwilligenarbeit im Bereich der medizinischen Versorgung?

2. Ist die Regierung bereit, die Finanzierungsmöglichkeit von Ausbildungsangeboten für Freiwillige im medizinischen Bereich ohne weitere Belastung der Gemeinden (flächendeckende einheitliche Versorgung) zu prüfen (über Alkoholzehntel, Kooperation mit Landeskirchen)?

3. Sind aus Sicht der Regierung eine Koordination dieser Ausbildungsangebote und der daraus resultierende Einsatz von Freiwilligen mit den bereits vorhandenen personellen Ressourcen möglich?

Chur, 16. Februar 2011

Lorez-Meuli, Candinas, Wieland, Aebli, Albertin, Blumenthal, Brandenburger, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Caluori, Campell, Casanova-Maron, Casutt, Casutt-Derungs, Cavegn, Clalüna, Conrad, Darms-Landolt, Davaz, Dermont, Dosch, Engler, Felix, Foffa, Fontana, Frigg-Walt, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Gasser, Geisseler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Heinz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Kappeler, Kasper, Koch (Tamins), Kollegger (Chur), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Locher Benguerel, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Meyer-Grass, Michael (Donat), Michel, Niederer, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Parolini, Parpan, Pedrini, Pult, Righetti, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Tomaschett (Breil), Trepp, Tscholl, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher

Antwort der Regierung

Der Stellenwert der Freiwilligenarbeit in unserer Gesellschaft ist, wie verschiedene Studien der letzten Jahre aufzeigen, von immenser Bedeutung und auch für die Regierung unbestritten. Gemäss einer Erhebung des Bundes leisten Freiwillige in der Schweiz jährlich rund 720 Millionen Stunden unbezahlte Arbeit. Dies entspricht einem Gegenwert von rund 40 Milliarden Franken.

Kennzeichnend für den Bereich der Freiwilligenarbeit sind allerdings die enorme Heterogenität und die damit verbundenen Schwierigkeiten, Problembereiche eindeutig zu lokalisieren und einzugrenzen. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht einfach, gezielte Förderungsmassnahmen zu treffen, ohne dabei das Engagement verschiedenster Einzelpersonen und Personengruppen zu stark auf ökonomische Anreize auszurichten. Durch die Einführung von zu hohen Standards für die Freiwilligentätigkeit besteht zudem die Gefahr, dass die Motivation zu Solidarität und ehrenamtlichem Engagement verloren geht.

Wie das Forum Freiwilligenarbeit im Oktober 2010 in einer Zusammenfassung zu Recht festhält, wird im gleichen Mass, wie die Finanzierung des Sozialstaats in Frage gestellt ist, der Ruf nach Freiwilligen laut, die nicht mehr finanzierte bzw. bezahlte Leistungen in den Bereichen Gesundheit und Soziales unentgeltlich erbringen könnten. Insbesondere sollen im Bereich der Pflege und der Betreuung von betagten oder behinderten Menschen zunehmend Freiwillige zum Einsatz kommen. Dies führt zu Diskussionen einerseits über die Grenzen der Verantwortung zwischen Staat und Zivilgesellschaft, andererseits über die Möglichkeiten und Grenzen professioneller Hilfe resp. unbezahlter freiwilliger Arbeitsleistung.

Beantwortung der Fragen:

1. Die Regierung erachtet die in Graubünden bestehenden Angebote für die Ausbildung von Freiwilligen im Bereich der Betreuung und Begleitung von kranken Menschen (z.B. der evangelischen Landeskirche, des Vereins für Schwerkranke und Sterbende, der Caritas und des Roten Kreuzes) derzeit als ausreichend. Die im März 2007 gegründete Stiftung BENEVOL Graubünden steht allen Menschen, die Freiwilligenarbeit leisten oder leisten möchten, und Organisationen, die freiwillig Helfende suchen, als Anlauf- und Koordinationsstelle zur Verfügung. Die Regierung hält es aktuell darum nicht für notwendig, eine weitere Koordinationsstelle im Bereich der Freiwilligenarbeit zu schaffen.

2. Auf der Grundlage des Fortbildungsgesetzes waren gemäss bisheriger Praxis Beitragszahlungen an medizinische Kursangebote ausgeschlossen. Die Regierung hält auch in Zukunft an dieser Praxis fest. Allfällige Ausbildungsangebote in diesem Bereich wären in der Leistungsvereinbarung mit dem Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales zu regeln.

3. Die Koordination des Einsatzes von Freiwilligen ist gemäss Beurteilung der Regierung mit den bestehenden Ressourcen der Stiftung BENEVOL Graubünden möglich, sie entspricht zudem dem Stiftungszweck. Dieser legt fest, dass die Stiftung die Vernetzung sichert zwischen Menschen, die Freiwilligenarbeit leisten, und Organisationen, die freiwillig Tätige beschäftigen.

21. April 2011