Die Verfassung des Kantons Graubünden (Art. 3) bezeichnet Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch als gleichwertige Amtssprachen des Kantons. Das Sprachengesetz und die dazugehörige Verordnung regeln klar und konkret die Anwendung der Sprachen seitens der kantonalen Verwaltung in der Kommunikation mit den Institutionen und der Bevölkerung.
Eine Überprüfung der Informations- und Kommunikationsmodalitäten der kantonalen Verwaltung, welche nach zahlreichen Hinweisen von Bürgern und Vertretern der lokalen italienischsprachigen Medien durchgeführt wurde, zeigt eine unterschiedliche Situation.
Die durchgeführte Überprüfung berücksichtigt insbesondere die folgenden Kommunikationsinstrumente:
- die Internetseiten;
- die Anwendung und den Versand von Medienmitteilungen;
- die Verbreitung von Informationen und Nachrichten mittels Newsletters und/oder speziellen Fenstern für Sofortnachrichten;
- das Dienstleistungsangebot für die Bürger via Internet und Mobiltelefon.
Zwar kann bei zahlreichen kantonalen Ämtern und Dienststellen einerseits eine konsequente und gewissenhafte Anwendung der Bestimmungen festgestellt werden, andererseits kamen aber auch relativ markante Mängel zutage. In einigen Fällen ist das Verbesserungspotential deshalb gross und es besteht Handlungsbedarf.
Besonders wenig erbaulich, aber bedeutsam ist die Feststellung, dass viele Institutionen, welche der kantonalen Verwaltung zwar nicht direkt unterstellt sind, jedoch in bedeutendem Umfang finanziell unterstützt oder politisch von den kantonalen Organen kontrolliert werden, die Gesetzesbestimmungen nicht in zufriedenstellendem Masse anwenden. Die Rede ist insbesondere von der Graubündner Kantonalbank, der Rhätischen Bahn, Graubünden Ferien und von verschiedenen anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten (wie zum Beispiel das Bildungszentrum Gesundheit und Soziales).
Mit dem vorliegenden parlamentarischen Vorstoss beabsichtigen die Unterzeichnenden, die Regierung auf die oben erwähnte Problematik hinzuweisen und die Umsetzung von konkreten Handlungen und Massnahmen zur Erreichung eines vernünftigen Masses an mehrsprachigen Informationen bei allen kantonalen Dienststellen, aber auch bei den mit den kantonalen Organen eng verbundenen öffentlich-rechtlichen Anstalten zu erreichen. Dies soll unter dem Gesichtspunkt des Respektes und des Schutzes der sprachlichen Minderheiten erfolgen.
Demnach stellen wir der Regierung folgende Fragen:
1. Welches ist die vom Kanton angewandte Kommunikationspraxis?
2. Wie beurteilt die Regierung den Umsetzungsgrad der Bestimmungen des Sprachengesetzes betreffend Information und Kommunikation seitens der kantonalen Dienststellen?
3. Welche Massnahmen gedenkt die Regierung anzuwenden, um in verschiedenen Kommunikationsbereichen ein vernünftiges Mass zu erreichen, welches den Bedürfnissen der italienischsprachigen Bevölkerung unseres Kantons Rechnung trägt?
4. Ist die Regierung bereit, sich für das vorliegende Anliegen auch bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten ausserhalb der kantonalen Verwaltung stark zu machen, soweit diese in bedeutendem Umfang durch die öffentliche Hand finanziert oder kontrolliert werden?
5. Ist die Regierung bereit (und, wenn ja, wann), dem Grossen Rat entsprechende Änderungen der Gesetze der öffentlich-rechtlichen Anstalten vorzulegen, damit auch für diese dieselbe Praxis wie für die kantonale Verwaltung gilt?
Chur, 19. April 2011
Pedrini (Roveredo), Michael (Castasegna), Della Vedova, Bondolfi, Heiz, Noi-Togni, Papa, Pult, Righetti, Rosa, Tenchio, Zanetti, Monigatti, Pedrini (Soazza)
Antwort der Regierung
Art. 3 Abs. 1 der Kantonsverfassung legt fest, dass Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch gleichwertige Landes- und Amtssprachen des Kantons Graubünden sind. Im kantonalen Sprachengesetz (SpG, BR 492.100) und der dazugehörigen Sprachenverordnung (SpV, BR 492.110) wird dieser Grundsatz bezüglich des kantonalen Amtssprachengebrauchs, d.h. für die Kommunikation zwischen Staat und Bevölkerung, näher konkretisiert. So kann gemäss Art. 3 Abs. 1 und 2 SpG und Art. 7 SpV jede Person sich in einer Amtssprache ihrer Wahl an die kantonalen Behörden wenden und diese sind verpflichtet, in derselben Amtssprache zu antworten. In Art. 5 Abs. 1 SpV wird detailliert umschrieben, welche amtlichen Publikationen dreisprachig zu veröffentlichen sind. Und Art. 6 SpV legt fest, was in der Regel übersetzt wird. Schliesslich ist in Art. 8 SpV auch die Beschriftung der öffentlichen Gebäude und Schulen geregelt. Der italienischen Sprache ist in diesem von Verfassung, Gesetz und Verordnung vorgegebenen rechtlichen Rahmen angemessen und gebührend Rechnung zu tragen. Gleiches gilt für das Rätoromanische. Der Grundsatz der Gleichwertigkeit bedeutet hingegen nicht eine generelle Gleichstellung, insbesondere nicht eine generelle Übersetzungspflicht für sämtliche amtlichen bzw. vom Kanton unterstützten Publikationen.
Grundsätzlich sind das Sprachengesetz und die Sprachenverordnung auch auf die selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons anwendbar. Bei diesen Institutionen ist in jedem Fall bei der Frage des Sprachgebrauches der jeweilige spezifische Auftrag mit zu berücksichtigen. Der konkrete Sprachgebrauch der Anstalten zeigt entsprechend in der Praxis ein differenziertes Bild.
Vor diesem Hintergrund sind die gestellten konkreten Fragen wie folgt zu beantworten:
1. Die Kommunikationspraxis des Kantons orientiert sich an den im Sprachengesetz und der Sprachenverordnung statuierten Vorgaben.
2. In Berücksichtigung, dass das Sprachengesetz erst rund drei Jahre in Kraft ist, darf von einem befriedigenden Umsetzungsstand gesprochen werden. Optimierungen und Verbesserungen werden stetig angestrebt und das Angebot an dreisprachigen Informationen wird, wo sachlich sinnvoll, auch laufend ausgebaut.
3. Die rechtlichen Regeln für den Sprachgebrauch sind klar. Departemente und Dienststellen bemühen sich im Rahmen dieser rechtlichen Vorgaben und der vorhandenen Ressourcen um den konsequenten Gebrauch des Italienischen und Romanischen im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern und Institutionen. Ein reger Austausch mit den Beteiligten sichert die notwendige Praxisnähe. Spezielle Massnahmen drängen sich zur Zeit nach Ansicht der Regierung nicht auf.
4. Die im vorliegenden Zusammenhang gemachte Umfrage bei den selbstständigen Anstalten und weiteren verwaltungsnahen Einrichtungen hat gezeigt, dass diese für Fragen des Gebrauchs der kantonalen Minderheitssprachen durchaus sensibilisiert und auch bemüht sind, im Rahmen des jeweiligen Grundauftrages ein entsprechendes Angebot aufrecht zu erhalten bzw. dieses auch auszubauen. Die Regierung begrüsst diese Bestrebungen ausdrücklich, sie respektiert aber auch die autonome Stellung dieser Institutionen.
5. Nach dem Ausgeführten sieht die Regierung keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
1. Juli 2011