Mit Datum vom 25. Januar 2011 hat die Regierung die Fraktionsanfrage der BDP betreffend Hausärztemangel in Graubünden beantwortet. Die von Erstunterzeichner Hardegger aufgeführten Fragen sind dabei beantwortet worden. Dennoch sind wir dem Ziel der Erhaltung von genügend Ärzten in der Grundversorgung nicht nähergekommen. Die Tatsache, dass sich im vergangenen Herbst 2460 Studenten für das Medizinstudium eingeschrieben haben und nur ca. 650 an den Universitäten zugelassen wurden, steht im krassen Widerspruch zur Zuwanderung von über 1300 Ärzten aus dem Ausland pro Jahr. Solange wir nicht genügend Ärzte ausbilden, können wir kaum erwarten, dass in den Randregionen Graubündens die medizinische Grundversorgung aufrecht erhalten bleibt. Die Tatsache, dass viele Ärzte vor allem aus dem benachbarten Ausland zuwandern bedeutet auch, dass einem Teil unserer Jugend der mögliche Zugang zu hochqualifizierten Berufen verwehrt bleibt.
Im Kanton Graubünden werden in den nächsten fünf Jahren 50% der heute tätigen Hausärzte das Rentenalter erreichen und bis in zehn Jahren werden es ca. 75% der heutigen Grundversorger sein. Für Graubünden zeichnet sich ein grosses Problem mit der flächendeckenden medizinischen Versorgung der Bevölkerung ab. Über die kostenbremsenden Wirkungen im Gesundheitswesen durch die Hausärzte sind wohl kaum mehr Angaben zu machen, werden doch ca. 90% aller Fälle abschliessend behandelt, was ca. 8-15% der Gesundheitskosten ausmachen (je nach Quelle).
Im Wissen, dass es sich beim Inhalt dieses Auftrags um eine eidgenössische Aufgabe handelt, wollen wir den Druck auf die zuständigen Bundesstellen so hoch wie möglich halten.
Da in den letzten Jahren sehr viele Standesinitiativen gestartet wurden, hat dieses Instrument an Kraft verloren. Deshalb schlagen wir den Weg über die Konferenz der Gesundheitsdirektoren/innen vor.
1. Die zuständige Vorsteherin des Departements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit wird beauftragt, bei der nächsten Konferenz die Anhebung auf 2000 Studienplätze für Medizin zu verlangen.
2. Die Mitglieder der Regierung werden beauftragt bei jeder Gelegenheit darauf hinzuwirken, dass die Anzahl von 2000 Studienplätzen für die ganze Schweiz erreicht wird.
Chur, 17. Juni 2011
Niggli-Mathis (Grüsch), Darms-Landolt, Gunzinger, Aebli, Baselgia-Brunner, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Brandenburger, Buchli-Mannhart (Safien-Platz), Burkhardt, Campell, Casanova-Maron, Casty, Casutt, Clalüna, Conrad, Dudli, Felix, Fontana, Gartmann-Albin, Gasser, Giacomelli, Grass, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Holzinger-Loretz, Jeker, Jenny, Kappeler, Kasper, Koch (Igis), Kollegger (Chur), Komminoth-Elmer, Kunz (Chur), Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Pedrini, Perl, Peyer, Pult, Rosa, Stiffler (Davos Platz), Trepp, Troncana-Sauer, Tscholl, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wieland, Zanetti, Zweifel-Disch, Buchli (Felsberg), Pfister
Antwort der Regierung
An den Universitäten Basel, Bern, Freiburg und Zürich unterliegen die medizinischen Studiengänge (Human-, Zahn- und Veterinärmedizin) einer Zulassungsbeschränkung (Numerus clausus/Eignungstest), die bei Kapazitätsengpässen in den vorhandenen Studienplätzen zum Tragen kommt. Sobald die Zahl der Anmeldungen 120 Prozent der verfügbaren Studienplätze übersteigt und die Kapazitätsengpässe sich nicht mittels Umleitungen vor Studienbeginn beheben lassen, wird ein selektiver Eignungstest durchgeführt. In Genf und Lausanne werden die Studierenden ohne Test ins erste Studienjahr aufgenommen. Die Selektion erfolgt hier durch Prüfungen am Ende des ersten Studienjahres.
An den Universitäten Basel, Bern, Freiburg und Zürich haben sich 2'936 Personen für das Studium der Humanmedizin ab Herbst 2011 angemeldet. Zur Verfügung stehen lediglich 653 Studienplätze. Entsprechend wird auch dieses Jahr für die Zulassung zum Studium ein selektiver Eignungstest durchgeführt. An den Universitäten Genf, Lausanne und Neuenburg stehen insgesamt 431 Plätze zur Verfügung. Diese Universitäten verzichten auf die Durchführung eines Eignungstests. Sie führen stattdessen wie vorstehend ausgeführt eine intrauniversitäre Selektion durch.
Es gibt keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse darüber, wie viele Studierende effektiv nötig sind, um den Bedarf an Ärztinnen und Ärzten in der Schweiz abdecken zu können. Die Schätzungen liegen zwischen 800 und 1300 Studienabschlüssen pro Jahr. Neben der Zahl der Medizinstudierenden sind auch andere wesentliche Faktoren für den zukünftigen Bedarf an Ärztinnen und Ärzten entscheidend, wie zum Beispiel die geografische Verteilung der Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich zwischen ländlichen und städtischen Gebieten und deren Spezialisierung auf die verschiedenen Fachgebiete.
Die Regierung teilt die Ansicht, dass die Anzahl der an den Schweizer Universitäten zur Verfügung stehenden Studienplätze für Humanmedizin so zu bemessen ist, dass der Bedarf an Ärztinnen und Ärzten im Inland weit möglichst durch Inhaberinnen und Inhaber des eidgenössischen Arztdiploms abgedeckt werden kann. Dies ist heute eindeutig nicht der Fall.
Die Regierung ist entsprechend bereit, den Auftrag entgegenzunehmen. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei einer Erhöhung der Anzahl Studienplätze für Humanmedizin sich voraussichtlich auch der vom Kanton gemäss der Interkantonalen Universitätsvereinbarung den Universitätskantonen zu leistende Beitrag an die Ausbildungskosten seiner Kantonsangehörigen erhöhen dürfte.
12. Juli 2011