Der Kanton verfügt mit dem neuen Energiegesetz (in Kraft seit 1.1.2011) über eine zeitgemässe Grundlage, welche es erlaubt, den Massnahmenkatalog und die Förderpraxis bedürfnisgerecht weiter zu entwickeln ohne das Gesetz dafür anpassen zu müssen. Somit ist es möglich, auch kurzfristig neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Zur Unterstützung der eingeleiteten Energiewende macht es Sinn, neue Schwerpunkte einer kantonalen Energieeffizienz-Politik zu definieren. Die Unterzeichnenden fordern deshalb die Regierung auf, in folgenden Bereichen tätig zu werden und wo nötig die Energieverordnung, beziehungsweise die Vollzugsrichtlinien unverzüglich anzupassen und im Budget 2012 die dafür notwendigen Mittel vorzusehen.
1. Der Kanton unterstützt die Schaffung eines Lehrstuhls zum Querschnittthema „Cleantech“ an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur. Dieser soll die einschlägigen Aktivitäten im Rahmen eines erweiterten Leistungsauftrages (Forschung, Weiterbildung und Dienstleistungen) koordinieren und die daraus abgeleiteten Arbeitsprogramme unter dem Gesichtspunkt des grösstmöglichen Nutzens für den Kanton Graubünden führen. Im Sinne eines nachhaltigen Kompetenzaufbaus sind die erforderlichen finanziellen Mittel für mindestens fünf Jahre sicher zu stellen.
2. Der Kanton soll die Erstellung von kommunalen Energiekonzepten und Energieleitbildern finanziell unterstützen (evtl. Ergänzung von Art. 45 BEV).
3. Der Kanton soll die Förderung von Vorgehensberatungen für die effiziente Nutzung und den Einsatz von erneuerbaren Energien im Neubau sowie bei der Gebäudesanierung prüfen und die Beratungsdienstleistung des Amtes für Energie und Verkehr ggf. darauf ausrichten.
4. Der Kanton soll Neubauten und Ersatzneubauten nach MINERGIE P, MINERGIE A oder vergleichbarem Passivhausstandard finanziell wesentlich stärker fördern. Bei kantonseigenen Bauten und technischen Anlagen sollen die entsprechenden Weisungen gemäss Art. 36, Abs. 3 BEV künftig periodisch dem aktuellen Stand der Technik angepasst werden.
5. Der Kanton soll den Ersatz von Elektroheizungen im Sinne von Art. 22 BEG durch wesentlich höhere finanzielle Beiträge forcieren.
Für die geforderten Massnahmen soll der Kanton gemäss Art. 46 BEV und allenfalls in Verbindung mit der Bildungs- und Wirtschaftsförderungsgesetzgebung die Einzelheiten festlegen und insgesamt jährlich CHF 5 Mio. zusätzliche Mittel über mindestens fünf Jahre zur Verfügung stellen.
Chur, 31. August 2011
Joos, Casty, Montalta, Albertin, Augustin, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Blumenthal, Bondolfi, Caduff, Caluori, Candinas, Casutt-Derungs, Cavegn, Conrad, Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Dosch, Fasani, Florin-Caluori, Geisseler, Jaag, Kappeler, Kleis-Kümin, Kollegger (Malix), Märchy-Caduff, Parpan, Righetti, Sax, Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Zanetti
Antwort der Regierung
Die Regierung begrüsst grundsätzlich die Bestrebungen, mit differenzierten Massnahmen eine erhöhte Energieeffizienz zu fördern, und ist gewillt, punktuell Schwerpunkte zu setzen. Zu den erwähnten Punkten des Vorstosses:
1. Die Vernehmlassungsfrist zum Gesetz über die Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist Ende September 2011 zu Ende gegangen. Das Vernehmlassungsergebnis und die anschliessende Beratung der Botschaft werden zeigen, welche Bedürfnisse für unsere Wirtschaft wichtig sind. Cleantech als Teil der Wirtschaft deckt ein sehr breites technologisches Feld ab. Für die Schaffung eines Lehrstuhls an der HTW Chur ist deshalb zudem innerhalb der Fachhochschule Ostschweiz abzuklären, in welchen Bereichen von Cleantech die Teilschule in Chur schwerpunktmässig aktiv werden soll. Dazu müssen der Ist-Zustand erhoben und die absehbaren Entwicklungen im Umfeld der Hochschulen beurteilt werden, um konkrete Handlungsfelder ableiten zu können. Gestützt darauf kann darüber entschieden werden, ob ein Lehrstuhl an der HTW Chur die geeignete Form zur Erreichung der vorgegebenen Ziele ist. Die Regierung wird solche Abklärungen vornehmen.
2. Gemäss Art. 8 des Bündner Energiegesetzes (BEG) kann die Regierung eine Vorgabe zur Erstellung von Energiekonzepten auf Gemeindeebene erlassen. Der entsprechende Leitfaden ist bereits erarbeitet und wird den Gemeinden bis spätestens Ende 2011 zur Verfügung gestellt. Die kantonale Förderung gemäss BEG beschränkt sich grundsätzlich auf direkte Massnahmen im Bereich der Energieeffizienz. Gestützt auf Art. 26 BEG kann der Kanton zudem Beiträge an Studien gewähren, wenn damit neue Erkenntnisse im Sinne der Zielsetzungen des Gesetzes zu erwarten sind. Somit ist es möglich, für Einzelfälle gezielt Beiträge auszurichten. Für eine flächendeckende finanzielle Förderung von indirekten Massnahmen, wie z.B. die Erstellung von kommunalen Energiekonzepten und Energieleitbildern, fehlt jedoch eine gesetzliche Grundlage. Die Regierung sieht derzeit keinen Bedarf, die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Die Gemeinden sind eigenverantwortlich in der Lage, die für sie angemessenen Planungen und Massnahmen aus dem Leitfaden abzuleiten und zu finanzieren.
3. Das Amt für Energie und Verkehr bietet bereits seit Jahren sogenannte Vorgehensberatungen an. Dieses Angebot wird mit 3'000 bis 4'000 telefonischen Anfragen pro Jahr rege benutzt. Zudem besteht die Möglichkeit einer persönlichen Beratung. Aus Ressourcengründen wurde dieses Angebot bisher nicht speziell forciert. Nachdem die personellen Kapazitäten zwischenzeitlich aufgestockt werden konnten, macht es Sinn, das vorhandende Beratungsangebot stärker zu kommunizieren und zu nutzen. Sobald auch das Beratungstool „Gebäudeenergieausweis der Kantone; GEAK plus“ verfügbar sein wird, kann sich die Regierung überdies vorstellen, eine zeitlich begrenzte Förderaktion, basierend auf Art. 31 BEG, zu starten. Hierzu sind keine zusätzlichen Finanzmittel erforderlich.
4. Das Anliegen, MINERGIE A, MINERGIE P und zertifizierte Passivhäuser finanziell stärker zu fördern, ist auch aus Sicht der Regierung unterstützungswürdig. Auf Anfang 2012 soll deshalb das bestehende Förderprogramm, basierend auf Art. 18 BEG, differenziert angepasst werden.
5. Der Ersatz von bestehenden Elektroheizungen bildet einen Schwerpunkt der kantonalen Energiepolitik. Gestützt auf Art. 20 und Art. 22 BEG werden bereits namhafte Beiträge an den Ersatz solcher Heizungen gewährt. Eine Erhöhung dieser Mittel drängt sich nicht auf. Im Durchschnitt decken die Kantonsbeiträge einen Anteil von rund 20 Prozent der Investitionskosten ab. Ein schnellerer Ersatz von Elektro-heizungen wäre nur mit einer gesetzlichen Sanierungspflicht zu erreichen.
Die Regierung ist bereit, den Auftrag mit den erwähnten Einschränkungen (keine Gesetzesanpassungen, keine zusätzlichen finanziellen Mittel) entgegen zu nehmen.
02. November 2011