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Session: 04.12.2012
Die flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung stützt sich in Graubünden nebst den Spitälern und Gesundheitszentren massgebend auf die Hausärzte ab. Nach allgemein bekannter sich abzeichnender Entwicklung dieser Berufsgruppe ist in absehbarer Zukunft mit einem Hausärztemangel und in der Folge mit einem möglichen Versorgungsengpass zu rechnen.

Gemäss der Beurteilung der Regierung muss davon ausgegangen werden, dass es in den kommenden Jahren zunehmend schwieriger sein wird, frei werdende Arztpraxen wieder zu besetzen und damit die ambulante Versorgung sicherzustellen. Alarmierend kommt in Graubünden hinzu, dass mehr als die Hälfte der Ärzte über 55 Jahre alt ist und entsprechend ein erheblicher Teil dieser Ärzte in den nächsten Jahren ihre Berufstätigkeit beenden dürfte.

In Absprache mit dem Bündner Ärzteverein ist das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit deshalb anfangs Oktober dieses Jahres mit dem Ersuchen an die Gemeinden gelangt, mit den in der Gemeinde ansässigen Hausärzten, dem für die stationäre Versorgung der Spitalregion zuständigen Spital und mit der Region die Situation hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung zu analysieren, und ihm die Einschätzung der Situation wie auch konkrete Vorschläge, wie diese in der Region günstig beeinflusst werden könnte, mitzuteilen.

Die Unterzeichnenden stellen der Regierung folgende Fragen:

1. Wie sieht die Situationsanalyse der Regierung aufgrund der Rückmeldungen aus?

2. Sind regionale Unterschiede festzustellen?

3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Regierung aus ihrer Analyse?

4. Welche Massnahmen gedenkt die Regierung aufgrund der Analysen in die Wege zu leiten?

Chur, 4. Dezember 2012

Gunzinger, Kleis-Kümin, Trepp, Bezzola (Samedan), Blumenthal, Bondolfi, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart (Safien-Platz), Burkhardt, Caduff, Campell, Casty, Clalüna, Claus, Conrad, Darms-Landolt, Dosch, Engler, Fallet, Frigg-Walt, Geisseler, Giacomelli, Grass, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Jenny, Kasper, Kollegger (Chur), Kollegger (Malix), Komminoth-Elmer, Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Meyer-Grass, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Müller (Davos Platz), Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Parolini, Pedrini, Perl, Pfäffli, Rosa, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Thöny, Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Valär, Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Deplazes, Michel (Igis), Monigatti, Müller (Susch), Patt, Rodigari

Antwort der Regierung

Aufgrund des sich abzeichnenden Hausärztemangels dürfte es in Zukunft zunehmend schwieriger sein, frei werdende Arztpraxen wieder zu besetzen und damit die ambulante medizinische Versorgung sicherzustellen. Um die diesbezügliche Situation im Kanton Graubünden zu erfassen und daraus die notwendigen politischen Massnahmen abzuleiten, gelangte das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit in Absprache mit dem Bündner Ärzteverein mit Schreiben vom 4. Oktober 2012 an die Gemeinden. Diese wurden gebeten, mit den in der Gemeinde ansässigen Hausärzten, dem für die stationäre Versorgung der Spitalregion zuständigen Spital und mit der Region die Situation hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung zu analysieren und dem Departement die Einschätzung der Situation wie auch konkrete Vorschläge, wie diese in der Region günstig beeinflusst werden könnte, mitzuteilen.

Der Rücklauf auf die Umfrage war sehr bescheiden: Insgesamt meldeten sich 30 Gemeinden, wobei zwei davon auf eine Stellungnahme verzichteten. Zudem gingen sieben weitere Stellungnahmen von Gemeindeärzten, Spitälern, Kreisen bzw. Regionen ein. Die Auswertung zeigt, dass rund 40 Prozent der Stellungnahmen die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung in kurz- bis mittelfristiger Zukunft als gefährdet ansehen. 51 Prozent der Stellungnahmen verneinen eine solche Problematik. Acht Prozent der Eingaben nahmen zur Frage keine Stellung.

Begründet werden die Probleme bei der Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung vor allem durch die hohe Arbeitsbelastung der Hausärzte (auch infolge des Notfalldienstes), die sich bei einer Unterversorgung entsprechend noch zuspitzt. Weitere Gründe beziehen sich auf die wirtschaftliche Situation von Hausärzten (schlechtere Verdienstmöglichkeiten, hohe Anfangsinvestitionen bei Praxisübernahmen, tiefe Taxpunktwerte in Graubünden). Als mögliche Lösungen werden insbesondere die finanzielle und organisatorische Unterstützung bei der Übernahme einer Hausarztpraxis, die finanzielle Entschädigung des Notfalldienstes, die Verstärkung der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Anbietern im Gesundheitswesen, die Einführung der Selbstdispensation für alle Hausärzte sowie die Lockerung des Numerus clausus für Medizinstudenten genannt. Das zuständige Departement wird das Ergebnis der Umfrage in seine strategischen Überlegungen zur zukünftigen Gesundheitsversorgung in Graubünden einfliessen lassen.

Die Regierung beantwortet die Fragen wie folgt:

1. Aktuell ist die ambulante medizinische Versorgung im Kanton sichergestellt. Darauf deutet auch die geringe Teilnahme an der Umfrage hin. In Zukunft dürften jedoch in peripheren Regionen vermehrt Hausarztpraxen infolge Pensionierung und mangels eines Nachfolgers geschlossen werden müssen. Probleme bereitet auch die Sicherstellung des Notfalldienstes vor allem in Tourismusregionen.

2. Ja. Während Gemeinden in zentrumsnahen und bevölkerungsreichen Regionen die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung auch in Zukunft als nicht gefährdet ansehen, besteht die Problematik vor allem in den Randregionen.

3. Allfällige Massnahmen müssen gezielt auf die Situation in den betroffenen Randregionen zugeschnitten werden. Die positiven Rückmeldungen aus Regionen, die bereits über eine integrierte Gesundheitsversorgung verfügen, lässt eine entsprechende Lösung auch für andere Regionen als sinnvoll erscheinen.

4. Die Regierung hält die von ihr bereits in die Wege geleiteten Massnahmen (Vereinbarung mit dem Bündner Ärzteverein zur Sicherstellung des ärztlichen Notfalldienstes, Abgeltung des Notfalldienstes für Ärzte mit überdurchschnittlicher Notfalldienstbelastung, finanzielle Unterstützung von Ausbildungsgängen für mehr Allgemeinpraktiker, etc.) für geeignet, die ambulante medizinische Versorgung im Kanton zu unterstützen, und ist entsprechend gewillt diese weiterzuführen.
Darüber hinaus erwartet die Regierung, dass die Gemeinden und Regionen die Problematik der regionalen ambulanten ärztlichen Versorgung aktiv angehen. Deshalb sind auch Lösungen ausserhalb des bisherigen Rahmens ins Auge zu fassen, so z.B. im Rahmen von regionalen Gesundheitszentren, wie dies beispielsweise im Unterengadin der Fall ist. In diesem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass es gemäss Art. 87 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Graubünden Aufgabe sowohl des Kantons wie auch der Gemeinden ist, für eine zweckmässige, wirtschaftliche und ausreichende medizinische Versorgung und Pflege zu sorgen, wobei gemäss Art. 12 Abs. 1 des Gesetzes über das Gesundheitswesen die örtliche öffentliche Gesundheitspflege und damit die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung der Bevölkerung den Gemeinden obliegt.

23. Januar 2013