Um Masernepidemien zu verhindern ist epidemiologisch eine Durchimpfungsrate von ca. 95% der Kinder erforderlich. In Nordeuropa, Südamerika und den USA ist dies bereits seit Jahren der Fall. In Graubünden liegt die Durchimpfungsrate bei lediglich 74%, wir sind schweizweit an drittletzter Stelle!
Masern ist weltweit verantwortlich für ½ Mio. Todesfälle bei Kindern, das heisst für die Hälfte aller vermeidbaren Todesfälle bei Kindern. Alles andere als eine harmlose Kinderkrankheit wie uns Impfgegner weismachen möchten.
Schweizerinnen und Schweizer sind reiselustig und haben immer wieder Masern-Epidemien im Ausland verursacht (SO 9.11.2012).
Universitäten in Australien und den USA verlangen schon seit Jahren einen Masernimpfnachweis und auch die WHO überlegt sich während Epidemien Einreisebeschränkungen zu empfehlen. Die Maserndurchimpfungsrate ist weitgehend vom Bewusstsein über die Gefährlichkeit der Erkrankung und der Information über allfällige Nebenwirkungen der Impfung abhängig, also unter anderem auch eine Angelegenheit von Public Health. Das BAG meldet folgende Zahlen:
- Hirnentzündungen bei Masernerkrankung: 200-2000 pro 1Mio.,
bei Impfung: 0,6 -1,6 pro 1 Mio.
- Hospitalisationen: 10 000-25 000 pro 1 Mio. Erkrankungen,
bei Impfung: 20-50 pro 1 Mio.
- Todesfälle bei Erkrankung: 300-1000 pro 1 Mio.,
Todesfälle nach Impfung: unter 0,001 pro 1 Mio.
Es gibt selten eine Massnahme im Gesundheitswesen mit einem besseren Kosten-Nutzen Verhältnis.
Wir sind nicht nur als Reisende ins Ausland, sondern auch als Gastgeber für Menschen aus aller Welt ein nicht unerhebliches Ansteckungsrisiko.
In diesem Zusammenhang stellen sich für die Unterzeichnenden einige Fragen:
1. Wie beurteilt die Regierung die tiefe Durchimpfungsrate bezüglich Masernimpfung?
2. Was sind nach Meinung der Regierung die Hauptgründe der schlechten Durchimpfungsrate?
3. Was gedenkt die Regierung bis 2022 zu tun, um Graubünden bezüglich Maserndurchimpfung olympiatauglich zu machen, d.h. eine Durchimpfungsrate aller Kinder von 95% zu erreichen, damit in Graubünden während einer allfälligen Durchführung der Olympiade, keine Masernepidemie ausbrechen kann?
Chur, 6. Dezember 2012
Trepp, Augustin, Baselgia-Brunner, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Kleis-Kümin, Locher Benguerel, Müller (Davos Platz), Peyer, Thöny, Tomaschett-Berther (Trun), Deplazes, Michel (Igis), Monigatti
Antwort der Regierung
Masern treten in der Schweiz wie in einigen andern Ländern West- und Mitteleuropas immer wieder auf. Zwischen 2007 und 2012 wurden in unserem Land 5'182 Fälle registriert. In Graubünden wurden im gleichen Zeitraum 212 Fälle gemeldet.
In den gesamtschweizerisch regelmässig durchgeführten Erhebungen über den Durchimpfungsgrad erreichte Graubünden bei der letzten Untersuchung 2010 leicht unterdurchschnittliche Werte. Allerdings ist die Durchimpfungsrate bei allen untersuchten Bevölkerungsgruppen seit 2002 deutlich angestiegen. Graubünden folgte somit recht genau dem gesamtschweizerischen Trend.
Damit Masern in der Bevölkerung dauerhaft zum Verschwinden gebracht werden können, ist eine Immunität von über 95% der Bevölkerung – sei es durch Impfung oder durchgemachte Krankheit – notwendig.
Im Herbst 2012 hat der Bundesrat die „Nationale Strategie zur Masernelimination 2011-2015“ beschlossen und auf der Homepage des Bundesamts für Gesundheit BAG veröffentlicht. Die wichtigsten Massnahmen sind:
• Steigerung der Durchimpfungsrate mittels geeigneter Information, Erleichterung der Zugänglichkeit der Impfung mit verschiedenen Anreizen
• National einheitliche Ausbruchsbekämpfung
• Verbesserung der Überwachung des Krankheitsgeschehens
Mit diesen sowie weiteren Massnahmen soll erreicht werden, dass die Schweiz Ende 2015 masernfrei sein wird.
Die Regierung beantwortet die gestellten Fragen wie folgt:
1. Die Durchimpfungsrate aller untersuchten Bevölkerungsgruppen in Graubünden ist im schweizerischen Vergleich leicht unterdurchschnittlich, liegt aber im Rahmen der meisten übrigen ländlichen Kantone der Ostschweiz. Seit Beginn der Messungen hat sie sich in allen Gruppen deutlich verbessert.
2. Die Gründe für die leicht unterdurchschnittliche Durchimpfungsrate sind im Einzelnen nicht bekannt. Ein möglicher Grund könnte darin liegen, dass die Masernimpfung erst nach dem ersten Lebensjahr empfohlen wird. Ab dem zweiten Lebensjahr ist der Arzt-/Eltern-Kontakt weniger intensiv, weil der Abstand zwischen den üblichen Routinekontrollen deutlich grösser ist. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Masernimpfung vergessen geht.
3. Die Regierung beabsichtigt, sich dem Maserneliminationsprogramm des Bundes anzuschliessen. Der Beginn der Umsetzung des Programms ist vom BAG für den Lauf des Jahres 2013 mit Schwerpunkt der Aktivitäten in den Jahren 2014 und 2015 geplant. Die Regierung unterstützt das Ziel, die Masern bis Ende 2015 in der Schweiz dauerhaft zum Verschwinden zu bringen. Eine Masernepidemie sollte so während allenfalls 2022 in Graubünden stattfindenden Olympischen Winterspielen sehr unwahrscheinlich sein.
24. Januar 2013