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Session: 04.12.2013
Gestützt auf das Einführungsgesetz zum Schweiz. Zivilgesetzbuch wurde das Vormundschaftswesen auch im Kanton GR neu organisiert. Am 1. Januar 2013 haben die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) sowie die Berufsbeistandschaften (BB) ihre Tätigkeiten aufgenommen. Dass es bei der Umsetzung einer neuen Organisation mit veränderten Strukturen und Zuständigkeiten zu Schwierigkeiten kommen kann, ist verständlich. Umso mehr, wenn die Zuständigkeit an eine Organisation übertragen wird, deren Strukturen und Aufgaben noch nicht geregelt sind. So ist das Betreiben der BB eine regionale Aufgabe, obwohl die zukünftigen Aufgaben und Funktionen der Regionen noch nicht bestimmt sind. Trotzdem wurde die Führung der BB teilweise bereits an die Regionen übertragen.

Finanziert werden die BB über Beiträge der Gemeinden an die für die Führung zuständige Region. Es gibt keine einheitliche Regelung darüber, ob die Gemeinden eine reine Defizitfinanzierung leisten oder ob die Kosten nach Klientenaufwand an die Gemeinden belastet werden. Für private Mandatsträger gilt zudem eine andere Regelung.

Inzwischen sind die neuen Behörden seit bald einem Jahr tätig. Es zeichnet sich ab, dass einerseits die Kosten tendenziell zunehmen und anderseits die Gemeinden, welche als Regionsträger für die Finanzierung der BB verantwortlich zeichnen, keinerlei Einfluss auf die Kostenentwicklung haben. Die Abrechnungen der BB werden seitens KESB im 2-Jahres-Rhythmus überprüft und genehmigt. Folge daraus ist, es dauert bis zu 2½ Jahre bis zur definitiven Rechnungsstellung an die Gemeinden. Das bedeutet, die Gemeinden müssen Vorschüsse leisten. Wenn sie endlich eine Rechnung erhalten, können sie diese ihrerseits praktisch nicht mehr überprüfen. Dasselbe gilt im Übrigen für die Klienten. Ebenfalls ist eine Abrechnung im Lastenausgleich ohne Fallkosten unmöglich. Hier gibt es Handlungsbedarf.

Handlungsbedarf besteht aber auch im Falle von Kindsschutzmassnahmen. Hier müssen die Wohnsitzgemeinden die Kosten übernehmen. Die Gemeinden sind selbst dafür verantwortlich, die Elternbeiträge für die Massnahmen einzuverlangen. Die Kooperation seitens der Eltern ist in solchen Fällen minim und das Konfliktpotenzial entsprechend gross.

Mit der Teilrevision des Einführungsgesetzes zum Schweiz. Zivilgesetzbuch wurde Bundesrecht auf die Kantone übertragen. In Graubünden wurde die Zuständigkeit in KESB, dem Kanton unterstellte Behörde, und BB, den Regionen unterstellte Behörde, aufgeteilt. Nach Art. 43a der Bundesverfassung soll die Finanzierungsverantwortung bei derjenigen Ebene liegen, die über diese Aufgabe entscheidet und daher auch die Kosten verursacht. Die BB handeln im Auftrag der KESB. Somit liegt die Finanzierungspflicht nicht bei den Regionen, resp. den Gemeinden, sondern beim Kanton. Die Erfahrungen des ersten Jahres zeigen auch deutlich, dass die jetzige Regelung der Verantwortlichkeiten längerfristig für die Gemeinden nicht haltbar ist.

Die Regierung wird beauftragt, eine für die Gemeinden tragbare Lösung auszuarbeiten. Die Zuständigkeiten für die Berufsbeistandschaften sowie das Abrechnungswesen sollen per 1.1.2015 überprüft, resp. überarbeitet und allenfalls neu geregelt werden.

Chur, 4. Dezember 2013

Kleis-Kümin, Burkhardt, Albertin, Augustin, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Caduff, Caluori, Casanova-Maron, Casty, Casutt Renatus, Cavegn, Darms-Landolt, Dermont, Dosch, Fallet, Florin-Caluori, Foffa, Geisseler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Joos, Koch (Tamins), Kollegger (Malix), Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Meyer-Grass, Michael (Donat), Nick, Niederer, Nigg, Noi-Togni, Papa, Parolini, Pfäffli, Sax, Tenchio, Tomaschett-Berther (Trun), Trepp, Troncana-Sauer, Wieland, Degonda, Hauser, Patt

Antwort der Regierung

I. Einleitung
Am 1. Januar 2013 löste das neue eidgenössische Kindes- und Erwachsenschutzrecht das bisherige Vormundschaftsrecht ab, was neue Strukturen und Verfahrensabläufe nach sich zog. Der vorliegende Auftrag wirft wichtige Fragen auf, welche sich in der praktischen Umsetzung ergeben haben. Die Regierung ist sich der Problematik bewusst und bereit, zur Klärung beizutragen. Betreffend Kostentragung präsentiert sich die Rechtslage kurz zusammengefasst wie folgt: Kosten für (externe) Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen (Fremdplatzierungen, sozialpädagogische Familienbegleitungen, etc.) sind grundsätzlich von der betroffenen Person bzw. den Inhabern der elterlichen Sorge zu tragen, soweit nicht Dritte (Krankenkassen, Versicherungen, etc.) zahlungspflichtig sind. Subsidiär muss die Gemeinde am zuständigen Unterstützungswohnsitz diese Kosten tragen. Dies gilt auch für die Entschädigungen der Berufsbeistandschaften (BB) für die Mandatsführung im konkreten Einzelfall. Die Wohnsitzgemeinde hat bei der Anordnung von Massnahmen keine Parteistellung, verfügt jedoch über ein Anhörungsrecht, wenn wesentliche Interessen, insbesondere finanzieller Art, tangiert sind.

Kosten für (externe) Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen, die die Gemeinde als Sozialhilfe übernehmen muss, unterliegen wie bisher dem Lastenausgleich für bestimmte Sozialleistungen. Die Kosten für diese (externen) Massnahmen machen in der Gesamtbetrachtung den kostenintensiveren Anteil aus. Soweit die Gemeinde subsidiär für diese Kosten aufkommt, findet die Abrechnung zwischen der Institution und der Gemeinde in der Regel monatlich statt.

Dem Lastenausgleich für bestimmte Sozialleistungen nicht zugänglich sind jedoch die Entschädigungen der BB für die Mandatsführung. Die Gemeinden wurden mit Schreiben des kantonalen Sozialamts vom 4. März 2014 über die aktuelle Regelung der Kostentragung informiert. 

II. Überprüfung der Zuständigkeiten für die Berufsbeistandschaften (BB)
Der Grosse Rat hat sich bei der Beratung der Teilrevision des EGzZGB (Umsetzung neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht) eingehend mit der Frage der Zuständigkeit auseinandergesetzt und ist dem Vorschlag der Regierung mit deutlichem Mehr gefolgt (GRP Nr. 3 2011/2012, S. 562 ff.). Die gewählte Zuständigkeit für die KESB beim Kanton einerseits und die BB bei den Regionen andererseits ist langfristig ausgerichtet und erscheint zweckmässig. Sie steht im Einklang mit der Bundesverfassung sowie der kantonalen Gebietsreform und der Finanzausgleichs-Reform. Mit der gewählten Aufgabenteilung werden die Gemeinden gegenüber bisher wesentlich entlastet. Die geltende Regelung erscheint für die Gemeinden sowohl aus finanzieller als auch aus Vollzugssicht als gut tragbar. Eine Zunahme bei den Massnahmekosten ist im jetzigen Zeitpunkt nicht feststellbar. Die Regierung sieht deshalb keine Veranlassung, die geltende Zuständigkeitsregelung zu ändern. Der Grundsatz der fiskalischen Äquivalenz lässt sich bei Aufgaben, die von mehreren staatlichen Ebenen erfüllt werden, nur beschränkt realisieren. 

III. Überarbeitung des Abrechnungswesens der Berufsbeistandschaften (BB)
Die Kosten für den Betrieb der BB sind von der Trägerschaft (Kreis, Regionalverband bzw. künftig Region) zu tragen. Ein Defizit der Trägerschaft ist nach wie vor von den Gemeinden zu übernehmen.

Für die Entschädigungen der Mandatsträger haben die BB gemäss den bundesrechtlichen Vorgaben mindestens alle zwei Jahre (ab Errichtung der Massnahme) gegenüber den KESB Rechenschaft abzulegen. Sollte die zurzeit im Kanton für die BB angewendete zweijährige Abrechnungsdauer verkürzt werden, würden mehr Personalressourcen beansprucht, was zu höheren Kosten führen würde. Die zweijährige Rechenschaftsperiode ist in der Schweiz Standard und wurde im Kanton Graubünden auch vor dem Wechsel vielerorts so gehandhabt. Da in jedem Jahr für rund die Hälfte der geführten Mandate von der KESB die Entschädigung festgesetzt wird, können die BB mit regelmässigen, jährlichen Zahlungseingängen rechnen.

Der Modus für die Abrechnung der Mandatsführungskosten der BB ist derzeit in der Tat sehr aufwändig. Dieser soll deshalb geprüft und soweit möglich für die Gemeinden vereinfacht werden. Betreffend das Abrechnungsverfahren ist die Regierung daher bereit, den Auftrag anzunehmen. Im Übrigen wird der Auftrag abgelehnt.

12. März 2014