Die technologische Entwicklung macht auch bei den Steuerveranlagungen nicht halt, so sind für die nächsten Jahre das „Scanning“ und die „elektronische Archivierung“ sowie die „Fallautomatisierung“ in Vorbereitung.
Bei der Fallautomatisierung handelt es sich um eine logische Entwicklung im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung. Die Einführung der automatisierten Veranlagung wird Auswirkungen auf die Mitarbeit der Gemeinden haben. So wird einerseits die Anzahl der zu veranlagenden Fälle abnehmen, was Auswirkungen auf das Arbeitsvolumen und somit auf die Stellenprozente haben wird. Andererseits wird auch die Entschädigung an die Gemeinden neu geregelt werden, was voraussichtlich zu massiven Einbussen für die Gemeinden führen wird.
Anders verhält es sich beim Scanning und der elektronischen Archivierung. Hier geht es um die Eingangskontrolle und das Scanning aller Papierdokumente einer Steuererklärung. Das Konzept für die Einführung ab dem Jahre 2016 steht in Vorbereitung und sieht vor, dass eben dieses Scanning zentral in Chur erfolgen soll. Damit verbunden sollen in Zukunft auch die Eingangskontrollen zentral in Chur erfolgen, so dass den Gemeinden auch in diesem Bereich Arbeitsvolumen und Entschädigungen entfallen.
Dieses Konzept entspricht in keiner Weise der Strategie von Bund und Kanton, die regionalen Zentren zu stärken (Raumkonzept GR). Es ist zwingend, Arbeitsplätze in den Regionen zu erhalten. Die heutigen Leistungen der Gemeinden bei der Steuerveranlagung haben sich bewährt und es besteht absolut kein Grund, diese Aufgaben zu zentralisieren. Mit den technischen Möglichkeiten spielt der Ort der Eingangskontrollen und des Scannings keine Rolle und eine dezentrale Lösung hat auch keine Mehrkosten zur Folge.
Die Unterzeichnenden fordern deshalb die Regierung auf, folgende Massnahmen einzuleiten:
- Das Konzept für das Scanning und die elektronische Archivierung ist dahingehend zu ändern, dass diese Arbeiten nicht zentral in Chur, sondern dezentral in den regionalen Zentren konzentriert werden.
- Die Eingangskontrollen der Steuererklärungen sollen auch künftig in den Gemeinden und nicht zentral in Chur erfolgen.
Chur, 9. Dezember 2014
Casanova (Ilanz), Jaag, Müller, Albertin, Alig, Atanes, Baselgia-Brunner, Bleiker, Blumenthal, Bondolfi, Bucher-Brini, Caduff, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Caluori, Casanova-Maron (Domat/Ems), Casutt-Derungs, Cavegn, Crameri, Danuser, Darms-Landolt, Della Vedova, Deplazes, Dosch, Fasani, Felix (Scuol), Foffa, Gartmann-Albin, Heinz, Joos, Kunfermann, Lamprecht, Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Michael (Castasegna), Monigatti, Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Paterlini, Peyer, Pfenninger, Pult, Sax, Tenchio, Thomann-Frank, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Toutsch, Weber, Cahenzli (Trin Mulin), Tuor
Antwort der Regierung
Mit dem Wechsel zur Gegenwartsbemessung im Steuerjahr 2001 wurden Mitarbeit bei der Veranlagung und Entschädigung der Gemeinden neu geregelt. Die Gesamtentschädigung ist von 6,1 Mio. Franken im Jahre 2002 auf 8 Mio. Franken im Jahr 2014 angestiegen und beträgt im Budget 2015 8,3 Mio. Franken. Das ist eine Kostensteigerung von mehr als 35 Prozent, die hinterfragt werden muss. Die Korrektur soll nicht dadurch erfolgen, dass die Entschädigung für die Veranlagung unbeschränkt steuerpflichtiger Personen reduziert wird oder dass die Tätigkeiten und die (EDV-)Kosten der kantonalen Steuerverwaltung den Gemeinden in Rechnung gestellt werden. Die Kostenreduktion soll durch automatisierte Prozesse und dadurch wegfallende personelle Aufwendungen erreicht werden. Mit den hier zur Diskussion gestellten Scanning und elektronischen Archivierung entfallen verschiedene Aufgaben in der Eingangskontrolle sowie die Archivierung der Steuerakten durch die Gemeinden.
Heute werden rund 75 Prozent der Steuererklärungen für die Einkommens- und Vermögenssteuer in elektronischer Form eingereicht oder mittels 2-D-Barcode elektronisch erfasst. Diese Steuererklärungen können in die Veranlagungsanwendung eingelesen und elektronisch weiterverarbeitet werden. Mit der im Herbst 2014 erfolgten Anbindung an das elektronische Archiv des Amtes für Informatik wurde dieser Prozess weiterentwickelt. In einem nächsten Schritt sollen die in Papier eingehenden Steuererklärungen sowie sämtliche Beilagen ebenfalls elektronisch erfasst, d.h. gescannt und die heutige Ablage in Papier etappenweise durch die elektronische Archivierung ersetzt werden. Das Scanning soll im Jahr 2016 eingeführt werden, weil die Veranlagungslösung auf die Steuerperiode 2018 ersetzt wird und sich die Investition nur rechtfertigt, wenn diese noch mehrere Jahre genutzt werden kann.
Für das Scanning und die Archivierung derart grosser Datenmengen sind sehr leistungsfähige und teure Infrastrukturen erforderlich, die optimal ausgelastet und von geübten Anwendern bedient werden müssen. Durch die grosse Abhängigkeit der gesamten Veranlagungstätigkeit von der Verfügbarkeit dieser Systeme sind die Anforderungen betreffend Ausfallsicherheit und Supportorganisation sehr hoch. Hinzu kommt, dass das Scanning und die Archivierung nicht nur die Einkommens- und Vermögenssteuern betreffen, sondern auch die anderen Steuerarten wie die Gewinn- und Kapitalsteuern der juristischen Personen, die Grundstückgewinnsteuer, die Nachlasssteuer, die Quellensteuer etc. bei deren Erhebung die Gemeinden keine Funktion haben. Letztlich ist zu beachten, dass das Scanning-Volumen in den kommenden Jahren rasch abnehmen wird, weil mehr Steuererklärungen und zusätzlich auch die Beilagen (Kontoauszüge, Lohnausweise etc.) in elektronischer Form eingereicht werden.
Die im Auftrag geforderte dezentrale elektronische Archivierung kann nur so verstanden werden, dass das zentrale Archiv dezentral gespiesen werden soll. Eine dezentrale Datenhaltung kann unter keinen Aspekten als sinnvoll, praktikabel oder finanzierbar beurteilt werden. Damit reduziert sich der Auftrag auf die Fragen des Scannings und der Eingangskontrolle.
Das Scanning wurde von der Steuerverwaltung vertieft analysiert und mit dem DFG besprochen. Dabei wurden auch dezentrale Lösungen geprüft und aus den nachfolgenden Gründen verworfen:
- die Scanning-Infrastruktur wird nicht nur für die Einkommens- und Vermögenssteuer, sondern auch für andere Steuerarten benötigt, bei denen die Gemeinden keine operative Funktion haben, weshalb diese in erster Linie bei der kantonalen Steuerverwaltung in Chur benötigt wird;
- die Gesamtkosten für die Beschaffung der Scanning-Infrastruktur erhöhen sich mit jedem zusätzlichen Betriebsstandort, weil etwas weniger leistungsfähige Scanner nicht wesentlich billiger sind;
- einer zu erwartenden Abnahme des Scanning-Volumens kann beim zentralen Betrieb an einem Standort durch personelle und organisatorische Massnahmen kostenmässig wesentlich besser Rechnung getragen werden, als bei der dezentralen Organisation; dies vor allem dann, wenn die Scanner-Infrastruktur in bis zu 10 regionalen Zentren installiert werden sollte (gem. Raumkonzept GR sind es neun Zentren plus vermutlich Davos);
- bei mehreren Betriebsstandorten muss eine entsprechende Anzahl an Betriebsorganisationen aufgebaut und unterhalten werden und die Netzwerkverbindungen zu allen Standorten muss in der erforderlichen Bandbreite zur Verfügung stehen, was die wiederkehrenden Kosten erhöht;
- effiziente Arbeitsabläufe sind nur bei einer zentralen Verarbeitung möglich; die Einreichung der Steuererklärung bei den Gemeinden mit anschliessendem Transport in regionale Zentren würden ökologisch fragwürdige sowie logistisch, organisatorisch und technisch umständliche Lösungen erfordern; der Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region kann aber nicht zum Preis einer ineffizienten und teuren Verwaltung gekauft werden;
- mit den elektronischen Steuerakten entfallen verschiedene Aufgaben im Bereich der Eingangskontrolle; andere Arbeiten werden im Zuge des Scannings oder später zusammen mit den Veranlagungshandlungen erledigt; eine separate Eingangskontrolle ist damit nicht mehr erforderlich, wodurch aber in sehr vielen Gemeinden nur sehr geringe Arbeitsvolumen entfallen;
- das Volumen der im Scanning zu verarbeitenden Dokumente ist starken periodischen Schwankungen unterworfen, die bei einer zentralen Lösung mit mehreren Steuerarten wesentlich besser ausgeglichen werden können;
- die Gemeinden müssten für die regionalen Zentren die Scanning-Infrastrukturen beschaffen und finanzieren, die Betriebsorganisationen aufbauen und das Risiko tragen, wenn das zu verarbeitende Volumen stark abnimmt und ihre Kosten mit der durch den Kanton geleisteten Fallkostenentschädigung nicht mehr gedeckt werden können;
- dezentrale Scanning-Infrastrukturen in bis zu 10 regionalen Zentren könnten aus Umsetzungs- und Budgetgründen nicht auf den Beginn des Jahres 2016 in Betrieb genommen werden, weshalb die entsprechenden Funktionalitätserweiterungen kaum mehr in der bestehenden Veranlagungslösung realisiert werden könnten und erst nach 2018 zur Verfügung stehen würden.
Gestützt auf diese Überlegungen lehnt die Regierung den Auftrag Casanova ab. Eine dezentrale Lösung ist teurer, wesentlich weniger effizient, weniger ökologisch und mit Blick auf die zukünftigen Entwicklungen weniger flexibel. Sie würde zudem nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen und die Weiterentwicklung der Prozesse in der Steuerverwaltung behindern.
20. Januar 2015