In der soeben abgelaufenen Februarsession hat der Grosse Rat die kantonale „Volksinitiative zur Abschaffung der Sonderjagd“ (Sonderjagdinitiative) als unvereinbar mit der eidgenössischen Jagd- und Waldgesetzgebung und deshalb als ungültig erklärt. Der vorliegende Auftrag strebt eine Änderung der Jagdzeiten an, die einerseits die Erreichung der vom Gesetz vorgeschriebenen Ziele der Hochjagd weiterhin ermöglicht und gleichzeitig die Vorbehalte der Initianten gegen die Sonderjagd entschärft.
Zuerst wiederholen die Unterzeichnenden, dass die Bündner Hochjagd ein Erfolgsmodell ist, das national und international anerkannt wird: es erlaubt uns, Wildbestände auf einem hohen, für Wald und Landwirtschaft aber tragbarem Niveau zu erhalten und zu kontrollieren; eines der Steuerungsinstrumente ist die Sonderjagd, welche nach den Herbstwanderungen (also richtigerweise in den Wintereinständen) örtlich gezielt eine Feinregulierung der Bestände sowie der Alters- und Geschlechtsstruktur der Rot- und Rehwildpopulation erlaubt.
Das vom BVFD in Auftrag gegebene wildtierbiologische Gutachten zur Sonderjagdinitiative im Kanton Graubünden von Prof. Klaus Robin vom 26.2.2014 legt überzeugend dar, dass die von den Gesetzen vorgeschriebenen Ziele (angemessene, gesunde Wildbestände und tragbare Schäden an Wald und Landwirtschaft) ohne Sonderjagd nicht erreicht werden können. Die Unterzeichnenden sehen keinen Grund, an diesem Befund zu zweifeln. Sie nehmen aber die Kritik der Initianten und eines Teils der Jägerschaft am heutigen System ernst und schlagen hiermit eine Änderung des Kantonalen Jagdgesetzes (KJG) vor, die durch eine Verlängerung der Hochjagd den Umfang der noch nötigen Sonderjagd reduziert. Sie erhoffen sich so eine Beruhigung der seit Jahren sehr emotional geführten Diskussion um die Sonderjagd.
Die Regierung wird von den Unterzeichnenden beauftragt, das KJG wie folgt anzupassen:
Art. 11 Abs. 2 lit. a) neu
Hochjagd: Im Monat September, insgesamt höchstens 21 Tage mit der Möglichkeit eines Jagdunterbruchs für die Dauer von mindestens drei aufeinander folgenden Tagen. Im Monat Oktober kann die Jagd auf den Rothirsch während höchstens vier Tagen zwischen dem 15. und 30. Oktober wiedereröffnet werden.
Chur, 10. Februar 2015
Kasper, Salis, Danuser, Aebli, Alig, Atanes, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Caluori, Casty, Casutt-Derungs, Caviezel (Davos Clavadel), Claus, Clavadetscher, Crameri, Deplazes, Dosch, Dudli, Engler, Felix (Haldenstein), Felix (Scuol), Foffa, Giacomelli, Gunzinger, Hardegger, Hartmann, Heiz, Holzinger-Loretz, Hug, Jeker, Jenny, Kappeler, Kollegger, Komminoth-Elmer, Kunz (Chur), Mani-Heldstab, Marti, Michael (Donat), Monigatti, Müller, Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Paterlini, Pedrini, Pfäffli, Sax, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Toutsch, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), von Ballmoos, Waidacher, Weber, Weidmann, Widmer-Spreiter, Wieland, Andri, Calonder, Derungs, Lauber, Stäbler
Antwort der Regierung
Die Hochjagd im September dauert derzeit insgesamt 21 Tage mit der Möglichkeit eines Jagdunterbruchs für die Dauer von mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen. Diese Regelung soll weiterhin beibehalten werden. Neu soll aber die Jagd auf den Rothirsch während höchstens vier Tagen zwischen dem 15. und 30. Oktober wiedereröffnet werden können.
Die Regierung ist bereit, den Auftrag mit Einschränkungen entgegenzunehmen. Die Einschränkungen betreffen zum einen den möglichen Zeitpunkt der Revision des Jagdgesetzes und zum andern einzelne rechtliche und praxisrelevante Rahmenbedingungen, die im Zusammenhang mit der Revisionsvorlage noch vertieft abzuklären und schliesslich angemessen zu beachten sind.
1. Der Grosse Rat hat in der Februar-Session 2015 die Sonderjagdinitiative für ungültig erklärt. Laut dieser Initiative soll die Sonderjagd abgeschafft werden. Im Gegenzug soll die Hochjagd in den Monaten September und Oktober an insgesamt 25 Tagen mit Jagdunterbrüchen stattfinden. Gegen den Beschluss des Grossen Rates über die Ungültigkeit der Sonderjagdinitiative wurde Beschwerde erhoben. Das Verfahren ist beim Verwaltungsgericht noch hängig.
Am 26. August 2014 wurde die Volksinitiative "Für eine naturverträgliche und ethische Jagd" eingereicht. Diese Initiative will unter anderem sämtliche Jagden auf die Monate September und Oktober beschränken. Mit dieser Vorlage wird sich der Grosse Rat voraussichtlich in der Februar-Session 2016 befassen.
Aufgrund dieser Sachlage ist der Ausgang des Rechtsstreits über die Sonderjagdinitiative abzuwarten, bevor die Revision des Jagdgesetzes konkret anhand genommen werden kann. Gleiches gilt für die Volksinitiative "Für eine naturverträgliche und ethische Jagd", sofern einzelne Initiativbegehren - was nicht auszuschliessen ist - ungültig sein sollten und dieser Beschluss des Grossen Rates ebenfalls angefochten werden sollte. In diesem Fall wird die für Juni 2016 vorgesehene Abstimmung über diese Initiative ausserdem nicht stattfinden können. Der geeignete Zeitpunkt für eine Revision des Jagdgesetzes ist somit erst nach dem Abschluss der Verfahren betreffend der Gültigkeits- bzw. Ungültigkeitserklärung der beiden Jagdinitiativen gegeben. Beide Initiativen können nämlich dazu führen, dass die Jagdzeiten generell angepasst werden müssen.
2. Eine Hochjagd in der zweiten Oktoberhälfte kann dazu führen, dass zuwandernde Hirsche wieder in ihre Sommereinstände zurückgedrängt werden und dann auf der Sonderjagd nicht zugreifbar sind. Diese Problematik besteht vor allem im Einzugsgebiet des Nationalparks und im Rätikon. Daher muss eine Regionalisierung dieser Jagd im Oktober ins Auge gefasst werden und damit wird zusammenhängend auch zu klären sein, wie die Gebühren für das Hochjagdpatent unter dem Blickwinkel der Rechtsgleichheit auszugestalten sind. Festzuhalten bleibt diesbezüglich, dass der Ertrag des Jagdregals auch künftig von Verfassung wegen mindestens die Aufwendungen des Jagdwesens decken muss.
Neben der Hirschjagd soll im Oktober auch das Rehwild bejagt werden. Im Monat Oktober finden zudem die Steinwild- und Niederjagd statt. Ob gleichzeitig eine Hochjagd, eine Steinwildjagd und eine Niederjagd durchgeführt werden können, ist noch vertieft zu prüfen. Gegenstand dieser Prüfung bildet hauptsächlich ein allfälliger Unterbruch der Steinwild- und Niederjagd während der Hochjagd im Oktober.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Regierung – wie eingangs erwähnt – bereit ist, den Auftrag mit den vorstehenden Einschränkungen entgegenzunehmen.
30. April 2015