Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes NFP 61 werden Fragen nach einer nachhaltigen Wassergouvernanz gestellt und Grundlagen für eine Zukunftsstrategie zur Sicherung der Ressource Wasser und der Wasserwirtschaft in der Schweiz erarbeitet.
Im Bericht wird festgestellt, dass die Frage der Wasserversorgung stark fragmentiert sei. Das führe zu zahlreichen Schnittstellen, Interessenskonflikten und zu einem hohen Abstimmungsbedarf mit damit verbundenen hohen Kosten. Zusätzlich spielten auch spezielle rechtliche Prinzipien eine Rolle. Neben der öffentlichen Schutz- und Nutzungspolitik, die in der Bundesverfassung und in gesetzlichen Grundlagen verankert sei, regelten auch private Wasserrechte den Umgang mit der Ressource Wasser.
Die hohe Beständigkeit der verliehenen Nutzungsrechte erhöhe zwar die Rechtssicherheit für Investoren bzw. die privaten Wassernutzer, erschwere aber die Anpassung an veränderte Situationen. Vor Ort funktioniere das Zusammenspiel des komplexen Systems von Wasserrechten meistens gut. Aufgrund verschiedener, teilweise widersprüchlicher Interessen sei ein gemeinsames Vorgehen in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung jedoch schwierig.
Es wird im Bericht weiter festgestellt, dass die Koordination bei und die Lösung von Konflikten entlang eines Fliessgewässers oder zwischen Ober- und Unterlieger von immer zentralerer Bedeutung werde. Auch andere Spannungsfelder akzentuierten sich, wie z.B. zwischen Trinkwasserproduktion und Landwirtschaft oder Wasserkraftnutzung und Tourismus.
Im Jahresprogramm 2015 hält die Bündner Regierung fest, dass sie den Wasserversorgungsatlas für einen Drittel der Gemeinden nachführen wolle. Der aktuelle Stand der Wasserversorgung in Notlagen sei im Zuge der Ermittlung des Nachführungsbedarfs erhoben und dazu eine Übersicht erstellt worden.
Die Unterzeichnenden stellen folgende Fragen:
1. Zu welchem Ergebnis kommen die Ermittlungen bezüglich der Wasserversorgung in Notlagen in Graubünden?
2. Wie beurteilt die Regierung die Situation?
3. Treffen die oben genannten Feststellungen des NFP 61 auch auf Graubünden zu?
4. Wann darf mit dem vollständig nachgeführten Wasserversorgungsatlas gerechnet werden?
Chur, 10. Februar 2015
Thöny, Zanetti, Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Caduff, Cahenzli-Philipp, Casanova (Ilanz), Caviezel (Chur), Deplazes, Dosch, Felix (Scuol), Gartmann-Albin, Hardegger, Jaag, Locher Benguerel, Mathis, Monigatti, Niederer, Noi-Togni, Perl, Peyer, Pfenninger, Pult
Antwort der Regierung
Die Wasserversorgung ist Teil der Erschliessung und damit eine öffentliche Aufgabe, welche in Graubünden gestützt auf die kantonale Raumplanungsgesetzgebung durch die Gemeinden erfüllt wird. Die Gemeinden sind im Bereich der Erschliessung zum Erlass eigener Reglemente verpflichtet, die nicht durch den Kanton genehmigt werden müssen. Aufgrund dieser Zuständigkeiten hatte die Regierung lange Zeit keine Übersicht über die Situation bei den kommunalen Wasserversorgungen. Gleichwohl gibt es im Bereich der Wasserversorgungen verschiedene Schnittstellen mit Aufgaben des Kantons. So sorgt der Kanton für Löschwasserreserven und Beiträge an Wasserversorgungsprojekte für Dörfer mit erheblicher landwirtschaftlicher Interessenz sowie für Alpen und Einzelhöfe, ist zuständig für die Überwachung der Selbstkontrolle der Trinkwasserversorgungen im Rahmen der Lebensmittelgesetzgebung sowie für die Sicherstellung der Wasserversorgung in Notlagen, welche in der Verordnung über die Trinkwasserversorgung in Notlagen durch den Bund geregelt ist. Für die Umsetzung dieser Verordnung ist das Amt für Natur und Umwelt (ANU) zuständig, die Aufgabe erfordert jedoch eine departementsübergreifende Zusammenarbeit verschiedener Dienststellen und ist unter anderem auch Gegenstand der aktuell laufenden Gefährdungsanalyse (KATAPLAN). Im Entwicklungsschwerpunkt Nr. 16 des Regierungsprogramms 2013–2016 wird die Planung der Trinkwasserversorgung in Notlagen konkretisiert. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde bei den Gemeinden der Stand der bestehenden Dokumentationen zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in Notlagen (TWN) als Bestandteil der Handbücher zur Qualitätssicherung erhoben.
1. Von den im Jahr 2014 bestehenden 146 Gemeinden verfügen 86 Gemeinden über ein Handbuch zur Qualitätssicherung des Trinkwassers. In 23 Handbüchern wird die Thematik der Notwasserversorgung thematisiert. Die Dokumentationen zur TWN sind hierbei, mit wenigen Ausnahmen, jedoch nur sehr kurz.
2. Zumindest der Stand der Dokumentation bei den Wasserversorgungen zeigt einen Handlungsbedarf auf. Deshalb wird zurzeit im Rahmen des Regierungsprogramms 2013–2016 ein Konzept für die Umsetzung der Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in Notlagen erarbeitet. Dieses Konzept soll aufzeigen, mit welchen organisatorischen und baulichen Mindeststandards die Versorgungssicherheit im Notfall aufrechterhalten werden kann. Nach Beschluss durch die Regierung wird das Konzept durch die Gemeinden umzusetzen sein. Zudem soll der Regierung die Möglichkeit zustehen, im Einzelfall konkrete Vorgaben zu machen.
3. Es ist davon auszugehen, dass die im NFP 61 gemachten Feststellungen auch für Graubünden gelten, allerdings mit grossen Unterschieden zwischen den rund 300 Wasserversorgungen. Aus diesem Grund ist zuerst zu bestimmen, welche Defizite bei den einzelnen Wasserversorgungen bezüglich der Anforderungen an die Trinkwasserversorgung in Notlagen bestehen und darauf basierend sind die notwendigen Massnahmen, abgestuft nach Bedeutung der Wasserversorgung, abzuleiten.
4. Der Nachführungsbedarf des Wasserversorgungsatlasses (WVA) wurde in den Jahren 2013 und 2014 ermittelt. Mit der Nachführung ist Ende 2013 begonnen worden. Diese erfolgt gegliedert in zehn Bearbeitungsregionen auf Basis der vorhandenen Mittel gestaffelt in den Jahren 2013 bis 2015. Die Aufträge wurden im freihändigen Vergabeverfahren an verschiedene Bündner Planungsbüros und Geomatiker vergeben. Bis heute konnten zwei Regionen nachgeführt und vom ANU auf Vollständigkeit geprüft werden. Wenn bei den beauftragten Planungsbüros keine Verzögerungen auftreten, wird die Nachführung des WVA bis Ende 2015 abgeschlossen sein.
16. April 2015