Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ist die Innovationsfähigkeit der Schweiz, insbesondere auch des Kantons Graubünden, ein zentraler Faktor im nationalen und internationalen Standortwettbewerb. Mit den im Kanton ansässigen und global angesehenen Forschungsinstituten und Transferorganisationen weist der Kanton Graubünden ein vielversprechendes Fundament für den künftigen Wissens- und Technologietransfer von der Forschung in die Wirtschaft auf. Die wirtschaftliche Bedeutung wird unter anderem auch im Bericht über die Wirtschaftsentwicklung im Kanton Graubünden und in den regionalen Standortentwicklungsstrategien deutlich. Betreffende Regionen, allen voran der Forschungsplatz Davos, haben sich zur weiteren Entwicklung Gedanken gemacht und in breit abgestützten Arbeitsgruppen den Agenda-Setting-Prozess vorangetrieben.
Das am 27. März 2014 vom Kanton Graubünden bei der Konferenz der Kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) eingereichte Bewerbungsdossier zum Aufbau eines Netzwerkstandortes des Nationalen Innovationsparks in Graubünden wurde von der VDK evaluiert. Im von der VDK zuhanden des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) verabschiedeten und vom Bundesrat gewürdigten Umsetzungskonzept wurden von insgesamt acht Netzwerkstandorten nur zwei in die Startkonfiguration ab 2016 aufgenommen. Während der Bund die Netzwerkstandorte des Kantons Aargau und der Nordwestschweiz berücksichtigte, wurden die Projektverantwortlichen in Graubünden um eine Überarbeitung des Konzepts und eine neue Eingabe im Rahmen des Nachverfahrens bis zum 31. März 2015 gebeten. In der Zwischenzeit wurde vom Bundesrat Biel als weiterer Standort des Nationalen Innovationsparks bestätigt.
Der Presse war zu entnehmen, dass sich der Kanton Graubünden entschied, auf eine überarbeitete Bewerbung für die Startkonfiguration zu verzichten und den Anschluss an den Innovationspark erst zu einem späteren Zeitpunkt zu versuchen. Gemäss Botschaft zur Ausgestaltung und Unterstützung des Schweizerischen Innovationsparks des Bundesrates vom 6. März 2015 „ist es für die Entwicklungsfähigkeit des Innovationsparks wesentlich, dass auch zu einem späteren Zeitpunkt Standorte zur Stiftung Swiss Innovation Park hinzustossen können (...). Die Möglichkeit, der Stiftung weitere Standorte anzuschliessen, ist dabei jederzeit gewährleistet.“ (Botschaft zur Ausgestaltung und Unterstützung des Schweizerischen Innovationsparks vom 6.3.2015, Ziff. 2.4.3, S. 26).
Mit Blick auf die Medienberichterstattung und die Aussagen des Amts für Wirtschaft und Tourismus Graubünden wird die Regierung gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
1. Welche Gründe waren ausschlaggebend, dass das Konzept des Netzwerkstandortes Graubünden für die Startkonfiguration des Nationalen Innovationsparks nicht berücksichtigt wurde?
2. Gibt es zur Begründung des (vorläufigen) Verzichts auf einen Netzwerkstandort in Graubünden offizielle Stellungnahmen des Bundes? Sind diese einsehbar?
3. Welches sind die Gründe für einen Verzicht auf die Eingabe eines überarbeiteten Dossiers im Nachverfahren?
4. Wie gedenkt die Regierung, die Anbindung eines Netzwerkstandortes in Graubünden an die Stiftung Swiss Innovation Park im Anschluss an das Nachverfahren erfolgsversprechend zu realisieren?
5. Ist auch im überarbeiteten Konzept die Strategie mit zwei Sub-Standorten in Davos und im Bündner Rheintal vorgesehen? Welche Chancen und Risiken beinhaltet diese Strategie? Unter welchen Voraussetzungen könnte sich die Regierung auf ein Ein-Standort-Konzept festlegen?
6. In welcher Hinsicht werden Kooperationen mit der ETH Zürich, weiteren Hochschulen sowie allenfalls den definierten Hub- und Netzwerkstandorten in das neue Konzept einfliessen?
7. Welche Aktivitäten unternahm der Kanton bis heute, um die Investoren, die es für solche Projekte wahrlich gibt, bei der Stange zu halten?
8. Welche Rahmenbedingungen schafft die Regierung, damit ein Anschluss an den Nationalen Innovationspark möglichst aussichtsreich wird?
9. Wie sieht der Zeitplan zur erfolgsversprechenden Umsetzung des Anschlusses an den Nationalen Innovationspark aus?
Arosa, 17. Juni 2015
Caviezel (Davos Clavadel), Stiffler (Davos Platz), Alig, Baselgia-Brunner, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Cavegn, Clavadetscher, Danuser, Deplazes, Engler, Felix (Scuol), Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Jenny, Kappeler, Kasper, Koch (Igis), Kunz (Chur), Kuoni, Mani-Heldstab, Mathis, Michael (Donat), Müller, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Pedrini, Peyer, Pfäffli, Pfenninger, Pult, Salis, Sax, Schneider, Schutz, Steiger, Stiffler (Chur), Thomann-Frank, Toutsch, Troncana-Sauer, Valär, von Ballmoos, Waidacher, Weber, Weidmann, Wieland, Berther (Segnas), Bossi, Gujan-Dönier
Antwort der Regierung
Zur Frage 1: Gemäss Beurteilung des Expertengremiums waren zusammenfassend folgende Hauptgründe ausschlaggebend, dass Graubünden nicht für die Startkonfiguration berücksichtigt wurde: kritische Grösse für einen Innovationsparkstandort nicht gegeben; äusserst heterogenes Profil der wissenschaftlichen Partner; fehlende Verknüpfung von Kompetenzen der wissenschaftlichen Partner untereinander und mit einer industriellen Basis an den Standorten; unterschiedliche Zielsetzungen an den Standorten Davos und Landquart; raumplanerisch wenig fortgeschrittener Reifegrad des Dossiers; Zuzug F+E Abteilung grösserer Firma unwahrscheinlich.
Zur Frage 2: Die Beurteilung der Eingabe Netzwerkstandort Graubünden erfolgte durch ein im Auftrag des Bundes von der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz (VDK) eingesetztes Expertengremium, auf dessen Beurteilung sich der Bund abstützt.
Diese Beurteilung ist nicht öffentlich einsehbar.
Zur Frage 3: Im Zuge des Nachverfahrens zeigte sich, dass innerhalb der gegebenen Frist die geforderte substantielle Nachbesserung nicht erzielt werden konnte, dies insbesondere hinsichtlich der kritischen Grösse, der fehlenden Verknüpfung
von Kompetenzen der wissenschaftlichen Partnern untereinander, der fehlenden Vernetzung zwischen wissenschaftlichen Partnern und Industrie sowie der fehlenden Bereitschaft von industriellen Unternehmen, in den Standort zu investieren.
Zur Frage 4: Derzeit werden die Optionen Nachbesserung des Dossiers und spätere Eingliederung als selbstständiger Netzwerkstandort sowie die Anbindung Graubündens über einen Netzwerkstandort der Startkonfiguration oder den Hub geprüft. Realistischerweise hat beides nur eine Chance, wenn es gelingt, namhafte Unternehmen für ein Engagement im Netzwerkstandort Graubünden zu gewinnen.
Zur Frage 5: Sowohl der Forschungsplatz Davos als auch der Forschungs- und Industriestandort Bündner Rheintal werden weiterhin in die Überlegungen einbezogen. Anders dürften die Kriterien, insbesondere auch hinsichtlich der kritischen Grösse, nicht zu erfüllen sein. Entscheidend ist demzufolge die bestmögliche Vernetzung der Forschungsinstitute untereinander sowie zwischen Forschung und Industrie.
Zur Frage 6: Im Zuge der laufenden Abklärungen werden eben solche Kooperationsmöglichkeiten evaluiert. Unter anderem wird die Vernetzung des Forschungsplatzes Graubünden mit der Universität Zürich, mit der ETH Zürich und mit Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von industriellen Unternehmen geprüft werden. Gleichzeitig wird auch geklärt, ob eine Zusammenarbeit mit dem Hubstandort Zürich/Dübendorf oder mit anderen bestehenden oder potentiellen Netzwerkstandorten möglich und sinnvoll wäre.
Zur Frage 7: Der Kanton ist im Rahmen der Eingabe des Konzeptes Netzwerkstandort Graubünden in enger Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten in
Davos verschiedenste Unternehmen angegangen, um sie mittels Absichtserklärungen für ein Mitwirken am Netzwerkstandort Graubünden zu gewinnen. Diverse international tätige Firmen haben Interesse gezeigt und die Erweiterung von Kooperationen geprüft. Die Bereitschaft, Investitionen in Infrastruktur zu tätigen ist eher gering, da klare Nutzeneffekte (noch) nicht aufgezeigt werden können. Unter der Voraussetzung, dass der Grosse Rat dem totalrevidierten Wirtschaftsentwicklungsgesetz
zustimmt und damit verbunden den Verpflichtungskredit für systemrelevante Investitionen gewährt, könnte der Kanton bei Vorliegen einer regionalen Entwicklungsstrategie, in welcher Forschung enthalten ist, einen Beitrag zur Erstellung der erforderlichen Infrastruktur leisten.
Zur Frage 8: Der Kanton Graubünden hat nach Vorliegen der Beurteilung des Nachverfahrens ein Projektteam eingesetzt. Dieses prüft, ob die Machbarkeit als eigenständiger Netzwerkstandort nach wie vor möglich scheint sowie ob und falls ja, welche Vernetzungsmöglichkeiten sinnvoll wären. Von zentraler Bedeutung ist es, ob es den Forschungsinstituten in Davos gelingen wird, sich untereinander zu vernetzen und namhafte Unternehmen für eine Investition am Standort und so auch für ein Mitwirken am Nationalen Innovationspark zu gewinnen.
Zur Frage 9: Die Weiterentwicklung des bestehenden Konzeptes wird zusammen mit den Forschungsinstituten bis im ersten Quartal 2016 erarbeitet. Darauf basierend soll entschieden werden, welches die erfolgversprechendste Vernetzung mit dem Nationalen Innovationspark ist.
27. August 2015