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Session: 19.10.2016

Zahlbare Mieten und gute Wohnstandards sind ein zentraler Faktor für die Lebensqualität, die Standortattraktivität und bestimmen massgeblich das soziale Klima einer Gemeinde, einer Region oder einer Stadt. Die Mieten sind in den letzten Jahren in der Schweiz stetig angestiegen, obwohl sie aufgrund des Tiefzinsumfeldes eigentlich sinken müssten. Diese Entwicklung ist auch in einigen Regionen Graubündens zu beobachten. In Tourismusgemeinden wie zum Beispiel in Davos, in den Gemeinden des Oberengadins oder in der Stadt Chur können sich viele Familien und Teile des Mittelstands in zu vielen Fällen das Wohnen nicht mehr leisten. In Davos beträgt die Angebotsmiete pro Quadratmeter für ein Jahr nach Zahlen von Wüest & Partner rund CHF 245. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Angebotsmiete für einen Quadratmeter pro Jahr liegt gesamtschweizerisch bei CHF 196. In einzelnen Gemeinden des Oberengadins finden wir gar leicht höhere Angebotsmieten und in Chur haben die Angebotsmieten beinahe das Niveau der Stadt Basel erreicht. Erschwerend kommt hinzu, dass das Lohnniveau in Graubünden vergleichsweise tief ist. Das verteuert das Wohnen zusätzlich. Von dieser Situation profitiert niemand.

 

In Fachkreisen ist unbestritten, dass die Raumplanung einer der effektivsten Hebel zur Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum ist. Zudem sind Planungsmassnahmen für die Steuerzahlenden äusserst kostengünstig. Boden- und Immobilienpolitik aber auch Ortsplanung sind grundsätzlich Sache der Gemeinden. Die Gemeinden sind darum die richtige Staatsebene, um Massnahmen für mehr preisgünstigen Wohnraum zu ergreifen. Sie kennen die lokalen Verhältnisse, die Bedürfnisse der Bevölkerung und können Planungsinstrumente flexibel umsetzen. Der Kanton muss den Gemeinden aber die entsprechenden Freiheiten und Möglichkeiten im kantonalen Raumplanungsgesetz (KRG) einräumen. Das schafft Rechtssicherheit für Gemeinden, die in diesem Bereich auf möglichst unbürokratische Art und Weise aktiv werden möchten.

 

Im Rahmen der anstehenden Umsetzung des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes (RPG) steht auch dem Kanton Graubünden eine Revision des KRG bevor.

 

Die Unterzeichnenden stellen deshalb der Regierung folgende Fragen:

 

1. Wie beurteilt die Regierung die Situation bezüglich zahlbarem Wohnraum in Graubünden?

 

2. Unterstützt die Regierung heute die Gemeinden bei der Bereitstellung von ausreichend zahlbarem Wohnraum? Wenn ja, wie tut sie das?

 

3. Ist die Regierung bereit, im Rahmen der bevorstehenden Revision des KRG dahingehend aktiv zu werden, dass ein planungsrechtliches Instrument zur Schaffung eines Mindestanteils preisgünstiger Wohnungen verankert wird und/oder die Möglichkeit zur Schaffung von Zonen für preisgünstiges Wohnen (wie unter anderem im Kanton Zürich) geschaffen wird?

 

Chur, 19. Oktober 2016

 

Horrer, Pult, Jaag, Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Chur), Deplazes, Gartmann-Albin, Locher Benguerel, Monigatti, Perl, Thöny, von Ballmoos, Degiacomi, Vassella

Antwort der Regierung

Zu Frage 1: Die Regierung ist sich der Bedeutung von bezahlbarem respektive günstigem Wohnraum für die Standortattraktivität des Kantons bewusst. Das Problem stellt sich schwergewichtig in den in der vorliegenden Anfrage genannten städtischen Räumen und touristischen Hauptzentren. Es bestehen auf kantonaler Ebene zur Thematik bezahlbares Wohnen keine Statistiken. Bekannt ist lediglich, dass in Graubünden 1398 Wohnungen des gemeinnützigen Wohnungsbaus vorhanden sind. Bekannt sind ferner auch die Leerwohnungsziffern je Gemeinde; daraus lassen sich aber keine Rückschlüsse bezüglich der Thematik des bezahlbaren Wohnraums ableiten, da die Leerwohnungen preisunabhängig erfasst sind.

Zu Frage 2: Wie in der Anfrage zutreffend ausgeführt wird, kann die Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum unter anderem mit Massnahmen der Raumplanung gefördert werden. Da die Situation auf dem Wohnungsmarkt von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich ist, sind in erster Linie die Gemeinden aufgerufen, bei Bedarf entsprechende Massnahmen zu prüfen und im Rahmen der Ortsplanung umzusetzen, beispielsweise durch die Ausscheidung spezieller Wohnzonen mit Mindestanteilen an preisgünstigen Wohnungen. Die Gemeinden kennen die örtlichen Verhältnisse und lokalen Bedürfnisse der Bevölkerung und sind daher am besten in der Lage, bei Bedarf massgeschneiderte Regelungen gegen unerwünschte Entwicklungen in diesem Bereich zu erlassen. Das Amt für Raumentwicklung ist im Rahmen der ordentlichen Begleitung der Ortsplanungen gerne bereit, die Gemeinden auch in dieser Thematik zu beraten.

Beizufügen bleibt, dass der Kanton den Wohnungsbau auch unmittelbar unterstützt, nämlich gestützt auf das kantonale Gesetz über den sozialen Wohnungsbau und die Verbesserung der Wohnverhältnisse im Berggebiet. Dabei beschränkt sich die Unterstützung auf die Verbesserung der Wohnverhältnisse im Berggebiet, nachdem sich der Kanton im Zuge der Struktur- und Leistungsüberprüfung zur Sanierung des Kantonshaushalts im Jahre 2006 aus der Unterstützung des sozialen Wohnungsbaus zurückgezogen hat. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln kann der Kanton heute jährlich zwischen 20 und 25 Projekte unterstützen. Der durchschnittliche Kantonsbeitrag beträgt rund 45 000 Franken. Unterstützt werden die bäuerliche wie auch die nichtbäuerliche Bevölkerung in bescheidenen finanziellen Verhältnissen aller Talschaften des Kantons, die zum Berggebiet gehören.

Nebst dem Kanton engagiert sich übrigens auch der Bund im Bereich der Förderung von Wohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen sowie des Zugangs zu Wohneigentum, dies gestützt auf das Bundesgesetz über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum. Dabei werden insbesondere die Interessen von Familien, allein erziehenden Personen, Menschen mit Behinderungen, bedürftigen älteren Menschen sowie Personen in Ausbildung berücksichtigt.

Zu Frage 3: Wie vorstehend dargelegt, sind die Gemeinden die richtige Staatsebene, wenn es darum geht, bei Bedarf raumplanungsrechtliche Regelungen zur Gewährleistung preisgünstigen Wohnraums zu erlassen. Im Rahmen der anstehenden Teilrevision des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden (KRG) soll geprüft werden, ob die Gemeinden dazu bereits aufgrund ihrer generellen ortsplanerischen Regelungskompetenzen befugt sind oder ob es einer spezifischen Kompetenznorm im KRG bedarf, analog derjenigen von Art. 27 Abs. 4 KRG, worin die Gemeinden ausdrücklich ermächtigt werden, Regelungen gegen unerwünschte Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt infolge des Zweitwohnungsbaus zu erlassen.

21. Dezember 2016