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Session: 13.06.2017

Nach den Entscheiden einiger Kantone, welche das Erlernen einer zweiten Landessprache aufs Spiel setzen, macht sich hinsichtlich der Schweizer Mehrsprachigkeit Besorgnis breit. Tiefschläge gegen die Mehrsprachigkeit gehen so weit, dass ein Eingreifen auf Bundesebene gefordert wird.

Mit grosser Besorgnis verfolgt der Grosse Rat des Kantons Graubünden die von einigen Schweizer Kantonen getroffenen negativen Entscheide, welche sich gegen das Verständnis zwischen den Sprachregionen richten und von mangelndem Respekt für die Sprachminderheiten in der Eidgenossenschaft zeugen. Die Infragestellung des Unterrichts der romanischen, französischen und italienischen Sprache gefährdet den Frieden zwischen den Sprachgemeinschaften in Graubünden und in der gesamten Schweiz. Derzeit wird der Fehler begangen, dass die englische Sprache und die Landessprachen gegeneinander in Konkurrenz gesetzt werden. Wenn jeder Kanton seinen eigenen Weg einschlägt, wird das gesamte Thema der Schulharmonisierung (HarmoS), welche ähnliche Lehrpläne in den verschiedenen Sprachregionen vorsieht, ernsthaft in Frage gestellt.

Als Beispiel einer kleinen Schweiz hat der Kanton Graubünden die ursprüngliche Aufgabe, die Dreisprachigkeit zu verteidigen und zu unterstützen und muss als Erster ein Eingreifen des Bundesrates fordern. Das Sprachengesetz ist auf Bundesebene abzuändern, damit das Erlernen einer Landessprache sichergestellt wird, da jeder Kanton in seinen Entscheiden nicht nur für sich selbst, sondern für das gesamte Land Verantwortung trägt.

Der vorliegende Antrag unterstützt auch die von Ständerat Stefan Engler eingereichte und vom Ständerat angenommene Motion zur Einrichtung einer ausserparlamentarischen Kommission für Sprachenfragen.

Die Unterzeichnenden dieses Auftrags fordern die Regierung des Kantons dazu auf, beim Bundesrat zu intervenieren und dabei unserer Besorgnis Ausdruck zu verleihen. Der Bundesrat soll dazu aufgefordert werden, sich mit Entschlossenheit zu Gunsten einer Verstärkung der sich aus der Verfassung und aus den Bestimmungen des Sprachengesetzes ergebenden Verpflichtungen einzusetzen, damit der Unterricht der Landessprachen in der obligatorischen Schule sichergestellt ist.

Chur, 13. Juni 2017

Fasani, Papa, Monigatti, Atanes, Baselgia-Brunner, Berther (Disentis/Mustér), Blumenthal, Bondolfi, Bucher-Brini, Caduff, Cahenzli-Philipp, Caluori, Casanova (Ilanz), Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Chur), Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Dosch, Epp, Florin-Caluori, Foffa, Gartmann-Albin, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Joos, Kunfermann, Locher Benguerel, Michael (Castasegna), Niederer, Noi-Togni, Pedrini, Perl, Peyer, Pfenninger, Pult, Schneider, Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Bossi, Wellig

Antwort der Regierung

Zu den aktuellen Entwicklungen im Bereich Mehrsprachigkeit in der Schweiz nahm die Regierung im September 2016 anlässlich der Vernehmlassung zur damals vorgesehenen Änderung des Bundesgesetzes über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften vom 5. Oktober 2007 (Sprachengesetz, SpG; SR 441.1) Stellung. Dabei wurde betont, dass Graubünden als einziger dreisprachiger Kanton innerhalb der Schweiz eine Sonderstellung einnimmt. Dementsprechend ist unser Kanton von der Frage der Harmonisierung des Sprachunterrichts an den obligatorischen Schulen in besonderem Masse betroffen und an einer koordinierten Lösung interessiert.

Wohl erachtete es die Bündner Regierung in ihrer Stellungnahme zu Handen des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) als problematisch, wenn der Bund in einem Gebiet gesetzgeberisch tätig wird, welches grundsätzlich in die Kantonszuständigkeit fällt. Doch lässt sich nicht abstreiten, dass die Kantone ihrer Harmonisierungspflicht gemäss Art. 61a der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101) bisher nicht vollumfänglich nachgekommen sind. Im Gegensatz zu anderen Kantonen schloss Graubünden deshalb das Eingreifen des Bundes in diesem Bereich nicht von vornherein aus.

Konkret befürwortete die Regierung die vorgeschlagene Variante 3 des Vernehmlassungsentwurfes. Diese bezweckt die formelle Sicherung der Stellung der zweiten Landessprache. Sie legt fest, dass der Unterricht in der zweiten Landessprache auf der Primarschulstufe beginnen und bis zum Ende der Sekundarstufe I dauern solle. Zur Stärkung der Minderheitensprachen Italienisch und Romanisch forderte der Kanton Graubünden zusätzlich, dass schweizweit allen Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I eine dritte Landessprache als Freifach angeboten werden müsse.

Im vorliegenden Auftrag verweisen die Unterzeichnenden mit Besorgnis auf Bestrebungen in verschiedenen Kantonen zu Ungunsten des Sprachunterrichts in einer anderen Landessprache. Dazu darf immerhin festgehalten werden, dass in jüngster Zeit zum Beispiel im Kanton Zürich eine entsprechende Volksinitiative sehr deutlich verworfen worden ist. Und auch im Kanton Thurgau hat das Kantonsparlament letztlich darauf verzichtet, den Französischunterricht aus dem Lehrplan der Primarschulen zu streichen.

Vor dem Hintergrund der gemachten Ausführungen ist die Regierung bereit, in einem Schreiben an das EDI die Harmonisierung des Sprachunterrichts an den obligatorischen Schulen nochmals mit Nachdruck einzufordern. Diese Koordination dient der nationalen Kohäsion. Ihre Umsetzung soll unter spezieller Berücksichtigung der Anliegen der mehrsprachigen Kantone erfolgen. In diesem Sinne ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegenzunehmen.

30. August 2017