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Session: 14.02.2018

Am 1.1.2013 ist das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht in Kraft getreten. Der Kanton Graubünden hat entsprechende Bestimmungen zur Organisation und zu den Kompetenzen im Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch geregelt.

Gesamtschweizerisch gibt es 146 KESB Stellen mit 715 KESB Mitarbeitenden. Bilanz des durch den Bundesrat veröffentlichten Berichts zur Arbeit der KESB: Neues Recht, neue Behörden, neue Mitarbeiter, knappe Ressourcen und die Natur der zu entscheidenden Fälle hätten nicht erwarten lassen, dass vom ersten Tag an alles perfekt ablaufen werde. Die Zahl der Schutzmassnahmen sei bei den Erwachsenen seit 2013 leicht gestiegen, bei den Kindern gesunken. Der Bundesrat räumt ein, dass die KESB mancherorts das nähere Umfeld einer betreuten Person zu wenig miteinbeziehe. Die KESB würden in einem schwierigen Umfeld eine sehr gute Arbeit machen, resümierte BR Sommaruga.

Kritik an der Arbeit der KESB wurde wiederholt in den Medien öffentlich ausgetragen. Im Kanton Schwyz wurde letztes Jahr eine Volksinitiative nur knapp verworfen. Auf Bundesebene wird demnächst die Unterschriftensammlung für eine KESB Initiative gestartet. Diese hat zum Ziel, die KESB massiv einzuschränken. Die Familien sollen in den Vordergrund gerückt werden. Wenn jemand urteils- und handlungsfähig ist, soll in erster Linie die Familie zuständig sein. Die KESB soll auf ihre Kernaufgabe zurückgeführt werden.

Meine Fragen zur Arbeit der KESB in Graubünden für den Zeitraum 2013 – 2017:

1. Anzahl Massnahmen
a) Wie war die zahlenmässige Entwicklung der Massnahmen im Erwachsenenschutz?
b) Im Kindesschutz?

2. Private Mandatsträger
a) Wie ist das Verhältnis zwischen privaten Mandatsträgern und Massnahmen, welche durch die Berufsbeistandschaften geführt werden?
b) Gibt es Tendenzen der Verlagerung der Massnahmen von den privaten Mandatsträgern zu den Berufsbeistandschaften?

3. Pikettdienst
a) Wie ist der Pikettdienst organisiert?
b) Wie hoch waren die Gesamtkosten?

4. Überführung ins neue Recht
Sind inzwischen alle Fälle (inkl. umfassende Beistandschaften) ins neue Recht überführt worden?

5. Fürsorgerische Unterbringung
Wie viele Fälle wurden ärztlich und wie viel Fälle wurden durch die KESB verfügt?

6. Rechtsmittelinstanz
a) Wie viele Entscheide der KESB mussten durch das Kantonsgericht beurteilt werden?
b) Wie viele Fälle davon wurden durch das Kantonsgericht gutgeheissen bzw. teilweise gutgeheissen?

7. Allgemeine Fragen
a) Wie beurteilt die Regierung die Arbeit der KESB?
b) Gibt es aus Sicht der Regierung Spannungen zwischen den KESB und den Gemeinden?
c) Gibt es Bereiche, in denen Handlungsbedarf besteht?

Chur, 14. Februar 2018

Dosch, Niggli-Mathis (Grüsch), Hitz-Rusch, Albertin, Alig, Atanes, Baselgia-Brunner, Blumenthal, Bondolfi, Caduff, Caluori, Casanova (Ilanz), Casutt-Derungs, Cavegn, Crameri, Darms-Landolt, Della Vedova, Epp, Florin-Caluori, Foffa, Geisseler, Jaag, Joos, Koch (Tamins), Komminoth-Elmer, Kunfermann, Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Märchy-Caduff, Monigatti, Niederer, Paterlini, Perl, Sax, Tenchio, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), von Ballmoos, Widmer-Spreiter, Berther (Segnas), Gugelmann, Lombardi

Antwort der Regierung

Zu Frage 1. a&b): Die Massnahmen der KESB sind sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenschutz zahlenmässig stabil (Ausnahme: 2017 im Kindesschutz).

-Zu Frage 2. a): Die privaten Mandatsträger führen rund ein Drittel der von der KESB angeordneten Beistandschaften und Massnahmen.

Zu Frage 2. b): Nein, es sind keine Tendenzen feststellbar, welche eine Verlagerung der Massnahmen von Privatpersonen auf Berufsbeistandspersonen erkennen lassen. Das Verhältnis zwischen diesen beiden Mandatsträgerschaften liegt über den gesamten Zeitraum bei rund 30% private Mandatsträger zu 70% Berufsbeistandspersonen.

Zu Frage 3. a): Gemäss Art. 5 der Verordnung zum Kindes- und Erwachsenenschutz (KESV; BR 215.010) stellt jede KESB ihre jederzeitige Erreichbarkeit sicher. Zurzeit leisten diesen Bereitschafts- respektive Pikettdienst die Behördenmitglieder der jeweiligen KESB im entsprechenden Einzugsgebiet. In der Regel dauert eine Piketteinheit von Montag bis Montag. In technischer Hinsicht wird die Erreichbarkeit der KESB per Mobiltelefon via Einsatzleitzentrale der Kantonspolizei Graubünden (ELZ) beziehungsweise Telefon-Nr. 117 sichergestellt.

Zu Frage 3. b): Die Abgeltung von Pikettdienstleistungen in den KESB wurde mit Departementsverfügung vom 23. Juni 2014 geregelt. Die Gesamtkosten der Pikettabgeltung für die Dauer vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2018 belaufen sich gesamthaft auf 368 568 Franken (durchschnittlich knapp 70 000 Franken pro Jahr).

Zu Frage 4: Die Überführung der altrechtlichen Beistandschaften und Beiratschaften in das neue Recht war mit Hinblick auf Art. 14 Abs. 3 Schlusstitel des ZGB (SchlT ZGB; SR 210) fristgerecht per Ende 2015 abgeschlossen. Per Ende 2017 waren gemäss Art. 14 Abs. 2 SchlT ZGB noch 38 Vormundschaften und erstreckte elterliche Sorge zu überführen.

Zu Frage 5: Die KESB haben in besagtem Zeitraum 74 fürsorgerische Unterbringungen (FU) verfügt. Von Seiten der Ärzteschaft verfügte FU werden von den KESB nicht erfasst oder registriert. Die Meldungen der Ärzte werden bei den KESB für sechs Wochen aufbewahrt und anschliessend, falls es keiner Verlängerung der Unterbringung mittels vollstreckbarem Unterbringungsentscheid der KESB bedarf, vernichtet (Art. 429 Abs. 2 ZGB; SR 210).

-Zu Frage 6: In den Jahren 2015 – 2017 erliessen die KESB im Durchschnitt 3'188 Kollegialentscheide pro Jahr.

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Zu Frage 7. a): Die Regierung beurteilt die Arbeit der KESB positiv und deutet die Beschwerdequote von nur rund 1% als Zeichen für die Akzeptanz der von den KESB getroffenen Entscheide.

Zu Frage 7. b): Der Regierung sind keine Spannungen zwischen den Gemeinden und den KESB bekannt. Insbesondere stehen die KESB mit den durch die Regionen zu bestellenden Berufsbeiständen in engem Austausch.

Zu Frage 7. c): Nach fünf Jahren ist es grundsätzlich angezeigt die Organisation der KESB als solches zu beurteilen, Optimierungspotential zu erkennen und bei Bedarf erforderliche Anpassungen vorzunehmen. Das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit ist zurzeit mit dieser Evaluation betraut.

02. Mai 2018