Am 23. September 2018 fand die Abstimmung über die Fremdspracheninitiative statt. In der Diskussion wurde mehrfach nach einer unbürokratischen Abwahlmöglichkeit von Fremdsprachen für überforderte Schülerinnen und Schüler (SuS) im Sinne einer individuellen Förderung gefordert. Es ist jedoch auch eine Tatsache, dass mit der Einführung des Lehrplans 21 keine Fachbefreiungsmöglichkeiten mehr für SuS in den Fremdsprachen auf der Realstufe bestehen.
Als Einzelfallregelung sollte jedoch in gut begründeten Fällen eine Fachbefreiung möglich sein, vor allem bei SuS mit individueller Förderung mit Lernzielanpassung. Eine Fachbefreiung entspräche in diesem Falle der grösstmöglichen Lernzielanpassung/Förderung.
Wenn SuS bereits grosse Mühe haben, die Grundanforderungen in der Erstsprache und den mathematischen Fächern zu erreichen (oder SuS haben auch bereits in beiden Fächern Lernzielanpassungen), dann sollte der Abschluss der Realschule mindestens ermöglichen, dass diese Jugendlichen eine Attestlehre machen können. In dieser beruflichen Grundbildung mit Berufsattest (EBA) werden aber keine Fremdsprachenkenntnisse verlangt. Deshalb kann es wohl pädagogisch sinnvoll sein, für einzelne SuS mit Lernzielanpassungen oder in Spezialfällen auch für SuS ohne Lernzielanpassungen (z.B. mit Migrationshintergrund), vor allem die Kompetenzen in den Hauptfächern Mathematik und Erstsprache zu stärken.
Bis anhin wurde diese Fachbefreiung in Absprache mit der Schulleitung und mit dem Fokus auf das pädagogische Handeln, nämlich die bestmöglichste Förderung des Schülers zu erreichen, ermöglicht.
Neu muss ein Dispensationsgesuch der Erziehungsberechtigten via Schulleitung dem Schulinspektorat eingereicht werden. Es muss mit einer Bearbeitungsdauer des Gesuches im besten Falle von rund 2 Wochen gerechnet werden.
Die Formulierung des Dispensationsgesuches dürfte jedoch gerade für Erziehungsberechtigte mit Migrationshintergrund grösste Schwierigkeiten darstellen, sodass nicht nur die Einreichung des Gesuches mit Stellungnahme durch die Schulleitung, sondern auch die effektive Formulierung des Gesuches der Schulleitung zufallen wird.
1. Erachtet die Regierung es ebenfalls als wichtig, dass die Schulleitungen in den drei Jahren Umsetzungszeit des Lehrplans 21 ihren Handlungsspielraum zum Sammeln von Erfahrungswerten nutzen?
2. Ist die Regierung bereit zu prüfen, die Verschiebung der Entscheidungskompetenz Befreiung bzw. Dispensation von Fremdsprachenunterricht im Sinne der bestmöglichen individuellen Förderung von der Ebene bisher Schulleitung zu neu Schulinspektorat, wieder rückgängig zu machen?
3. Teilt die Regierung die Haltung, dass in begründeten Einzelfällen und im Sinne der bestmöglichen pädagogischen Förderung eine Fachbefreiung vom Fremdsprachenunterricht auch bei SuS ohne Lernzielanpassung sinnvoll sein kann (z.B. spätimmigrierte Jugendliche)?
Chur, 12. Februar 2019
Favre Accola, Hug, Brandenburger, Della Cà, Dürler, Gort, Koch, Salis, Weber, Jegen, Renkel