Mit Entscheid vom 22. März 2018 schloss die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) die Untersuchung 20-0458: «Tiefbauleistungen Engadin I» ab (Sanktionsverfügung). Diese Sanktionsverfügung wurde von einigen der betroffenen Unternehmen vor Bundesverwaltungsgericht angefochten und ist somit nicht rechtskräftig. Nun hat mit Entscheid vom 16. Januar 2019 die Weko das Akteneinsichtsgesuch des Kantons im Verfahren Engadin I sistiert und zwar bis zum Vorliegen der vor Bundesgericht hängigen Verfahren bezüglich Akteneinsicht des Kantons Aargaus in einem ähnlichen Fall im Aargau. Das bedeutet, dass es zeitlich völlig offen ist, wann dem Kanton die von ihm geforderte Akteneinsicht gewährt wird und dies kann nach gängiger Praxis beim Bundesverwaltungsgericht mehrere Jahre dauern.
Im Rahmen ihrer Medienmitteilung vom 26. April 2018 orientierte die Weko die Öffentlichkeit. Insbesondere ihre Mutmassungen über das mögliche Schadenpotenzial von bis zu 45 Prozent überhöhten Preisen führten nachvollziehbar, sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Kantons, zu grosser Empörung. Es liegt daher im Interesse unserer Volkswirtschaft, aber auch des Ansehens unseres Kantons, dass über das Ausmass eines allfälligen Schadens baldmöglichst verlässliche Aussagen vorliegen, umso mehr als die Weko in einer angepassten Version ihrer ursprünglichen Medienmitteilung das Schadenpotential relativierte. Zudem führte sie aus, dass sie diese Erfahrungswerte im konkreten Fall auf die Abreden im Unterengadin nicht überprüfte und daher, selbst wenn dem Kanton Akteneinsicht gewährt würde, in Bezug auf das Schadenausmass keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Regierungsrat Cavigelli liess sich in der Südostschweiz vom Samstag 2. Februar 2019 zitieren: «Wir wollen mit diesen Kriterien keine Firmen zerstören, sondern wir wollen zuerst eine seriöse Basis haben, bevor wir wieder mit ihnen zusammenarbeiten können.» Es geht jedoch nicht nur um die künftigen Kriterien, es geht auch um eine entsprechende Aufarbeitung der wichtigsten Fakten und Kennzahlen. Dabei soll nicht nur der «KV» und der entsprechende Abschluss als Basis dienen, sondern ein effektiver Preisvergleich durchgeführt werden.
Aufgrund dieser Ausgangslage sind die Unterzeichner der Auffassung, dass diese Unsicherheit über das Ausmass allfälliger Schäden im Interesse der betroffenen Region, des Kantons, aber auch der gesamten Bündner Volkswirtschaft zeitnah ausgeräumt werden muss. Sie erwarten daher, dass der Kanton bzw. das zuständige Departement völlig unabhängig vom sistierten Akteneinsichtsrecht im Weko-Verfahren aufgrund vorhandener Fach- und Marktkenntnisse in der Lage ist, ein mögliches Schadenpotenzial zu ermitteln. Aufgrund vorhandener Vergleichswerte über alle Regionen im Kanton (aber auch darüber hinaus) und den vorhandenen Preisanalysen können Vergaben im Unterengadin im Zeitraum 2004 bis 2012 (Zeitraum der Weko-Untersuchung) mit überblickbarem Aufwand überprüft werden. Dabei dürfte das Baudepartement sogar die einzige Behörde sein, welche aufgrund ihres Fachwissens dazu fähig ist.
1. Die Unterzeichner fordern daher von der Regierung aufgrund von Nachkontrollen der im Zeitraum 2004 bis 2012 erfolgten Vergaben im Unterengadin, stichprobenmässig oder umfassend, auf jeden Fall aussagekräftig zu ermitteln, ob die von der Weko festgestellten Submissionsabreden zu erhöhten Preisen geführt haben.
2. Im Weiteren wird die Regierung beauftragt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten dahingehend Einfluss zu nehmen, dass Organisationen, an denen der Kanton massgeblich beteiligt ist, wie beispielsweise die RhB, die Engadiner Kraftwerke, Repower oder Gemeinden, welche von Seiten des Kantons Projektsubventionen empfangen haben, vergleichbare Abklärungen vornehmen.
3. Noch offen ist eine Untersuchung der Weko über den Belags- und Strassenbau. Erwartet wird der Entscheid im Verlauf dieses Jahres. Im Wissen, welche Wirkung die Medienmitteilung der Weko mit ihren Mutmassungen über die Auswirkung von Preisabsprachen in der Öffentlichkeit auslöste, soll die Regierung verpflichtet werden, im Zeitraum 2004 - 2012 zumindest stichprobenmässig über Vergleiche von Kostenvoranschlägen, Vergabesummen und Endabrechnungen abzuklären, ob für Aufträge im Stassen- und Belagsbau übersetzte Preise bezahlt wurden.
Chur, 12. Februar 2019
Weber, Brandenburger, Della Cà, Dürler, Favre Accola, Gort, Hug, Koch, Salis