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Session: 14.06.2019

Der Regierungsrat wird beauftragt, im laufenden Gesetzgebungsprozess zum neuen kantonalen Energiegesetz einen Zuschlag für PV-Anlagen mit überdurchschnittlichem Winterertrag (Verhältnis Winterstromproduktion: Sommerstromproduktion muss überdurchschnittlich sein) auszurichten. Dies ist möglich in den Bergregionen Graubündens, z.B. den Bau von vertikalen Photovoltaik-Anlagen bei Stausee-Mauern, Strassengalerien, Bergbahnen etc. Die Finanzierung erfolgt staatsquotenneutral.

Begründung
Die Energiestrategie 2050 wurde vom Volk klar angenommen. Darin enthalten ist auch die Abkehr vom Atomstrom und der Ausbau lokaler erneuerbarer Energie. Die Schweiz besitzt dazu ideale Voraussetzungen: In den Alpen erreichen wir für die Solarenergie mit bis zu 1600 kWh/m2 spanische Verhältnisse. Solarstrom in den Alpen ist aber nicht nur sinnvoll wegen den sehr hohen Einstrahlungswerten, sondern vor allem auch wegen den hohen Erträgen im Winter. PV-Anlagen im Mittelland unterliegen starken saisonalen Schwankungen. Im Sommer erzeugen sie in der Regel mehr Strom als der Markt benötigt, währenddem sie im Winter nur noch halb so viel Strom produzieren wie im Sommer. Die Gründe dafür sind die geringeren Tageslichtstunden, Nebel, sowie niedrige Stratuswolken, die häufig vor allem in tiefen Lagen die Sonneneinstrahlung behindern. Um den Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen, muss die Überkapazität im Sommer für die Nutzung im Winter zwischengespeichert werden. Dies ist derzeit vor allem mit Pumpspeicherkraftwerken in grossem Umfang möglich, es fehlt aber noch weitere Kapazität.

Aus diesem Grund ist es sinnvoller, im Winter mehr Solarstrom zu erzeugen, denn in den Alpen lässt sich im Winter aufgrund der vielen nebelfreien Tagen gleich viel Strom produzieren wie im Sommer. Zudem kann die vom Schnee reflektierte Sonneneinstrahlung noch zusätzlich zur Stromerzeugung genutzt werden. Mehr vom besonders wertvollen Winterstrom liefern Anlagen in Ost- oder Westausrichtung sowie vertikal installierte Module, z.B. in der Nähe von Bergbahnen, wo der Stromanschluss schon vorhanden ist oder an Stausee-Mauern. Eine Interreg Studie zeigt zudem das grosse, langfristige Potential der Solarproduktion in Graubünden auf. Dabei wurden nur die Gebäude innerhalb der Bauzonen berücksichtigt, wobei Ortskerne mit historischen Bauten nicht einbezogen wurden. Ausserhalb der Bauzonen gibt es vielfältige Möglichkeiten zur Stromerzeugung wie oben erwähnt.

Pontresina, 14. Juni 2019

Gasser, Schneider, Atanes, Baselgia-Brunner, Berther, Bigliel, Cahenzli-Philipp, Cantieni, Caviezel (Chur), Danuser, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Epp, Hofmann, Jochum, Kappeler, Kunfermann, Lamprecht, Locher Benguerel, Loepfe, Märchy-Caduff, Michael (Castasegna), Müller (Susch), Müller (Felsberg), Noi-Togni, Paterlini, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rutishauser, Schwärzel, Stiffler, Thöny, Tomaschett (Breil), von Ballmoos, Wilhelm, Zanetti (Sent), Pajic

Antwort der Regierung

Im Grundsatz befürwortet die Regierung die im Auftrag Gasser formulierten Ziele zur Erhöhung der Stromproduktion im Winterhalbjahr. Die Regierung hat sich bereits mehrfach zur Energiestrategie 2050 des Bundes bekannt. Ein wesentlicher Bestandteil davon ist der Ausstieg aus der bestehenden Kernenergie und die Steigerung der einheimischen, erneuerbaren Energieproduktion.

Es ist unbestritten, dass in Graubünden gute bis sehr gute klimatische Verhältnisse vorhanden sind, welche überdurchschnittliche Erträge aus Photovoltaikanlagen erwarten lassen. Dies trifft insbesondere auch im Winterhalbjahr zu, da die meisten Gebiete von Graubünden über den üblichen Nebellagen liegen. Ausserdem ist das mögliche Potential auf bestehenden Infrastrukturen, wie dies im Auftrag erwähnt wird, in Graubünden vorhanden. Die Regierung sieht zudem ein erhebliches Potential an Fassaden von bestehenden Bauten.

Photovoltaikanlagen werden bereits heute mittels Einmalvergütung durch die Pronovo AG, welche für die Abwicklung der Förderprogramme für erneuerbare Energien des Bundes zuständig ist, gefördert. Ein kantonales Förderprogramm, wie es im Auftrag formuliert wurde, würde somit eine Ergänzung zu dem bereits bestehenden Förderprogramm des Bundes darstellen. Dabei soll die Alimentierung für ein Förderprogramm gemäss Auftrag staatsquotenneutral ausgestaltet werden.

Gemäss Einschätzung des Amts für Energie und Verkehr und basierend auf dem heutigen jährlichen Zubau von Photovoltaikanlagen würden so zusätzlich Anlagen mit einer jährlichen gesamthaften Leistung von geschätzt 2 MW bzw. 2000 kWp gebaut werden. Dies betrifft Anlagen, welche einen Anstellwinkel von grösser 60 Grad haben sowie zusätzlich mit einem kantonalen Förderbeitrag in der Grössenordnung von 200 bis 300 Fr./kWp gefördert würden. Erfahrungsgemäss würden in den ersten Jahren mehr, schätzungsweise rund 3 MW, zugebaut werden. Dies würde eine jährliche Alimentierung von Fördergeldern in der Höhe von knapp einer Million Franken erforderlich machen.

Ein staatsquotenneutrales Förderprogramm würde eine Abgabe für alle Strombezüger in Graubünden bedingen. Daraus könnte das Förderprogramm alimentiert werden. Nicht benötigte Mittel wären der Bevölkerung zurückzuerstatten. Um dies rechtlich umsetzen zu können, wäre die Anpassung diverser Erlasse erforderlich. Der Aufwand für den Einzug und allenfalls die Rückerstattung der Mittel rechtfertigt sich bei einer Summe von rund einer Million Franken nicht. Die Regierung schlägt deshalb vor, ein eigenes Förderkonto, welches durch den Grossen Rat jährlich alimentiert wird, zu führen. Kontraproduktiv wäre ein Mitteltransfer von den bestehenden Fördermitteln, welche zur Steigerung der Energieeffizienz eingestellt sind. Dadurch würde der Kanton Bundesmittel im Verhältnis 1:2 verlieren.

Die Regierung kommt zum Schluss, dass die wichtigsten Elemente des Auftrags der Energiestrategie von Bund und Kanton entsprechen. Die Förderung von Photovoltaikanlagen für die Winterstromproduktion erachtet sie als zielführend. Sie beurteilt eine staatsquotenneutrale Alimentierung eines Förderprogramms, gemessen an den benötigten Mitteln, hingegen als unverhältnismässig. Zudem ist die Regierung der Auffassung, dass diese Förderung der Budgethoheit des Grossen Rates unterstellt werden soll, wie das bewährte Förderprogramm im Bereich der Energieeffizienz und die Umsetzung des Anliegens Teil der Erfüllung des vom Grossen Rat überwiesenen Auftrags Wilhelm betreffend Green Deal für Graubünden ist.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag wie folgt abzuändern:

Die Regierung schafft im Rahmen der laufenden Teilrevision des Energiegesetzes des Kantons Graubünden (BEG; BR 820.200) eine gesetzliche Grundlage für die Förderung von Photovoltaikanlagen für die Winterstromproduktion an Bauten und Infrastrukturanlagen.

29. August 2019