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Session: 29.08.2019

Der Fachkräftemangel ist auch für die kantonale Verwaltung zunehmend eine Herausforderung. Denn als Arbeitgeberin steht sie in Konkurrenz zur Privatwirtschaft. Damit gewinnen fortschrittliche Anstellungs- und Arbeitsbedingungen an Bedeutung bei der Rekrutierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Denn angesichts der Veränderung der Altersstruktur, einer sinkenden Geburtenrate und gut ausgebildeter Männer und Frauen in der jungen Generation, die immer häufiger Beruf und Familie verbinden wollen oder müssen, wird der Wettbewerb um die Arbeitskräfte zunehmend über gute Bedingungen, vor allem für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben, entschieden. Eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben ist jedoch nicht nur ein zentraler Faktor im Wettbewerb um Fachkräfte, sondern auch ein Erfolgsfaktor für die Qualität, Effizienz und Wirksamkeit der eigentlichen Verwaltungsleistung.

Um die heutige Situation hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben in der kantonalen Verwaltung zu erfassen und um massgeschneiderte Lösungen für die Verbesserung zu eruieren, gibt es diverse etablierte Instrumente. So hat Pro Familia Schweiz einen Family Score entwickelt, der die Familienfreundlichkeit von Arbeitgebern betrachtet und ein Ist-Soll-Vergleich macht. Die Organisationen erhalten damit wertvolle Hinweise, wo sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern können. Die möglichen Massnahmen dazu umfassen Themen wie flexible Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, angepasste Arbeitsorganisation, Betriebsklima, Personalentwicklung, Unterstützung bei Kinderbetreuung oder ein flexibler Arbeitsort.

Ein ähnliches Instrument bietet die Fachstelle UND mit dem Prädikat «Familie UND Beruf» an. In Graubünden begleitet die Fachstelle in Zusammenarbeit mit der kantonalen Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann das seit 2010 laufende «Aktionsprogramm Bündner KMU: Familienfreundlichkeit als Erfolgsfaktor», an dem bereits zwei Dutzend Unternehmen teilgenommen haben. Auch die kantonale Verwaltung sollte sich mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen.

Die Unterzeichnenden beauftragen deshalb die Regierung, über ein etabliertes Analyseinstrument die aktuellen Anstellungs- und Arbeitsbedingungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben in der kantonalen Verwaltung zu untersuchen sowie die daraus resultierenden Empfehlungen zur Steigerung der Attraktivität und Erlangung eines Gütesiegels umzusetzen. In den Prozess sind auch die Mitarbeitenden einzubeziehen, damit die Massnahmen wirksam und bedürfnisgerecht gestaltet werden.

Chur, 29. August 2019

Maissen, Hardegger, Schwärzel, Atanes, Baselgia-Brunner, Berther, Brunold, Cahenzli-Philipp, Caluori, Cantieni, Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Chur), Degiacomi, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Derungs, Epp, Fasani, Florin-Caluori, Föhn, Geisseler, Hitz-Rusch, Hofmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Kohler, Kunfermann, Locher Benguerel, Loepfe, Märchy-Caduff, Müller (Felsberg), Noi-Togni, Paterlini, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rutishauser, Sax, Schmid, Schneider, Stiffler, Thomann-Frank, Thöny, Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Wilhelm, Zanetti (Landquart), Engler (Surava)

Antwort der Regierung

Die Regierung ist sich bewusst, dass die kantonale Verwaltung im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft und anderen Verwaltungen attraktive Arbeitgeberin bleiben muss, wenn sie auch in Zukunft die benötigten Fachkräfte behalten oder rekrutieren will. In diesem Sinn beabsichtigt die Regierung, einen Entwicklungsschwerpunkt "attraktiver Arbeitgeber" ins Regierungsprogramm 2021-2024 aufzunehmen. Die Regierung teilt auch die Meinung der Unterzeichnenden, dass die kantonale Verwaltung den Bedürfnissen der jungen Generation Rechnung tragen muss, wozu auch die Umsetzung von Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben gehört. Die allgemeine Richtung, in die sich die kantonale Verwaltung als Arbeitgeberin zu entwickeln hat, dürfte dementsprechend unbestritten sein. Bei der Umsetzung entsprechender Massnahmen muss allerdings aus Sicht der Regierung sichergestellt sein, dass diese so ausgestaltet werden, dass sie den betrieblichen und organisatorischen Anforderungen gerecht werden. Dabei gilt es stets zu berücksichtigen, dass die Verwaltung in erster Linie einen Auftrag zu erfüllen und bestmögliche Dienstleistungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu erbringen hat.

Die Unterzeichnenden fordern, dass die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen in der kantonalen Verwaltung über ein etabliertes Analyseinstrument hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben untersucht werden und die daraus resultierenden Empfehlungen unter Einbezug der Mitarbeitenden mit wirksamen und bedürfnisgerechten Massnahmen zur Steigerung der Attraktivität und Erlangung eines Gütesiegels umgesetzt werden.

Die Regierung trägt der Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben unter Berücksichtigung der betrieblichen und organisatorischen Gegebenheiten und Bedürfnissen angemessen Rechnung. Sie hat zu Themen, wie flexible Arbeitszeiten oder Teilzeitarbeit schon seit Jahren immer wieder konkrete Massnahmen ergriffen. So machte es die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle möglich, dass heute rund 60 Prozent der Mitarbeitenden Jahresarbeitszeit haben und somit keine Blockzeiten einhalten müssen. Und im August 2019 hat die Regierung im Zusammenhang mit der Beantwortung des Auftrags Schwärzel betreffend Teilzeitstellen auf allen Kaderstufen bekannt gegeben, dass Vollzeitstellen in der kantonalen Verwaltung fortan, wenn möglich als 80 bis 100 Prozent Pensen ausgeschrieben werden. In diesem Zusammenhang hat die Regierung auch festgehalten, dass vereinzelt und immer mehr mobiles Arbeiten ermöglicht wird und sie Massnahmen zur Flexibilisierung der Arbeit, wie namentlich die Möglichkeiten von Homeoffice, im Rahmen der anstehenden Revision des Personalgesetzes prüfen wird. Im Sinne des vorliegenden Auftrags ist vorgesehen, dass im Rahmen jener Revision verschiedene weitere Massnahmen geprüft werden, mit denen insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben verbessert und insgesamt die Attraktivität des Kantons als Arbeitgeber gestärkt werden sollen. In welcher Form die dazu erforderlichen Grundlagen erhoben werden und inwiefern dabei die Unterstützung einer externen Stelle in Anspruch genommen werden soll, möchte die Regierung im jetzigen Zeitpunkt offenlassen. Dies erfolgt insbesondere auch deshalb, da voraussichtlich bei verschiedenen Themen ein Benchmark zu anderen Kantonen respektive Arbeitgebern und externes Fachwissen einzuholen sein werden.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag wie folgt abzuändern: Die Regierung wird beauftragt, im Rahmen der anstehenden Revision des Personalgesetzes die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen in der kantonalen Verwaltung auch hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben zu untersuchen und entsprechende Massnahmen zu entwickeln.

18. Oktober 2019