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Session: 30.08.2019

Die amtlichen Schätzungen von Transportanlagen werden hauptsächlich für Zwecke der Gebäudeversicherung und Festlegung der Liegenschaftssteuern verwendet. Die Steuerwerte der Transportanlagen sind in der Praxis sehr hoch eingeschätzt. Die von Betreibern von Transportanlagen zu bezahlenden Liegenschaftssteuern sind dementsprechend ebenfalls hoch.

Das Gesetz über die amtlichen Immobilienbewertungen (IBG) regelt die Durchführung der amtlichen Immobilienbewertungen. Die dazugehörige Verordnung über die amtlichen Immobilienbewertungen (VAIB) beinhaltet die Detailbestimmungen über die amtlichen Immobilienbewertungen. Für die Bewertung von Transportanlagen sind insbesondere Art. 15 und Art. 31 VAIB relevant. Artikel 15 VAIB regelt die Festlegung des Kapitalisierungssatz und Artikel 31 VAIB unter anderem die Methodik zur Berechnung des Ertragswertes.

Der Kapitalisierungssatz in den amtlichen Schätzungen von Transportanlagen wird oft unter 6% festgesetzt. Dieser Prozentsatz ist angesichts der Risiken zu tief. Die grössten Risiken der Branche werden oft als WWW bezeichnet (Wetter, Wirtschaft und Währung). Der Prozentsatz ist auch im Vergleich zu anderen Branchen sehr tief. In der Gastronomie und Hotellerie werden beispielsweise Kapitalisierungssätze über 6% angewendet. Aus der Praxiserfahrung ist ein Kapitalisierungssatz von 9% bis 11% für Transportanlagen angemessen.

Die Berechnung des Ertragswertes ergibt sich aus Art. 31 Abs. 3 VAIB. Der Ertragswert berechnet sich aus der Kapitalisierung des Reingewinns. Der Reingewinn wird gemäss VAIB Art. 31 Abs. 3 zudem vorgängig bereinigt. Dabei ist die Berücksichtigung der kalkulatorischen Abschreibungen zentral. Es ist systematisch nicht richtig, wenn für vollständig abgeschriebene Anlagen, welche weiter genutzt werden, keine kalkulatorischen Abschreibungen mehr berücksichtigt werden in der Bereinigung des Reingewinns. Legt man einen nachhaltigen ewigen Reingewinn der Bewertung zu Grunde, so gehören auch kalkulatorische Abschreibungen dazu und können nicht einfach ab einem bestimmten Zeitpunkt weggelassen werden.

Der kalkulatorische Reingewinn ist dadurch zu hoch und als Folge auch der Ertragswert respektive die amtlichen Schätzwerte von Transportanlagen.

Vor diesem Hintergrund stellen die Unterzeichnenden der Regierung folgende Fragen:

1.     Wie wird der Kapitalisierungssatz von Transportanlagen im Detail hergeleitet? Was sind die Annahmen bei der Festlegung des Kapitalisierungssatzes von Transportanlagen?

2.     Ist die Regierung gewillt, den systematischen Fehler in der Berechnung des für die Bewertung massgebenden Reingewinns zu beseitigen und die amtlichen Schätzungen entsprechend anzupassen?

Chur, 30. August 2019

Bettinaglio, Engler (Davos Dorf), Tomaschett (Breil), Aebli, Buchli-Mannhart, Casty, Danuser, Ellemunter, Felix, Gugelmann, Hardegger, Hefti, Hohl, Kasper, Loi, Michael (Donat), Mittner, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent), Costa, Niederreiter

Antwort der Regierung

Die amtlichen Bewertungen von Transportanlagen bilden unter anderem die Basis für die Festlegung der Liegenschaftssteuern. Für das Amt für Immobilienbewertung stehen nachvollziehbare Werte im Vordergrund, nicht jedoch die daraus resultierende Steuerbelastung. Die Bewertung durch das Amt für Immobilienbewertung erfolgt zweiteilig. Einerseits werden die Bewertungsgrundlagen (Daten) beim jeweiligen Transportanlagenbetreiber erhoben. Andererseits nimmt das Amt die Bewertung auf Basis der gesetzlichen Grundlagen vor, für Transportanlagen v. a. Art. 31 der Verordnung über die amtlichen Immobilienbewertungen (VAIB; BR 850.110).

Zu Frage 1: Der Kapitalisierungssatz kann bei Immobilienbewertungen als Nettozinssatz oder Bruttozinssatz dargestellt werden. Der Nettozinssatz entspricht dem Kapitalzinssatz, er bildet die Kapitalkosten und -risiken ab. Dabei werden allgemeine immobilientypische sowie nutzungsspezifische Eigenschaften berücksichtigt. Die besonderen Risiken bei Transportanlagen werden zum Beispiel mit einem Zuschlag von rund 1,5 Prozent abgegolten. In Zahlen ausgedrückt, beträgt der Kapitalzinssatz für Wohnliegenschaften zurzeit 3,25 Prozent, für normale Geschäfts- und Gewerbeliegenschaften 3,75 Prozent und für Transportanlagen rund 5,25 Prozent. Weiter werden in Immobilienbewertungen die Bewirtschaftungskosten ausgewiesen. Sie beinhalten Betriebskosten, Unterhaltskosten, Verwaltungskosten, Kosten für Mietzinsausfälle sowie Abschreibungen. Sie können entweder im Kapitalisierungssatz enthalten sein oder auf der Ertragsseite abgezogen werden. Berücksichtigt man die Bewirtschaftungskosten im Kapitalisierungssatz, resultiert aus der Summe des Nettozinssatzes und dem Anteil der Bewirtschaftungskosten der Bruttozinssatz.

Wenn nun Kapitalisierungssätze unterschiedlicher Bewertungen miteinander verglichen werden, ist darauf zu achten, die Sätze auf gleicher Ebene zu betrachten. Bei Bewertungen der Gastronomie und Hotellerie wird bei amtlichen Bewertungen der Bruttozinssatz angewendet (sämtliche Bewirtschaftungskosten sind im Kapitalisierungssatz integriert). Bei Transportanlagen wird hingegen netto kapitalisiert, da die effektiven Bewirtschaftungskosten bereits im Ertrag abgezogen werden. Methodisch dürfen diese damit nicht nochmals im Kapitalisierungssatz ausgewiesen werden. Damit ist sichergestellt, dass Transportanlagen (netto rund 5,25 Prozent) deutlich höher kapitalisiert werden als Gastro-/Hotelliegenschaften (netto rund 3,75 Prozent), was im Ergebnis zu tieferen Ertragswerten führt. Die betrieblichen Voraussetzungen von Transportanlagen werden in einer Bewertung daher sachgerecht abgebildet.

Zu Frage 2: In amtlichen Bewertungen werden die Transportanlagen linear abgeschrieben. Die angewendete Gesamtlebensdauer ist dabei abhängig vom Anlagetyp. Bei einer geschätzten Lebensdauer von zum Beispiel 25 Jahren erfolgt eine Abschreibung von 4 Prozent pro Jahr. Es ist offenkundig, dass ein Teil der Anlagen über die geschätzte Lebensdauer in Betrieb bleibt. Hat eine Anlage die zu Grunde gelegte Gesamtlebensdauer erreicht oder überschritten, darf jedoch keine kalkulatorische Abschreibung mehr erfolgen. Ansonsten würde die Anlage auf unter null abgeschrieben werden, was nicht sachgerecht ist. Die heutige Praxis ist auch nötig, da die Lebensdauer von Anlagen nicht im Nachhinein festgelegt werden kann. Aus diesen Überlegungen kann daher nicht von einem systematischen Fehler gesprochen werden, wenn die kalkulatorischen Abschreibungen nicht mehr berücksichtigt werden. Bei Betreibern, welche einen massgeblichen Anteil bereits abgeschriebener Anlagen aufweisen, können jedoch tatsächlich Reingewinne ausgewiesen werden, welche aufgrund der ewigen Kapitalisierung (zu) hohe Ertragswerte nach sich ziehen.

Die Regierung wird das Amt für Immobilienbewertung anweisen, diese Thematik bei der Bewertung betroffener Anlagen zukünftig adäquat zu berücksichtigen (z.B. Abschreibungen nur temporär bis Neuinvestitionen weglassen).

18. Oktober 2019