Die Wolfspräsenz in Graubünden bewegt die Bevölkerung und schürt Angst und grosse Befürchtungen. Die Wolfspopulation wächst unaufhaltsam an. Dadurch nehmen auch die Übergriffe von Wölfen zu. In der ersten Phase der Wolfsansiedelung waren vor allem Risse von Wildtieren zu vermelden. In der zweiten Phase – und mit steigender Population – haben sich die Wölfe auf das Reissen von Kleinvieh spezialisiert. Es häufen sich die Meldungen von Landwirten, dass Mutterkuhherden durch den Wolf aufgescheucht oder wegen der Präsenz von Wölfen durchgebrannt seien. Neben Wildtieren und Kleinvieh scheint sich der Wolf neu auch auf Angriffe auf Grossvieh zu spezialisieren. Wenn dies eintrifft, dann sind weitreichende Konsequenzen für die Landwirtschaft, Tourismus und die Bevölkerung zu befürchten.
Die Bauern aus der Surselva haben im Februar 2020 in einem offenen Brief an Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga das Problem wie folgt beschrieben: «Greift ein Wolfsrudel auf der Alp oder auf dem Heimbetrieb eine Mutterkuhherde an, reagiert diese äusserst aggressiv. Eine eigentlich handzahme Mutterkuhherde gerät dann derart in Rage, dass sie einer Lawine gleich alles niedertrampelt, was sich ihr in den Weg stellt. Nach einem solchen Vorfall könnten wir für die Sicherheit von Wanderern und unserer Alphirten nicht mehr garantieren und müssten jede Haftung für unsere Tiere ablehnen. Auch unsere eigene Sicherheit wäre akut gefährdet, weil sich die Tiere bis in den Winter hinein äusserst sensibel und nervös verhalten. Sie erhöhen dadurch die Unfallgefahr selbst im Stall in einem nicht verantwortbaren Masse.»
Obwohl die Landwirtschaft immer bessere und rigorosere Herdenschutzmassnahmen umsetzt, steigt die Anzahl Wolfsübergriffe zusammen mit dem Wachstum der Wolfspopulation unaufhaltsam an. Der Wolf entwickelt sich auch weiter und überlistet immer wieder die Schutzmassnahmen. In den stark betroffenen Regionen stellt sich immer mehr ein Ohnmachtsgefühl ein, dass die Ängste der Bevölkerung nicht ernst genommen werden. Es entsteht der Eindruck, dass in der politischen Güterabwägung der Naturschutz über die Interessen der Landwirtschaft, des Tourismus sowie die Sicherheit der Bevölkerung gestellt wird. Das Hauptproblem dieser unausgeglichenen Güterabwägung scheint nicht beim Kanton Graubünden zu liegen, sondern auf Bundesebene. Es scheint so, als seien die Interessen des Bundesamts für Umwelt (BAFU) wichtiger als die Anliegen und Ängste aus Landwirtschaft, Tourismus und Bevölkerung.
Die Unterzeichnenden sind der Meinung, dass der Kanton Graubünden Gegensteuer geben muss. Deshalb beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung, bei der Bundesverwaltung darauf hinzuwirken, dass die Interessen von Landwirtschaft, Tourismus und Schutz der Bevölkerung bei der Wolfsthematik genügend berücksichtigt werden.
Chur, 19. Juni 2020
Brunold, Michael (Donat), Hug, Alig, Berther, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Caluori, Cantieni, Casutt-Derungs, Cavegn, Deplazes (Rabius), Derungs, Ellemunter, Epp, Fasani, Geisseler, Grass, Hardegger, Hohl, Jochum, Kasper, Kohler, Kunfermann, Lamprecht, Maissen, Mittner, Müller (Susch), Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Ruckstuhl, Sax, Schmid, Schneider, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent), Zanetti (Landquart), Giudicetti