Navigation

Inhaltsbereich

Session: 09.12.2020

Seit nun ca. 111 Jahren wird in unserem Kanton Energie mittels Wasserkraft gewonnen; und gehört sicher zu einem unserer Exportschlager. Die dezentrale Energiegewinnung und Produktionsstätten bringen den peripheren Talschaften neben Arbeitsplätzen und Ausbildungsplätzen auch Steuereinnahmen und, nicht zu vergessen, Einnahmen durch Wasserzinsen, welche für manch eine Gemeinde geradezu existenzielle Bedeutung haben.

Die enormen europäischen Fördermassnahmen gerade in Wind- und Photovoltaikanlagen haben aber leider zur Folge, dass mit den heutigen Energiepreisen keine grösseren Investitionen in der Wasserkraft gewinnbringend umgesetzt werden können.

Mit der Energiestrategie 2050 vom Bund, welche unter anderem vorsieht, auf Kernkraftwerke zu verzichten, werden Langzeitspeicher immer wichtiger. Gemäss Herr Walter Sattinger von der Swissgrid werden diese bald europaweit fehlen.

Umso erstaunlicher ist es, dass gemäss Repower das Projekt Lagobianco, welches so ein Langzeitspeicher wäre, nicht mehr weiterverfolgt wird. Dies mit der Begründung, die Wirtschaftlichkeit sei nicht gegeben und heutzutage würden solche Projekte nicht mehr Unterstützung finden.

Leider steckt aber auch das Projekt Chlus, für dessen Realisierung es ja bekanntlich grosse finanzielle Unterstützung seitens Bund und Politik braucht, im Konzessionsgenehmigungsverfahren fest. Die vorhandenen aktuellen Mittel reichen leider bei weitem nicht aus. Umso erstaunlicher, da dieses Projekt wohl auch von den Umweltverbänden getragen wird, und mit diesem die Schwall-Sunk-Thematik in der Landquart behoben werden könnte.

Immerhin bestätigt der Bundesrat in seiner Medienmitteilung/seinen Faktenblättern vom 03.04.2020, dass die bereits bestehenden Richtwerte für den Ausbau der Wasserkraft für 2035 zu verbindlichen Ausbauzielen erklärt werden sollen. Zudem soll ein Ausbauziel für 2050 ins Gesetz aufgenommen werden.

Die Unterzeichnenden stellen dazu folgende Fragen:

  1. Ist die Regierung auch der Ansicht, dass die Wasserkraft im neuen Energiegesetz eher das Nachsehen hat, zumal sämtliche Vorstösse in letzter Zeit der Photovoltaik zugutekamen?
  2. In Anbetracht dessen, dass die Wasserkraft mit ihren Zinsen eine erhebliche Einnahmequelle für manch eine Gemeinde darstellt: Was unternimmt die Regierung, um die Wasserkraft in unserem Kanton zu stärken?
  3. Ist der Kanton Graubünden bereit, die heimische Kleinwasserkraft im Sinne der Energiestrategie 2050 ebenfalls in vergleichbarem Masse wie die Photovoltaik (Anpassung der Fördermittel per 1.1.2021) zu unterstützen, damit die Wirtschaftlichkeit von diesem Kraftwerkstyp gegeben ist und Investitionen getätigt werden?
  4. Durch die Energiestrategie 2050 und die Energiegesetzgebung werden neue erneuerbare Energien für die dezentrale Anwendung stark gefördert. Die Verwendung dieser neuen erneuerbaren Energien hat Vorrang vor der heute produzierten heimischen Wasserkraft (Merit Order). Dies hat zur Folge, dass auch die Konzessionsabgaben und Wasserzinsen für die Gemeinden abnehmen werden. Wie wirkt der Kanton dem entgegen?
  5. Wie stellt sich die Regierung zum Standpunkt, dass Gemeinden, welche von gewerbsmässigen Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen betroffen sind, für diese Energiegewinnung entschädigt werden (z.B. Windkonzession, Sonnenkonzession)?
  6. Was unternimmt die Regierung, um Ausbauprojekte wie z.B. Chlus oder auch Lagobianco zu fördern? Nimmt die Regierung hier eine aktive Rolle beim Bund ein?

Davos, 9. Dezember 2020

Gort, Favre Accola, Koch, Brandenburger, Salis

Antwort der Regierung

Die Stromproduktion aus Wasserkraft in der Schweiz beläuft sich im langjährigen Durchschnitt auf 36,5 Terrawattstunden (TWh), damit trägt sie aktuell rund 56 Prozent zur gesamten Schweizer Stromproduktion bei. Über ein Fünftel der schweizerischen Stromproduktion aus Wasserkraft stammt aus dem Kanton Graubünden. Die Regierung teilt die in der Anfrage vertretene Auffassung über die grosse energie- und volkswirtschaftliche Bedeutung der Wasserkraft für unseren Kanton. Durch die Nutzung der heimischen Wasserkraft bleiben Arbeitsplätze in den peripheren Talschaften und Regionen erhalten und es werden Aufträge für die lokale Industrie und das Gewerbe generiert. Der volkswirtschaftliche Nutzen geht weit über die reine Stromproduktion hinaus. Die Regierung ist sich überdies auch der grossen finanziellen Bedeutung der Stromproduktion für Gemeinden und Kanton bewusst.

Zu Frage 1, 2 und 4: Auf Ebene Bund sieht das Energiegesetz (EnG; SR 730.0) neben der Förderung der neuen Erneuerbaren u.a. auch Investitionsbeiträge für die Wasserkraft vor. Zusammen mit den Gebirgskantonen und weiteren Wasserherkunftsgebieten setzt sich die Regierung stark dafür ein, dass die Rahmenbedingungen für die Wasserkraftnutzung mit dem künftigen Strommarktdesign verbessert werden. Der Wert der Wasserkraft als Rückgrat der Schweizer Stromversorgung im Rahmen der Energiestrategie 2050 muss von der Politik anerkannt und in Wert gesetzt werden. Keineswegs darf die Wasserkraft das Nachsehen gegenüber der Photovoltaik haben. Ist die Wasserkraft richtig positioniert (Strommarktdesign), können die Stromproduzenten auch adäquate Wasserzinsen tragen. Denn das Ziel beim Wasserzins ist und bleibt unverändert: Dieser muss auch langfristig ein attraktives und faires Entgelt für die Bereitstellung der Ressource Wasser sein. Damit die Wasserkraft im Kanton gestärkt wird, erarbeitet die Regierung derzeit eine kantonale Wasserkraftstrategie, die mitunter auch Heimfälle umfasst. Überdies ist sie mit dem Bund und der Branche in stetigem Austausch, sodass auch in Zukunft weitere, für die Energiestrategie 2050 wichtige Projekte realisiert werden können (vgl. Frage 6).

Zu Frage 3: Die finanzielle Förderung der verschiedenen Produktionstechnologien ist im EnG auf Bundesebene geregelt. Höchste Priorität muss den Grosswasser(-speicher-)kraftwerken zukommen, denn sie werden im Wesentlichen die (Winter-)Energielücke nachhaltig schliessen können. Der Erhalt und die Optimierung bestehender Kleinwasserkraftwerke ist ebenfalls wichtig. Das Potenzial von neuen, vom Bund nicht geförderten Kleinst(-lauf-)wasserkraftwerke ist dagegen bescheiden und eine finanzielle Förderung stuft die Regierung hier nicht als prioritär ein.

Zu Frage 5: Die Gemeinden können für die Zurverfügungstellung ihres Grund und Bodens für Stromproduktionsanlagen eine Entschädigung erhalten (Sondernutzung des Bodens). Anders als die Nutzung der Wasserkraft stellt die Elektrizitätsproduktion oder Wärmegewinnung aus Windkraft und Sonnenenergie für sich jedoch keine konzessionspflichtige Sondernutzung dar und es sind keine Monopole an diesen Allgemeingütern begründet. Es steht den Gemeinden frei, auf eine Beteiligung an den Produktionsanlagen hinzuwirken (Analog Partnerwerke bei der Wasserkraft). Durch eine gezielte Beteiligung der Gemeinden können Einnahmequellen für die Standortgemeinden erschlossen werden.

Zu Frage 6: Das Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat mit Vertretern der Branche, der Umweltverbände und den Kantonen im Sommer 2020 einen Runden Tisch einberufen, damit die im Energiegesetz gesetzten Ausbauziele bei der Wasserkraft bis 2050 auch erreicht werden können. Seitens Bund werden zur Zielerreichung u.a. weitere finanzielle Förderungen geprüft. Als einer der wichtigsten Wasserkraftkantone bringt sich Graubünden sowohl auf der politischen als auch fachlichen Ebene aktiv ein, um namentlich die Projekte "Chlus" und "Lagobianco" rasch einer Realisierung zuzuführen.

1. März 2021