Die COVID-19 Pandemie wird nach Ansicht vieler Wirtschaftsprognostiker zu einer Beschleunigung der bereits bestehenden Trends führen. So ist insbesondere mit einer Beschleunigung der Automatisierung und der Digitalisierung, aber auch mit einer Delokalisierung der Wissensarbeitsplätze zu rechnen. Als Folge davon ist von einem verstärkten Umbau der Arbeitsplatzangebote und von der Entstehung von neuen Berufsbildern auszugehen. Dies bedeutet eine Chance und gleichzeitig eine Gefahr für die Arbeitsplätze in Graubünden.
Die Anfragenden sind der Auffassung, dass es Aufgabe des Staates sein sollte, diesen Umbau zu fördern und Arbeitnehmende und Selbständige zur proaktiven Weiterbildung zu animieren. Die Regierung stellt in den Ausführungen in der Botschaft zum Gesetz zur Förderung der digitalen Transformation in Graubünden (Heft Nr. 13/ 2019 – 2020, Seite 1033) in Aussicht, auf KMU ausgerichtete Aus- und Weiterbildungsprogramme zu fördern, die einen direkten oder indirekten Beitrag zur digitalen Transformation der Unternehmen leisten. Mit den angestrebten Weiterbildungen könne auch dazu beigetragen werden, die Befähigung im Umgang mit den neuen Technologien zu verbessern und damit ältere Arbeitnehmende länger im Arbeitsprozess zu behalten oder den Wiedereinstieg von Müttern in die Arbeitswelt zu begünstigen.
Gemäss Stipendiengesetz des Kantons Graubünden (StipG, BR 450.200) fördert der Kanton nur Erstausbildungen mit Stipendien. Art. 2 Abs. 3 legt explizit fest, dass an Gesuchstellende in Zweitausbildung oder Weiterbildung in der Regel nur Darlehen gewährt werden können. Der Kanton ist nicht der einzige Darlehensgeber. So gibt es zahlreiche Stiftungen und Berufsverbände, welche unter spezifischen Voraussetzungen und nur für bestimmte Berufe bzw. Branchen Stipendien und Darlehen gewähren.
Arbeitnehmende und Selbständige in Berufen der «alten» Wirtschaftswelt haben sehr oft Familie und können die durch eine Zweitausbildung oder Weiterbildung entstehende Einkommensreduktion oder den Erwerbsausfall kaum tragen. Darlehen sind in solchen Situationen oft keine geeignete Lösung und werden daher auch nur wenig in Anspruch genommen. Erst im Rahmen einer Arbeitslosigkeit oder eines unmittelbar drohenden Arbeitsplatzverlustes schreitet der Staat über die Arbeitslosenversicherung ein und richtet Beiträge an Zweit- und Weiterbildungen als arbeitsmarktliche Massnahmen aus.
Die Regierung wird daher um Beantwortung der folgenden Fragen gebeten:
- Wie schätzt die Regierung die Situation in Graubünden hinsichtlich der Umwandlungsdynamik der Arbeitsplatzangebote nach der COVID19-Pandemie ein?
- Wie sieht die Regierung die Aufgabe des Kantons hinsichtlich Begleitung dieser Umwandlungsdynamik und Förderung von zukunftsfähigen und neuen Berufsbildern?
- Teilt die Regierung die Auffassung, dass eher Stipendien als Darlehen dazu dienen könnten, Arbeitnehmende und Selbständige in nicht zukunftsfähigen Berufen zu animieren, sich mittels einer Zweitausbildung oder einer Weiterbildung für die Zukunft fit zu machen?
- Wäre die Regierung bereit, das Stipendiengesetz dahingehend zu revidieren, dass auch Stipendien an Gesuchstellende in Zweitausbildungen oder Weiterbildungen ausgerichtet werden können, sofern sie den Zielen der Förderung zukunftsfähiger und neuer Berufsbilder dienen?
Davos, 21. April 2021
Loepfe, Caluori, Maissen Berther, Bondolfi, Brunold, Cantieni, Casutt-Derungs, Crameri, Della Vedova, Deplazes (Rabius), Derungs, Epp, Fasani, Florin-Caluori, Föhn, Geisseler, Kunfermann, Märchy-Caduff, Paterlini, Sax, Schneider, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Zanetti (Landquart), Decurtins-Jermann, Federspiel, Heini, Spagnolatti