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Session: 16.06.2021

Unverständlicherweise hat der Bundesrat in seiner Medienmitteilung vom 12.5.2021 festgehalten, dass es aus seiner Sicht nicht nötig sei, das Zweitwohnungsgesetz anzupassen und zusätzliche Massnahmen zur Standortförderung zu ergreifen. Einzig beim Vollzug, bei den Wissensgrundlagen sowie den Schlüsselbegriffen der Beherbergungswirtschaft erkennt der Bundesrat Handlungsbedarf. Diese Haltung ist enttäuschend und verkennt die Realität, was die Bündner Regierung wie auch die Regierungskonferenz der Gebirgskantone zum Ausdruck gebracht haben. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) stellt ebenfalls «Konstruktionsfehler» beim Zweitwohnungsgesetz fest, welche korrigiert werden müssen. Das Wirtschaftsforum Graubünden stellt in seiner aktuellen Ausgabe «Zahlen und Fakten aus der Bündner Wirtschaft» (Juni 2021) – im Gegensatz zum Bundesrat – fest, dass die Zweitwohnungsinitiative einen starken Einbruch beim Zweitwohnungsbau zur Folge hat. Unter diesen Umsatzeinbrüchen leiden vor allem Firmen und deren Arbeitnehmerschaft in den peripheren Regionen.

In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass verschiedene Bestimmungen und bundesgerichtliche Auslegungen des Zweitwohnungsgesetzes unerwünschte und nicht bedachte Auswirkungen haben. Das zentrale Argument bei der Zweitwohnungsinitiative war die Eindämmung von neuen Zweitwohnungen auf der grünen Wiese. Das Zweitwohnungsgesetz tangiert und schränkt jedoch auch die Weiterentwicklung der altrechtlichen Wohnungen und Hotelbetriebe ein. Dies gilt es zu korrigieren. Beispielhaft und nicht abschliessend werden nachfolgend drei entstandene Problemfelder aufgeführt.

  • Gemeinden mit über 20 Prozent Zweitwohnungen müssen bei der Erstellung von Erstwohnungen einen Bedarfsnachweis erstellen. Dieser Nachweis kommt einer Diskriminierung vorwiegend der Berggemeinden gleich, erschwert die Erstellung von Wohnraum für Einheimische und muss aufgehoben werden.
  • Nationalrat Martin Candinas hat am 19.6.2020 die parlamentarische Initiative (20.456) «Unnötige und schädliche Beschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes in Sachen Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Wohnungen aufheben» eingereicht. Diese verlangt, dass die 30 Prozent Erweiterung der Hauptnutzfläche von altrechtlichen Wohnungen bei der Schaffung von zusätzlichen Wohnungen wie auch bei Abbruch und Wiederaufbau zulässig ist. Für die innere Entwicklung und für die verdichtete Bauweise ist diese Stossrichtung weiter zu verfolgen.
  • Die strenge bundesgerichtliche Auslegung des Standortes von zu Hotels dazugehörenden bewirtschafteten Zweitwohnungen erschwert – ja teilweise sogar verunmöglicht – die Weiterentwicklung von neuen Übernachtungsangeboten in der Hotellerie.

Die Regierung wird beauftragt, bei den Bundesbehörden auf eine Revision des Zweitwohnungsgesetzes im Sinne der obigen Ausführungen hinzuwirken. Die Regierung und die kantonalen Ämter sollen für dieses Anliegen geeignete Organisationen mit Bezug zum Zweitwohnungsgesetz – wie beispielsweise die Regierungskonferenz der Gebirgskantone oder die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) – einspannen.

 

Davos, 16. Juni 2021

Derungs, Kasper, Lamprecht, Berther, Berweger, Bettinaglio, Bondolfi, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Casty, Casutt-Derungs, Clalüna, Crameri, Danuser, Deplazes (Rabius), Ellemunter, Engler, Epp, Fasani, Felix, Gort, Grass, Gugelmann, Hardegger, Hitz-Rusch, Hohl, Jochum, Kienz, Koch, Kohler, Kunfermann, Loepfe, Märchy-Caduff, Michael (Donat), Müller (Susch), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Ruckstuhl, Sax, Schmid, Schneider, Schutz, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Weber, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Landquart)

Antwort der Regierung

Gemäss Art. 19 des Bundesgesetzes über Zweitwohnungen (ZWG; SR 702) untersuchen das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) zusammen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) regelmässig die Wirkungen des ZWG, erstmals vier Jahre nach Inkrafttreten des ZWG (was am 1. Januar 2016 erfolgte). Entsprechend nahm der Bund die Arbeiten für eine solche Wirkungsanalyse im Frühling 2019 auf. Der Kanton Graubünden, vertreten durch das Departement für Volkswirtschaft und Soziales (DVS), hat im Rahmen der Vorstudie am Expertenworkshop teilgenommen und war bezüglich der darauffolgenden Analyse in der Begleitgruppe vertreten. Zudem wurde das DVS als kantonale Aufsichtsstelle betreffend das ZWG im Rahmen der Vorstudie und im Rahmen der Analyse von den beauftragten Büros interviewt.

Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) wurde vom Bund ebenfalls für die Erarbeitung der Wirkungsanalyse beigezogen, genau wie weitere Bergkantone. Die RKGK hat dafür eine Delegation der vom ZWG hauptbetroffenen Kantone gebildet und so gemeinsame Haltungen definiert, um diese im Rahmen der Vorstudie und Analyse gebündelt einbringen zu können. Entsprechend wurden die Punkte, die aus Sicht des Kantons Graubünden und der RKGK im ZWG zu korrigieren bzw. zu verbessern wären, wenn immer möglich beim Bund oder den beauftragten Büros deponiert.

Die Wirkungsanalyse wurde seitens des Bundes am 12. Mai 2021 mit einer Medienmitteilung veröffentlicht. Aus Sicht des Kantons sind das Ergebnis, die gezogenen Schlüsse und die abgeleiteten Massnahmen enttäuschend (s. auch Medienmitteilung der RKGK vom 12. Mai 2021). Die RKGK ist – wie auch der Kanton – der Auffassung, dass das ZWG verbesserungswürdig ist. Es wären ohne Beeinträchtigung des Schutzniveaus Verbesserungen am ZWG möglich, die insbesondere der regionalwirtschaftlichen Entwicklung, der Rechtssicherheit und der Anwendung im Vollzug dienen. Es besteht bei Gesetzesbestimmungen, deren Anwendung zu objektiv stossenden Ergebnissen führen, Handlungsbedarf. Die Folgen, die sich gesamtwirtschaftlich vor allem in den touristischen Regionen der Gebirgskantone zeigen, sowie die Problematiken, die sich in der Praxis bei der Anwendung des Gesetzes stellen, wurden im Rahmen der Wirkungsanalyse zu wenig erkannt und aufgenommen.

Die RKGK wird mit vereinten Kräften – insbesondere auch mit dem Kanton Graubünden als einem der stärksten Partner in Sachen ZWG – auf Bundesebene und im Parlament weiterhin auf Anpassungen des ZWG hinwirken, ohne das Schutzziel der Bundesverfassung aus den Augen zu verlieren. Sie wird die parlamentarische Beratung im Zusammenhang zu den verschiedenen derzeit hängigen und möglicherweise auch neu hinzukommenden Vorstössen eng verfolgen und ihre Positionen dabei einfliessen lassen. Weiter werden laufend Gespräche mit verschiedenen Stakeholdern geführt, um die Anliegen der RKGK und des Kantons in Sachen ZWG einzubringen. Diese Arbeiten werden in den folgenden Jahren aufrechterhalten, auch zumal der Bund für das Jahr 2025 bereits die nächste Wirkungsanalyse angekündigt hat.

Der Auftrag ist somit bereits in Umsetzung. Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

30. August 2021