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Session: 16.06.2021

Über den Lohn zu reden, ist in der Schweiz ein Tabu, Lohntransparenz nicht nur sprachlich ein Fremdwort. Dies behindert unter anderem jeglichen Fortschritt in Sachen Lohngleichheit zwischen Frau und Mann. Es gibt unzählige Schilderungen von Frauen, namentlich von Kaderfrauen, die durch puren Zufall erfahren, dass ihr Kollege – im besten Fall einer mit vergleichbarer Ausbildung und vergleichbar langer Verweildauer im Betrieb – einen höheren Lohn kassiert als sie. Dagegen vorzugehen, ist alles andere als einfach, da die Beweislast gemäss Gleichstellungsgesetz bei der Frau liegt und nicht etwa bei der Arbeitgeberin.

Eines der Mittel gegen solche Vorkommnisse ist die Herstellung von Transparenz. Die Unterzeichnenden fordern die Regierung auf, Lohntransparenz in der kantonalen Verwaltung einzuführen. Die kantonale Verwaltung wird durch Steuergelder alimentiert, und deshalb besteht ein erhöhtes Interesse der Öffentlichkeit und der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu erfahren, wie diese Steuergelder eingesetzt werden. Der Kanton Graubünden ist einer von zwei (!) Kantonen in der Schweiz, die fast keine Informationen über die in der Verwaltung bezahlten Löhne bekannt geben. In den übrigen Kantonen können die Lohntabellen mit den Lohnklassen und den Lohnbandbreiten auf den entsprechenden Websites eingesehen werden. Lediglich in der Verordnung zu unserem Personalgesetz werden die Grundsätze der Lohntabelle in Artikel 18 geschildert, so dass eine gut informierte Mitarbeiterin den ungefähr ausbezahlten Lohn errechnen kann. Es ist noch nicht so lange her, dass kantonale Mitarbeitende auf der Lohnabrechnung keine Angaben zu ihrer Lohnklasse finden konnten. Intransparent ist zudem, welche Kriterien der Funktionsanalyse zu welchen Lohneinreihungen führen und warum es bei Neueinstellungen zu einer verzögerten Lohnentwicklung kommt.

Die EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen hat am 8. März 2021 eine neue Richtlinie zur Lohntransparenz in die Vernehmlassung geschickt. Darin werden unter anderem die Betriebe zur Bekanntgabe des Einstiegslohns in der Stellenausschreibung verpflichtet. In Österreich ist die Angabe des Einstiegslohns in Stelleninseraten seit zehn Jahren obligatorisch. Argumentiert wird auch ausdrücklich mit der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann.

Selbst in der Schweiz gibt es Betriebe, die Lohntransparenz kennen. Allen voran die Zürcher Verkehrsbetriebe VBZ oder die Organisation «Médecins Sans Frontières». Die interkantonale Personalberatung «careerplus» macht dies ebenfalls auf ihrem Jobportal.

Zur Herstellung von Lohntransparenz in der kantonalen Verwaltung fordern die Unterzeichnenden die Regierung auf:

  1. Die Lohntabelle mit den Lohnklassen und den Lohnbandbreiten für alle zugänglich und zuhanden der interessierten Öffentlichkeit im Internet zu publizieren.
  2. In den Stelleninseraten der kantonalen Verwaltung den Einstiegslohn für die jeweilige Lohnklasse bekannt zu geben.
  3. Die Mitarbeitenden der kantonalen Verwaltung transparent und verständlich über ihre Lohneinreihung und Lohnentwicklung zu informieren.

Davos, 16. Juni 2021

Hofmann, Müller (Felsberg), Noi-Togni, Atanes, Baselgia-Brunner, Cantieni, Caviezel (Chur), Degiacomi, Gartmann-Albin, Horrer, Perl, Preisig, Rettich, Rutishauser, Schwärzel, von Ballmoos, Wilhelm, Spadarotto, Stieger, Tomaschett (Chur)

Antwort der Regierung

Zu Punkt 1: Die Grundsätze der Entlöhnung sind in Art. 18 ff. des Gesetzes über das Arbeitsverhältnis der Mitarbeitenden des Kantons Graubünden (Personalgesetz, PG; BR 170.400) festgelegt und damit öffentlich zugänglich. Aus diesen Angaben lässt sich die Lohntabelle mit den Gehaltsklassen und den Lohnbandbreiten errechnen. Im Rahmen der Überarbeitung des Arbeitgeberauftritts der Kantonalen Verwaltung wird das Personalamt die Lohntabelle in geeigneter Form im Internet publizieren.

Zu Punkt 2: Für die Arbeitsplatzbewertungen werden insbesondere die Grundanforderungen, die geistigen, charakterlichen und körperlichen Anforderungen sowie die Beanspruchungen und Arbeitsbedingungen berücksichtigt (Art. 21 Abs. 2 PG). Die Bewertung der einzelnen Funktionen nach den Kriterien gemäss Art. 21 Abs. 1 PG ergeben einen analytisch und systematisch ermittelten Wert, der die objektive Einreihung der Stellen in die Funktionsklassen bestimmt.

Für die Lohnfestsetzung der neu eintretenden Mitarbeitenden berücksichtigt das Personalamt die Ausbildung, die Berufs- und Lebenserfahrung sowie besondere Kenntnisse und Fertigkeiten in Erziehung, Betreuung und Organisation. Der interne Quervergleich, die Branchenüblichkeit und die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sind weitere Kriterien für die Lohnfestsetzung (Art. 16 Abs. 1 der Personalverordnung [PV; BR 170.410]). Das Personalamt stellt so eine einheitliche Praxis beim Anfangslohn sicher.

In den Stelleninseraten den Einstiegslohn (100 % des Lohnbandes) für die jeweilige Gehaltsklasse bekannt zu geben, könnte aus Sicht der Regierung potentielle Stellenbewerberinnen und -bewerber abhalten, sich auf eine offene Stelle zu bewerben, da der tatsächliche Lohn höher sein kann (potentiell bis zu 142 %). Umgekehrt kann, wenn die notwendige Ausbildung noch fehlt, eine Untereinreihung erfolgen, bei welcher der tatsächliche Lohn unter den publizierten 100% des Lohnbandes liegt.

Zu Punkt 3: Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter des Kantons hat die Möglichkeit, über das Online-Portal des Personalamts seine persönliche Lohnabrechnung abzurufen. Sämtliche Veränderungen in der Lohnabrechnung führen automatisch dazu, dass die Lohnabrechnung der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter per Post zugestellt wird. So wird sichergestellt, dass Mitarbeitende, auch ohne PC-Zugang, über ihren Lohn informiert sind. Bei der Beantwortung der Anfrage Cavegn (Dezembersession 2018) betreffend Lohntransparenz für kantonale Angestellte hat die Regierung das Personalamt angewiesen, auf der Lohnabrechnung die für die Bestimmung des Lohns massgebenden Informationen bzw. die Gehaltsklasse und den Stand in der individuellen Lohnentwicklung innerhalb der Gehaltsklasse auszuweisen. Die Anpassung der Lohnabrechnung erfolgte per 1. Juli 2019. Zudem ist im Intranet des Personalamts die Lohntabelle abrufbar.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, Punkt 1 des vorliegenden Auftrags zu überweisen, den Punkt 2 abzulehnen und den Punkt 3 als erledigt abzuschreiben.

13. August 2021