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Session: 16.06.2021

Im Kanton Graubünden besucht jedes Kind gemäss Schulgesetz die Schule jener Gemeinde, in der es sich mit der Einwilligung der Erziehungsberechtigten dauernd aufhält. Auf Gesuch der Erziehungsberechtigten kann ein Kind in begründeten Fällen in die Schule einer anderen Schulträgerschaft aufgenommen werden. Sind es persönliche Interessen, welche zum Schulwechsel führen, haben die Erziehungsberechtigten für das Schulgeld und die allfälligen Transportkosten aufzukommen. Sind keine persönlichen Interessen des Kindes ausschlaggebend, kommt der abgebende Schulträger für das Schulgeld und Transportkosten auf.

Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf haben Anspruch auf sonderpädagogische Massnahmen. Diese sonderpädagogischen Massnahmen können niederschwelliger oder hochschwelliger Art sein. Die Schulträgerschaften gewährleisten das sonderpädagogische Angebot und dessen Umsetzung im niederschwelligen Bereich.

Hochschwellige Massnahmen können unter anderem der Unterricht in Sonderschulen, die dazugehörige Betreuung oder gar eine stationäre Betreuung sein. Das Amt ordnet die hochschwelligen Massnahmen an und der Kanton finanziert diese auch. Die Regierung kann eine Kostenbeteiligung der Schulträgerschaft pro betroffenes Schulkind beschliessen. Die Kostenbeteiligung darf nicht mehr als 15 Prozent der jährlichen durchschnittlichen kantonalen Kosten pro Schülerin und Schüler betragen. Die gängige Praxis sind 21 Franken pro Tag, was Kosten von 7 665 Franken pro Jahr entspricht. Die Umsetzung kann integrativ in der Regelklasse erfolgen, insofern es für das Schulkind vorteilhaft ist und es für die Regelklasse tragbar ist. Zum Beispiel kann ein hör- oder sehbehindertes Kind die Regelschule besuchen und wird mit Therapien und integrativen Förderformen begleitet.

In vereinzelten Fällen sollte die integrierte Beschulung von Kindern im hochschwelligen Bereich in einer anderen Schulträgerschaft durchgeführt werden können, falls dies für das Kind von Vorteil ist. Das dabei anfallende Schulgeld muss der abgebende Schulträger bezahlen. Zum Beispiel könnte ein romanisch sprechendes, hörbehindertes Kind in einer deutschen Regelschule unterrichtet werden, damit die Voraussetzungen für das Erlernen der Gebärdensprache, die es im Romanischen nicht gibt, gegeben sind.

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, dass das Amt für Volksschule und Sport für das Schulgeld aufkommt, insofern eine Beschulung in einer anderen Schulträgerschaft die sonderpädagogischen Massnahmen im hochschwelligen Bereich ermöglicht und keine gleichwertige Alternative vorhanden ist.

 

Davos, 16. Juni 2021

Ulber, Kasper, Schwärzel, Baselgia-Brunner, Bettinaglio, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Cantieni, Casutt-Derungs, Clalüna, Crameri, Danuser, Degiacomi, Derungs, Epp, Favre Accola, Felix, Florin-Caluori, Föhn, Gartmann-Albin, Geisseler, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Horrer, Kohler, Kunfermann, Lamprecht, Loepfe, Maissen, Märchy-Caduff, Michael (Donat), Müller (Susch), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Rettich, Ruckstuhl, Rüegg, Rutishauser, Sax, Schmid, Thomann-Frank, Tomaschett-Berther (Trun), Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Landquart), Bürgi-Büchel, Spadarotto, Stieger

Antwort der Regierung

Art. 69 des Gesetzes für die Volksschulen des Kantons Graubünden (Schulgesetz; BR 421.000) regelt den Grundsatz der Finanzierung der Schulen. Dieser sieht vor, dass die Schulträgerschaften die Kosten für die öffentliche Volksschule tragen (z. B. Lohnkosten der Klassenlehrpersonen, Overheadkosten, Raumkosten etc.), soweit die Gesetzgebung keine anderen Kostenträger vorsieht. Der Kanton beteiligt sich an den Kosten der Schulträgerschaften mit verschiedenen Beiträgen, namentlich mit der Regelschulpauschale sowie weiteren Beiträgen in den Bereichen Schulleitung, Kleinschulen, Transport, Massnahmen im niederschwelligen Bereich oder bei weiter gehenden Tagesstrukturen. Im sonderpädagogischen Angebot trägt gemäss Art. 78 des Schulgesetzes der Kanton die Kosten im hochschwelligen Bereich (separative und integrative Sonderschulung), die Schulträgerschaften beteiligen sich daran mit pauschalen Beiträgen. Dabei trägt der Kanton jedoch ausschliesslich jene Kosten, welche für die hochschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen anfallen. Bei einer separativen Sonderschulung ist dies, abgesehen von den überschaubaren Beiträgen der Schulträgerschaften und Erziehungsberechtigten, der überwiegende Teil der Kosten. Bei der integrativen Sonderschulung hingegen bleiben die Schülerinnen oder Schüler (SuS) in der Regelklasse und werden zusätzlich zum Regelschulunterricht durch sonderpädagogische Lehr-, Fach- oder Assistenzpersonen mit durchschnittlich acht Lektionen unterstützt. In diesen Fällen übernimmt der Kanton die Kosten für die zusätzliche Förderung während diesen Lektionen. Die übrigen Lektionen, welche die integrierten SuS besuchen, werden ausschliesslich durch die Klassenlehrperson der Regelschule erteilt. Diese Kosten hat, wie eingangs bereits erwähnt, nicht der Kanton, sondern die Schulträgerschaft der Regelschule zu tragen. Jährlich wechseln SuS aus unterschiedlichen Gründen an eine andere als die für sie zuständige Schulträgerschaft. Dies unter anderem, weil die zuständige Schulträgerschaft ihre speziellen pädagogischen Bedürfnisse nicht abdecken kann, z. B. bei talentierten oder besonders begabten SuS, wenn die Bereitstellung des Angebots für die Schulträgerschaft zu teuer, oder weil eine Beschulung der SuS nicht mehr möglich ist (z. B. bei Mobbing oder disziplinarischen Problemen). Der häufigste Fall ist jedoch, dass eine Schulträgerschaft mangels SuS einzelne Schulstufen (oft Sekundarstufe I) oder unter Umständen gar keine Schule mehr führt. Die betroffenen SuS besuchen dann meist die Schule der benachbarten Schulträgerschaft. Gemäss Art. 6 Abs. 2 der Verordnung zum Schulgesetz (Schulverordnung; BR 421.010) hat bei einem Schul­wechsel (Schulbesuch in einer anderen Schulträgerschaft) aus den genannten Gründen in der Regel die abgebende Schulträgerschaft das Schulgeld und allfällige Transportkosten zu bezahlen. Diese Regelungen gelten für alle SuS der Volksschule, das heisst für Regelschülerinnen und -schüler sowie für SuS der integrativen Sonderschulung. Das Schulgeld, welches die abgebende Schulträgerschaft zu leisten hat, entspricht den Kosten, welche grundsätzlich bei der aufnehmenden Schulträgerschaft für den Regelschulbereich anfallen und welche diese gemäss Art. 69 des Schulgesetzes zu tragen hat. In einigen Fällen von Schulwechseln verlangen die aufnehmenden Schulträgerschaften jedoch nur einen stark reduzierten Betrag oder verzichten ganz auf die Zahlung eines Schul­gelds, weil der Wechsel bei ihnen in der Regel keine oder nur sehr geringe Mehrkosten auslöst. Die zusätzlichen Kosten für die sonderpädagogischen Massnahmen im Falle einer integrativen Sonderschulung werden vom Kanton getragen. Aus Sicht der Regierung ist die Regelung betreffend Kostenträger im Volksschulbereich klar, konsequent und für alle betroffenen Schulträgerschaften sowie SuS gleich. Die im Auftrag Ulber geforderte zusätzliche Übernahme des Schulgelds bei Schulwechseln von SuS mit integrativer Sonderschulung neu durch den Kanton bedeutet eine Abkehr von dieser Regelung in einem einzigen Bereich und aufgrund eines Einzelfalls. Der Schulbesuch von Regelschülerinnen und -schülern in einer anderen Schulträgerschaft würde dadurch anders geregelt als jener von SuS der integrativen Sonderschulung, was eine Ungleichbehandlung der betroffenen abgebenden Schulträgerschaften mit sich bringt. Im Weiteren hat die Änderung im Bereich Sonderpädagogik mittelfristig einen weiteren Kostenanstieg zur Folge, da eine Änderung der Finanzierungsregelungen erfahrungsgemäss immer zu einer Ausweitung der Fälle führt. Die Regierung geht deshalb von geschätzten Mehrkosten in der Höhe von jährlich rund 100 000 Franken aus.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

30. August 2021