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Session: 20.10.2021

Gemäss einer Studie ist zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 der durchschnittliche Internetverkehr weltweit um 15 bis 30 Prozent angestiegen.

Auch Jugendliche lieben es, im Internet zu surfen und zu chatten. Das wissen auch Pädophile und lauern den Kindern in den Netzwerken auf. Dass Kinder leichte Opfer sind, erstaunt nicht wirklich, denn die Urteilsfähigkeit entwickelt sich erst im Alter von 11 bis 14 Jahren.

Medienberichten zufolge muss davon ausgegangen werden, dass die Pädophilie im Internet während des Lockdowns und des Homeoffice ebenfalls zugenommen hat.

Laut der nationalen Plattform «Jugend und Medien» des Bundesamtes für Sozialversicherungen wurden hierzulande bereits 13 Prozent der 12- bis 13-Jährigen, 23 Prozent der 14- bis 15-Jährigen sowie 33 Prozent der 16- bis 17-Jährigen schon einmal übers Internet von einer Person mit sexuellen Absichten angesprochen.

Für die Strafverfolgung von Pädokriminalität sind die Kantone zuständig. Viele Verdachtsmeldungen erfolgen aus dem Ausland und werden via Bundesamt für Polizei (fedpol) den Kantonen zur weiteren Bearbeitung zugewiesen. Das fedpol fungiert als Zentralstelle, koordiniert und stellt den Informationsaustausch zwischen den Kantonen und den ausländischen Partnern oder auch spezialisierten Organisationen sicher. Weiter stellt es auch die operative Koordination von komplexen nationalen oder interkantonalen Fällen sicher. Dies erfolgt innerhalb des Netzwerks Ermittlungsunterstützung digitaler Kriminalitätsbekämpfung (NEDIK). Das Netzwerk besteht seit dem 1. Januar 2021.

In diesem Zusammenhang wird die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen ersucht:

  1. Wie beurteilt der Kanton die Zusammenarbeit mit dem fedpol in diesem Bereich und gibt es allfällige Verbesserungsansätze dazu? Falls ja, wie sehen diese aus?
  2. Ist die Regierung der Ansicht, dass in Sachen Pädophilie im Internet mit der Rollenteilung zwischen Bund und Kantonen eine zielgerichtete Bekämpfung der Pädokriminalität gewährleistet ist und wie kommt man allenfalls zu dieser Erkenntnis?
  3. Wie viele Fälle von Pädophilie im Internet wurden in den letzten fünf Jahren im Kanton bearbeitet und geahndet?
  4. Haben die Fälle während der Corona-Zeit in unserem Kanton ebenfalls zugenommen und falls ja, wie sehen die Zahlen dazu aus?

Chur, 20. Oktober 2021

Gartmann-Albin, Favre Accola, Pajic, Atanes, Baselgia-Brunner, Berther, Brandenburger, Cahenzli-Philipp, Cantieni, Caviezel (Chur), Degiacomi, Della Cà, Deplazes (Rabius), Gugelmann, Hartmann-Conrad, Hofmann, Horrer, Märchy-Caduff, Müller (Felsberg), Perl, Preisig, Rettich, Rutishauser, Schwärzel, von Ballmoos, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Wilhelm, Bürgi-Büchel, Stieger, Stocker, Tomaschett (Chur)

Antwort der Regierung

Zu Frage 1: Die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und Polizeikommandanten (KKPKS) hat im 2018 das Netzwerk Ermittlungsunterstützung digitaler Kriminalitätsbekämpfung (NEDIK) gegründet. Innerhalb von NEDIK übernimmt das Bundesamt für Polizei (fedpol) die Koordinationsrolle, insbesondere die internationale Fallkoordination mit den Partnerbehörden im Ausland wie Europol oder Interpol. Fedpol bearbeitet und triagiert für NEDIK Verdachtsmeldungen von ausländischen Partnerbehörden damit die jeweils zuständige kantonale Staatsanwaltschaft ein Verfahren einleiten kann, sobald sich ein Verdacht erhärtet. Die Zusammenarbeit mit fedpol funktioniert gut. Verbesserungsansätze werden momentan keine gesehen.

Zu Frage 2: Die Kantone und der Bund haben mit NEDIK eine neue Zusammenarbeitsform geschaffen, die eine bessere Vernetzung aller involvierten Stellen gewährleistet und die Spezialisten-Ressourcen bündelt, damit die Bekämpfung der digitalen Kriminalität koordiniert und effizient erfolgen kann. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Bekämpfung der Pädokriminalität. Um die Effizienz in der Strafverfolgung von Pädokriminalität zu erhöhen, hat die KKPKS u.a. entschieden, dass die von fedpol bisher erbrachten Leistungen zur Bekämpfung der Pädokriminalität ab Januar 2021 von den Kantonen Zürich, Bern und dem Konkordat Romandie-Bern-Tessin übernommen werden. So stellt beispielsweise der Kanton Bern seit 1. Januar 2021 das gesamtschweizerische Peer-to-Peer (P2P; Peer-to-Peer-Network, das sind Rechnernetze, bei denen mehrere Computer untereinander verbunden sind, zusammenarbeiten und Daten austauschen) Monitoring (inkl. Abgleich Hashwertdatenbank) sicher. Das P2P Monitoring erlaubt es, P2P-Netze zu durchsuchen und Personen zu identifizieren, die im Netz verbotene Pornografie im Sinne von Art. 197 Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0) herunterladen und verbreiten. Sobald ein P2P-Fall einem Kanton zugeordnet werden kann, macht die Kantonspolizei Bern eine Mitteilung an die zuständige Kantonspolizei mittels Fallbericht. Dieser Fallbericht bildet die Grundlage für das Ermittlungsverfahren im jeweiligen Kanton. Die Zuständigkeit der Kantone im Bereich Pädokriminalität wird als sinnvoll erachtet. Gerade bei Fällen von Pornografie ist sehr häufig ein enger Zusammenhang mit realen Delikten gegeben. Zwar werden Bilder und Videos aufgrund der digitalen Möglichkeiten international verbreitet, der sexuelle Missbrauch von Kindern und die dabei erstellten Aufnahmen erfolgen aber durch Täter in einem eng begrenzten realen Umfeld. Aus Optik der Kantone sind die Behörden des Bundes zu weit weg vom effektiven Geschehen. Sie sind zudem für die übrigen Sexualdelikte sachlich nicht zuständig und deshalb nicht erfahren in der Bekämpfung dieser sehr spezifischen Deliktskategorie.

Zu Frage 3: Es wurden im 2021 56 Fälle, im 2020 36, im 2019 20, im 2018 29 und im 2017 18 betreffend verbotener Pornografie (Art. 197 StGB) bearbeitet. Verdachtsmeldungen der US-Behörden wurden im 2021 39 Fälle, im 2020 19, im 2019 26, im 2018 20 und im 2017 13 bearbeitet. Fälle von Cybergrooming, d.h. gezielte Kontaktaufnahme Erwachsener mit Minderjährigen in Missbrauchsabsicht (Vertrauen wird stufenweise erschlichen) im 2021 und im 2020 jeweils 2 Fälle bearbeitet.

Zu Frage 4: In Beachtung der der Kantonspolizei vorliegenden Zahlen (vgl. dazu auch Frage 3) ist eine Zunahme beim Konsum von pornographischen Bildern im Internet im 2020/2021 feststellbar. Aufgrund dessen, dass die Dunkelziffer bei Fällen von Pädophilie im Internet hoch ist, muss jedoch davon ausgegangen werden, dass auch im Kanton Graubünden eine Zunahme stattgefunden hat.

12. Januar 2022