Im Jahr 2013 hat das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit (DJSG) das Leitbild zur Organisation der Gesundheitsversorgung im Kanton Graubünden veröffentlicht. In diesem wurde aufgezeigt, mit welchen Strukturen die medizinische Versorgung der Bevölkerung langfristig gesichert werden soll. Eine von fünf Massnahmen im Leitbild betrifft die Bildung von gebietsgleichen Gesundheitsversorgungsregionen für die Bereiche Akutpflege, Alters- und Pflegeheime sowie die Spitex. In den Gesundheitsversorgungsregionen sollen Gesundheitszentren geschaffen werden, in denen die vorgenannten Leistungserbringer einer Region zusammengefasst werden.
Im Rahmen der Teilrevision des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen (Krankenpflegegesetz, KPG; BR 506.00) beschloss der Grosse Rat mit in Kraft setzen am 1. Januar 2021 die gesetzliche Verankerung der oben genannten gebietsgleichen Gesundheitsversorgungsregionen. Ebenfalls beschloss der Grosse Rat, in Art. 9a Abs. 1 KPG die im Leitbild verankerte Organisation des kantonalen Gesundheitswesens mittels eines Zielartikels zu verankern: «Ziel der Gesundheitspolitik des Kantons ist, dass alle Leistungserbringer (...) die strategische und operative Betriebsführung an eine dafür bestimmte Organisation übertragen und diese weiterentwickeln.» Zur Förderung der Umsetzung wurden namhafte finanzielle Mittel bereitgestellt, mit welchen der Kanton bis zu 50% an Projekte in den Gesundheitsversorgungsregionen beitragen kann.
Anfang November 2021 wurde bekannt, dass das Kantonsspital Graubünden die Klinik Gut AG mit den orthopädischen Kliniken in St. Moritz und Fläsch sowie sechs Praxisstandorten im Kanton Graubünden kauft. Mitte Dezember 2021 konnte den Medien entnommen werden, dass das Kantonsspital Graubünden das Spital Walenstadt, welches der Kanton St. Gallen im Rahmen seiner Planungen schliessen wollte, für rund CHF 8 Millionen erwerben will. Dies nachdem die Gemeinden der Region nicht bereit waren, die Immobilie zu erwerben und vom Kantonsspital Graubünden betreiben zu lassen.
Nicht nur die Einkaufstour des Kantonsspitals Graubünden, auch weitere Fakten zeigen die starke Expansionsstrategie des Regionalspitals in der Gesundheitsregion Churer Rheintal auf: Der Neubau des Spitals ist für ein Einzugsgebiet von 400'000 Personen geplant, der Kanton Graubünden verfügt über 200'096 Einwohnende (Stand 30. Dezember 2020). Das Kantonsspital Graubünden steht entsprechend unter massivem Druck, sein Einzugsgebiet – auch in der Grundversorgung – zu erweitern, um das neue Haus finanziell überhaupt führen zu können. Weiter hat das Kantonsspital Graubünden sich die direkte Einflussnahme in den Regionalspitälern Surselva und Davos durch den Einsitz in den entsprechenden Verwaltungsräten gesichert. Was die Unabhängigkeit und Interessenwahrung der Regionalspitäler beeinträchtigt und kaum im Sinne der regionalen Bevölkerung sein kann.
- Die Strategie des Kantonsspitals Graubünden steht in offenem Widerspruch zur gesetzlich verankerten, kantonalen Strategie zur Sicherstellung der langfristigen dezentralen Versorgung der Bevölkerung. Wie stellt sich die Regierung zu dieser Tatsache und wie gedenkt sie die regionale Gesundheitsversorgung mit vertikal integrierten Gesundheitszentren im Lichte der Tendenzen des Kantonsspitals Graubünden langfristig sicherzustellen und was gedenkt sie hierfür zu tun?
- Wie steht die Regierung zur Tatsache, dass das Kantonsspital Graubünden die Regionalspitäler – in für diese nicht zuletzt finanziell zentralen Leistungsbereichen der Grundversorgung – vor Ort direkt konkurrenziert?
Chur, 16. Februar 2022
Niggli (Samedan), Grass, Niggli-Mathis (Grüsch), Berweger, Buchli-Mannhart, Casutt-Derungs, Clalüna, Danuser, Della Cà, Della Vedova, Deplazes (Rabius), Derungs, Dürler, Ellemunter, Engler, Felix, Gort, Hartmann-Conrad, Hefti, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jochum, Kasper, Kienz, Koch, Kunfermann, Lamprecht, Michael (Castasegna), Müller (Susch), Papa, Paterlini, Pfäffli, Ruckstuhl, Salis, Schutz, Tanner, Thomann-Frank, Ulber, Weber, Weidmann, Wieland, Bisaz