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Session: 19.10.2022

Immer wieder gibt es bei Bauvorhaben (Umbauten, Anbauten), welche sich in der Gefahrenzone 1 (GZ1) befinden, Restriktionen aufgrund von Art. 38 Abs. 2 KRG (Weitere Zonen, Gefahrenzone 1). Dieser unterscheidet leider nicht zwischen Ganzjahresnutzung und saisonaler Nutzung (zeitlich befristete Nutzung während des Jahres).

In Maienfeld wurde die Bewilligung für einen sinnvollen, gut geschützten Anbau (SAC-Enderlinhütte) vom Amt für Raumentwicklung nicht erteilt, obwohl die Gebäudeversicherung die verlangte Genehmigung gemäss KRG Art. 38 Abs. 5 erteilt hat. Andere kantonale Rechtsvorgaben, z. B. Erneuerungen aufgrund der Lebensmittelgesetzgebung, aber auch energetisch sinnvolle Ausbauten (Photovoltaikanlagen, Raum für Batterien), machen Umbauten und Umnutzungen für einen Weiterbetrieb nötig. Dies führt dann leider zum unschönen Resultat, dass einzelne Rechtsbereiche etwas fordern, was am Schluss dann gar nicht bewilligt werden kann.

Mit einer beantragten Änderung des KRG sollen nicht Neubauten in der GZ1 möglich werden, sondern sichergestellt werden, dass Umbauten oder notwendige Erweiterungen bewilligt werden können. Dies nur bei Bauten und Anlagen, welche einen während des Jahres zeitlich befristeten Sommerbetrieb nachweisen können. Im genannten Beispiel wurde die Zuteilung in die GZ1 nur aufgrund von Schneelawinengefahr gemacht. Diese Gefahr darf für den nachgewiesenen Sommerbetrieb kein Problem sein.

Die Regierung wird daher beauftragt, im kantonalen Recht die Voraussetzungen zu schaffen, dass in der Gefahrenzone 1 notwendige und sinnvolle Erweiterungen oder Umnutzungen möglich sind, wenn sichergestellt wird, dass sich die Nutzung auf einen während des Jahres zeitlich befristeten Saisonbetrieb beschränken wird.

Chur, 19. Oktober 2022

Dürler, Crameri, Natter, Adank, Altmann, Bachmann, Bavier, Beeli, Berweger, Bettinaglio, Binkert, Brandenburger, Brunold, Butzerin, Candrian, Casutt, Censi, Collenberg, Cortesi, Della Cà, Derungs, Epp, Favre Accola, Föhn, Gansner, Gort, Grass, Hartmann, Hefti, Hohl, Hug, Kasper, Kienz, Koch, Kocher, Krättli, Kuoni, Lamprecht, Lehner, Loepfe, Loi, Luzio, Mani, Menghini-Inauen, Messmer-Blumer, Metzger, Michael (Donat), Morf, Orlik, Rauch, Roffler, Salis, Schutz, Sgier, Spagnolatti, Stocker, Tomaschett, Weber, Wieland, Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Gemäss Art. 38 Abs. 2 des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden (KRG; BR 801.100) dürfen in der Gefahrenzone 1 (GFZ 1) keine neuen Bauten und Anlagen erstellt werden, die dem Aufenthalt von Menschen und Tieren dienen; bestehende Bauten und Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen und Tieren dienen, dürfen nur erneuert werden. Die Bestimmung bezweckt somit, zu verhindern, dass Menschen oder Tiere durch den Aufenthalt in Bauten in Zonen mit hoher Gefahr zu Schaden kommen. Dieser Schutzzweck stellt ein gewichtiges Interesse der Raumplanung im Sinne von Art. 24 lit. b des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG; SR 700) dar, welches das prinzipielle Bauverbot in der GFZ 1 zur Folge hat. Erweiterungen von Bauten, die mit einer Nutzungsintensivierung einhergehen, sind daher nicht mit dem Schutzzweck der GFZ 1 vereinbar und untersagt. Bestehende Bauten und Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen und Tieren dienen, geniessen jedoch insofern Bestandesschutz, als sie erneuert werden dürfen. Als Erneuerung gilt dabei namentlich die Instandhaltung, Instandstellung und die Modernisierung. Die Modernisierung umfasst bauliche Vorkehrungen, durch welche das Bauwerk weiterhin im bestehenden Umfang ohne Intensivierung genutzt und damit auch an die Erfordernisse der Zeit angeglichen werden kann. Dementsprechend richtet sich das Mass der zulässigen Modernisierung insbesondere nach den jeweils aktuellsten baulichen Anforderungen insbesondere an die Hygiene (Küche, Lager, Sanitär etc.). Diese hat sich seit der Revision des KRG im Jahr 2004, im Rahmen welcher Art. 38 KRG erlassen wurde, erhöht.

Der Kanton versucht, diese veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelfall zu berücksichtigen und ins Verhältnis zum Schutzzweck der GFZ 1 zu setzen. Soweit der Nachweis erbracht werden kann, dass Erweiterungen im bestehenden Gebäudevolumen (Erweiterungen nach innen) insbesondere aufgrund neuer Hygienevorgaben und ohne Nutzungsintensivierung erfolgen, können diese als Modernisierung bewilligt werden, zumal dadurch keine zusätzliche Gefahr für Mensch und Tier geschaffen wird. Erweiterungen nach aussen sind demgegenüber grundsätzlich nicht zulässig. Bei lediglich im Sommer genutzten Gebäuden an Standorten in der GFZ 1 mit ausschliesslicher Lawinengefahr ist jedoch ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen eine modernisierungsbedingte Erweiterung nach aussen denkbar. Hierbei ist zwischen dem Schutzinteresse und dem Modernisierungsinteresse im Einzelfall abzuwägen. So muss etwa nachgewiesen werden, dass keine Alternativen – wie z. B. geeignetere Standorte (d. h. es besteht Standortzwang) oder insbesondere eine Erweiterung nach innen – möglich sind und die Schutzsituation insgesamt verbessert wird. Zudem ist in jedem Fall die Zustimmung der Genehmigung der Gebäudeversicherung einzuholen (Art. 38 Abs. 5 KRG) und allfällige zusätzlich geforderte Massnahmen zum Gebäudeschutz (bspw. verstärkte Mauern) umzusetzen. Weiter ist über die temporäre Nutzungsdauer des Gebäudes sicherzustellen, dass die bewilligte Nutzung durch Menschen und Tiere auch tatsächlich nur in der "lawinensicheren Jahreszeit" erfolgt. Hierfür sind seitens der Standortgemeinde Massnahmen im Rahmen eines Konzepts für die Baupolizei zu treffen. Unter den vorgenannten Voraussetzungen ist die Regierung der Auffassung, dass dem Anliegen des Auftrags in konsequenter Fortführung der Praxis zum geltenden Recht und in Nachachtung des übergeordneten Rechts hinreichend Rechnung getragen werden kann. Sie wird zur Fortführung und Verdeutlichung dieser Praxis die nötigen Anpassungen in den Leitfäden und der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden (KRVO; BR 801.110) vornehmen. Damit kann der Auftrag rasch und flexibel umgesetzt werden; der langwierige Weg über eine KRG-Revision ist nicht angezeigt.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag wie folgt abzuändern: Die Regierung wird beauftragt, im kantonalen Recht die Voraussetzungen zu schaffen, dass in der Gefahrenzone 1 notwendige Erneuerungen und damit zusammenhängende Erweiterungen möglich sind, wenn keine Nutzungsintensivierung erfolgt, keine Alternativen verfügbar sind und sichergestellt wird, dass sich die Nutzung auf einen während des Jahres zeitlich befristeten Saisonbetrieb beschränken wird.

11. Januar 2023