In der Schweiz haben Ausländer:innen heute das Recht, frühestens nach 10 Jahren in der Schweiz eine Einbürgerung zu beantragen. Für die Schweizer Gesellschaft sehr wichtig ist es, dass diese Personen gut in die Gesellschaft integriert werden. Die Zahl der Einbürgerungen in der Schweiz ist seit 2017 zurückgegangen, der Anteil Ausländer:innen ist in den vergangenen Jahren entsprechend kontinuierlich gestiegen und beträgt heute 25.7 Prozent (vgl. NZZ online vom 05.12.2022, https://www.nzz.ch/international/einbuergerung-der-weg-zum-schweizer-pass-ist-huerdenreicher-als-in-deutschland-ld.1714925). In Graubünden liegt der Anteil mit rund 19 Prozent bei gut 201 000 Einwohner:innen etwas tiefer. Von diesen 38 677 Ausländer:innen (Quelle SEM; Stand Ende November 2022) stammen gut 65 Prozent aus den Nationen Portugal, Deutschland, Italien und Österreich. 18 076 Personen (9 Prozent) haben sogar eine Niederlassungsbewilligung C. Davon stammen 12 764 Personen (gut 70 Prozent) aus den Nationen Portugal, Deutschland, Italien und Österreich.
Dies bedeutet, dass eine grosse Anzahl Menschen in der Schweiz und in Graubünden nicht am politischen Leben mit Abstimmungen und Wahlen teilnehmen kann. Die politische Mitbestimmung und die Möglichkeit, an politischen Prozessen teilzunehmen, kann ein wichtiger Bestandteil des Integrationsprozesses in eine Gesellschaft sein. Mit dem grossen Anteil Ausländer:innen und dem Nicht-Mitbestimmen dieser Bevölkerungsgruppe geht ein Demokratiedefizit einher. Dieses Defizit kann reduziert werden, wenn Ausländer:innen am gesellschaftlich politischen Leben teilnehmen dürfen. Diese Möglichkeit gibt es in der Schweiz.
In zwei Kantonen (Neuenburg und Jura) dürfen Ausländer:innen auf kantonaler Ebene abstimmen und wählen (aktives Wahlrecht). Sie können sich jedoch nicht selbst zur Wahl stellen (kein passives Wahlrecht). Volle Stimm- und Wahlrechte auf kommunaler Ebene haben Ausländer:innen in vier Kantonen (Neuenburg, Jura, Waadt, Freiburg). Der Kanton Genf hat auf kommunaler Ebene ein Stimm- und aktives Wahlrecht.
Der Kanton Graubünden ist einer von drei Kantonen (mit Appenzell Ausserrhoden und Basel-Stadt), welcher ein fakultatives Stimm- und Wahlrecht auf kommunaler Ebene hat. Das heisst, dass Gemeinden dieses Recht für Ausländer:innen selbständig einführen können. Gemäss Amt für Gemeinden haben aktuell bereits 32 Gemeinden in Graubünden von diesem kommunalen Stimm- und Wahlrecht Gebrauch gemacht.
Ausländer:innen haben in Graubünden bis heute jedoch nicht die Möglichkeit, an kantonalen Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen. Dieser Mosaikstein fehlt noch, um diese für Wirtschaft und Gesellschaft wichtige Bevölkerungsgruppe auch politisch in Graubünden zu integrieren.
Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen), damit Ausländer:innen auf kantonaler Ebene ein Stimm- und aktives Wahlrecht erhalten.
Chur, 15. Februar 2023
Rageth, Baselgia, Gredig, Atanes, Bachmann, Bardill, Bavier, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Danuser (Chur), Degiacomi, Dietrich, Gartmann-Albin, Hoch, Hofmann, Kappeler, Kreiliger, Mazzetta, Müller, Nicolay, Oesch, Pajic, Perl, Preisig, Rettich, Rusch Nigg, Rutishauser, Saratz Cazin, von Ballmoos, Zaugg-Ettlin