Am 11. März 2012 hat das Schweizer Stimmvolk die Zweitwohnungsinitiative, die den Zweitwohnungsanteil und -ausbau beschränkt, angenommen: In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent dürfen grundsätzlich keine neuen Zweitwohnungen mehr bewilligt werden. Das Zweitwohnungsgesetz (ZWG) ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten.
Am 19. Juni 2020 reichte Nationalrat Martin Candinas die parlamentarische Initiative 20.456 «Unnötige und schädliche Beschränkung des Zweitwohnungsgesetzes in Sachen Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Wohnungen» mit folgendem Text ein: «Das Bundesgesetz über die Zweitwohnungen (ZWG) ist so anzupassen, dass bei der auf 30 Prozent der Hauptnutzfläche beschränkten Erweiterung von altrechtlichen Wohnungen gleichzeitig die Schaffung von neuen Wohnungen zulässig ist. Auch soll bei einem Abbruch und Wiederaufbau eines betroffenen Objekts eine Erweiterung der Hauptnutzfläche um 30 Prozent, die Schaffung zusätzlicher Wohnungen und eine Standortverschiebung auf demselben Grundstück möglich sein. Dazu ist eine kleine Änderung in Artikel 11 Absatz 2 und 3 ZWG notwendig.»
Am 16. August 2023 verabschiedete der Bundesrat seine Stellungnahme zur parlamentarischen Initiative Candinas: «Dem Bundesrat geht dieser Entwurf zu weit. In seiner Stellungnahme hält er fest, dass in den betreffenden Gemeinden der Bau von zusätzlichen Zweitwohnungen und Gebäuden in einen gewissen Konflikt mit der Bundesverfassung trete. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, dass zusätzliche Wohnungen, die im Rahmen einer Vergrösserung entstehen, ausschliesslich als Erstwohnung zu nutzen sind.» (Medienmitteilung des Bundesrates betreffend Bundesrat schlägt massvolle Lockerung des Zweiwohnungsgesetzes vor, Bern, 16.8.2023; Hervorhebung durch die Fragestellerin)
Dieses Geschäft wird in der kommenden Herbstsession behandelt und hat – mit welchem Ausgang auch immer – Auswirkungen auf den Kanton Graubünden. Eine Diskussion über den Schutz des altrechtlichen Bestands von Erstwohnungen ist daher dringend notwendig.
Aus diesem Grund ersuche ich die Regierung, die nachfolgenden Fragen zu beantworten:
- Wie beurteilt die Regierung den aktuellen Verhandlungsstand betreffend parlamentarische Initiative Candinas beziehungsweise den Vorschlag des Bundesrats?
- Wird die Regierung bei einer Annahme der parlamentarischen Initiative Candinas in ihrer ursprünglichen Form Massnahmen ergreifen, damit der Druck auf die altrechtlichen Wohnungen nicht noch mehr zunimmt und sich die schon heute herrschende Wohnungsnot insbesondere in den Tourismusorten nicht weiter verschärft?
- Oder noch konkreter gefragt: Wie will die Regierung den altrechtlichen Bestand, der heute als Erstwohnung genutzt wird, schützen?
Chur, 2. September 2023
Preisig, Mazzetta, Kaiser, Bachmann, Bardill, Baselgia, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp, Danuser (Chur), Degiacomi, Dietrich, Gredig, Hoch, Kreiliger, Müller, Nicolay, Perl, Rusch Nigg, Rutishauser, Walser