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Session: 05.10.1999
Die Schwarzarbeit in allen ihren Formen ist heutzutage in vielen Branchen sehr stark verbreitet und nimmt infolge vermehrter Freizeit und Arbeitszeitverkürzungen an Dynamik zu. Laut einer Studie des Schweizerischen Gewerbeverbandes aus dem Jahre 1998 wurde in der Schweiz Schwarzarbeit im Umfang von 30 Milliarden Franken oder 8% des Bruttosozialproduktes geleistet.

Tatsache ist, dass dadurch der Staat und der Kanton in Bezug auf Steuern hintergangen und die Sozialwerke allgemein geschädigt werden. Auch muss sich der ehrliche Unternehmer als dumm vorkommen, solange die Schwarzarbeit vielerorts noch als Kavaliersdelikt eingestuft wird. Umfragen in den Berufsverbänden haben ergeben, dass sich 78% derselben klar gegen die Schwarzarbeit ausgesprochen haben.

Der Bund will innerhalb eines Jahres die Kompetenzen der paritätischen Berufskommissionen verstärken und die Strafen drastisch verschärfen sowie die Problematik der Scheinselbstständigkeit angehen. Massnahmen auf Ebene der Kantone sollten jedoch erste Priorität haben. Der Bund werde, laut Aussagen des Staatssekretariates für Wirtschaft, nur eingreifen, wenn sich die kantonalen Regelungen als ungenügend erweisen sollten.

Am 31. August 1999 hat die Regierung die paritätischen Berufskommissionen bestimmt, welche für die Kontrollen der Arbeitsschutzbestimmungen und Arbeitsbedingungen im Rahmen der öffentlichen Beschaffungen zuständig sein sollen und diese im Kantonsamtsblatt publiziert.

Deshalb unsere Fragen an die Regierung:
1. Ist sich die Regierung des Problems der Schwarzarbeit auch in unserem Kanton bewusst?
2. Wenn ja, wie hoch beurteilt sie den Entzug an Steuermittel und Sozialversicherungsbeiträge im Kanton Graubünden durch die Schwarzarbeit?
3. Ist die Regierung auch bereit, die Berufskommissionen mit mehr Kompetenzen auszustatten, damit eine stärkere Kontrolle, wie auch vom Bund verlangt, durchgeführt werden kann?

Chur, 5 Oktober 1999

Namen: Bertogg, Suenderhauf, Pleisch, Arquint, Barandun, Battaglia, Beck (Langwies), Beck (Zizers), Beeli, Bertogg, Bühler, Castelli, Capaul (Lumbrein), Capaul (Ruschein), Casparis, Cathomas, Cavegn, Crapp, Dalbert, Degiacomi, Federspiel, Geisseler, Giacometti, Giovannini, Giuliani, Hardegger, Hassler, Hübscher, Jäger, Juon, Kehl, Lemm, Locher, Looser, Maissen (Schluein), Meisser, Meyer, Möhr, Monsch, Morgenegg, Müller (Landquart), Nigg, Patt, Pfenninger, Picenoni, Plouda, Risch, Roffler, Salis, Schaad, Schaufelberger, Schmid (Sedrun), Schmid (Splügen), Schwarz, Sprecher, Suter, Telli, Thomann, Thöny (Grüsch), Tuor, Vetsch, Wenger, Zinsli, Pattis, Schütz, Brügger, Fallet, Albrecht, Frigg, Christ, Thöny (Klosters), Pedrini, Christoffel, Niggli

Session: 5.10.1999
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

1. Das Problem der Schwarzarbeit ist für die Bündner Regierung nicht neu. Bereits im Jahre 1990 hatte sich die Regierung im Rahmen der Beantwortung der Interpellation Locher mit diesem Thema zu befassen. Damals ging es vor allem um Schwarzarbeit von nicht bewilligten ausländischen Arbeitskräften. Gewerkschaftlicherseits wurde vermutet, dass die schweizerische Wirtschaft ca. 180'000 bis 200'000 ausländische Arbeitskräfte ohne Bewilligung beschäftigte. Nebst der illegalen Ausländerbeschäftigung gibt es eine Reihe weiterer, sehr unterschiedlicher Formen von Schwarzarbeit. Zu nennen sind etwa:
GAV-Verletzung, z.B. verbotene Samstags- oder Nachtarbeit, unterschreiten der Minimallohnbedingungen
Verletzung der arbeitsvertraglichen Treuepflicht
Konkurrenzierung des eigenen Arbeitgebers durch Arbeitsleistung in der Freizeit
Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen
Scheinselbstständigkeit: Weisungsgebundene Arbeitnehmer arbeiten pro forma als selbstständige Subunternehmer zu Pauschalansätzen.
2. Im Kanton Graubünden wurden bis heute keine Studien zur Quantifizierung des finanziellen Umfanges der Schwarzarbeit erarbeitet. Erstaunlich ist, dass beim KIGA und bei der kantonalen Fremdenpolizei verhältnismässig wenig Meldungen über Schwarzarbeit eingehen. Obwohl die von Herrn Professor Schneider, Universität Linz, in seiner Studie genannte Zahl von Fr. 30 Mia. (8 % des Bruttosozialproduktes) äusserst umstritten ist, besteht Einigkeit darüber, dass durch Schwarzarbeit beachtliche Beträge am Fiskus und den Sozialversicherungswerken vorbeierwirtschaftet werden. Es ist davon auszugehen, dass die Verhältnisse im Kanton Graubünden nicht wesentlich anders zu beurteilen sind, als dies für die übrige Schweiz der Fall ist.
3. Es steht ausser Zweifel, dass Schwarzarbeit volkswirtschaftlich schädlich ist, weshalb die Regierung bereit ist, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Massnahmen zu deren Bekämpfung zu unterstützen. So hat die Regierung mit RB vom 31.8.1999 (Protokoll Nr. 1544) gestützt auf Art. 4 Abs. 3 AB zur Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen und Art. 5 Abs. 3 SubG verschiedenen paritätischen Berufskommissionen (PBK) die Kompetenz erteilt, im Rahmen der öffentlichen Beschaffung die Kontrolle der Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutzbestimmungen für die entsprechenden Berufsbereiche vorzunehmen. Darüber hinaus wird die Regierung aus rechtlichen Gründen kaum in der Lage sein, die PBK mit zusätzlichen Kompetenzen auszustatten. Die Kompetenzen der PBK werden im Rahmen des Abschlusses von Gesamtarbeitsverträgen von den Sozialpartnern bestimmt. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung besteht die Möglichkeit, die Gültigkeit solcher Vertragswerke auf alle Betriebe der fraglichen Branchen eines Kantons oder in der Regel der ganzen Schweiz auszudehnen. Nur die Allgemeinverbindlicherklärung erlaubt es, Branchen oder einzelne Arbeitnehmer, welche nicht dem jeweiligen Berufsverband resp. einer Gewerkschaft angehören, zu kontrollieren und bei festgestellten Verstössen auch zu sanktionieren. Bei nicht allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen können Nichtverbandsmitglieder und nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer seitens der PBK nicht überprüft werden. Dort, wo überhaupt keine Gesamtarbeitsverträge vorliegen, existiert auch keine PBK. Um dem Problem entgegenzutreten, müsste auf Bundesebene die gesetzliche Grundlage zur Bekämpfung der Schwarzarbeit geschaffen werden. Angesichts der vielfältigen Form der Schwarzarbeit bedarf die wirksame Bekämpfung derselben verschiedener Instrumentarien, wobei den PBK mit Sicherheit eine wichtige Rolle zukommt.


Chur, 29. November 1999