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Session: 05.10.1999
Jährlich werden in der Schweiz 15'000 Wildtiere überfahren, davon alleine über 800 im Kanton Graubünden. Nicht nur im Herbst, auch in der übrigen Jahreszeit ereignen sich Wildunfälle. Auf allen Strassen müssen Autofahrer, gerade bei Dämmerung und Dunkelheit, mit Wild rechnen. Wildtiere werden insbesondere überfahren, weil die Signalisationstafeln "Wildwechsel" bei den Autofahrern kaum Beachtung finden. Viele Unfälle liessen sich jedoch vermeiden, indem Wildwarnschilder ernster genommen würden. Sie stehen nämlich ausschliesslich an Stellen, wo das Wild, seinem natürlichen Instinkt folgend, oft die Strasse überquert. Angefahrenes Wild muss oft stundenlang qualvoll auf den erlösenden Gnadenschuss verharren.

Die Schäden, die durch Unfälle mit Wildtieren entstehen, sind beträchtlich. Der geschätzte Sachschaden beläuft sich pro Jahr auf über 10 Millionen Franken. Daraus lässt sich ein öffentliches Interesse ableiten, die Kosten dieser Unfälle zu reduzieren.

Mit einem elektronischen Wildwarnsystem, welches, und dies sei speziell erwähnt, im Kanton Graubünden entwickelt worden ist, könnten solche Unfälle drastisch reduziert werden. Versuche im Kanton Graubünden, aber auch in zahlreichen anderen Kantonen und im Ausland zeigen, dass Unfälle mit einem elektronischen Wildwarnsystem reduziert werden können. Durchquert das Wild die verschiedenen Lichtschranken (Laser/Infrarot), dann leuchten entsprechende elektronische Signalisationstafeln auf und zeigen eine Tempolimite an. Die Wirksamkeit dieser Wildwarnsysteme ist vom Infodienst für Wildbiologie in Zürich wissenschaftlich untersucht und belegt worden.

Trotz dieser positiven Entwicklung und guten Ergebnissen ist die Kantonspolizei Graubünden und die Kommission für differenzierte Höchstgeschwindigkeiten, im Gegensatz zu anderen Kantonen, nicht bereit, solche Wildwarnsysteme im Kanton Graubünden nach und nach einzuführen.

Es ist völlig unverständlich, warum gerade im grössten und wildreichsten Kanton, im Interesse des Automobilisten aber auch des Wildes, solche Anlagen nicht gefördert werden.

Die gesetzlichen Grundlagen für das Erstellen der Wildwarnanlagen bilden das Strassenverkehrsgesetz (SVG) und die Signalisationsverordnung (SSV). Gemäss Art.3 Abs.1 und Art.16 Abs.1 der Signalisationsverordnung ist die Anwendung von Gefahren- und Vorschriftssignalen mit Faseroptik rechtlich zulässig. Die Befugnis, Anordnungen zur Regelung des Verkehrs zu erlassen, liegt gemäss Art.3 Abs.2 des Strassenverkehrsgesetzes im Kompetenzbereich der Kantone.

Die Unterzeichneten ersuchen die Regierung, die nötigen Schritte einzuleiten, damit solche Wildwarnanlagen auch im Kanton Graubünden sukzessive eingeführt werden können.

Chur, 5. Oktober 1999

Namen: Lemm , Brosi, Giacometti, Aebli, Battaglia, Beck (Langwies), Beeli, Bertogg, Biancotti, Bucher, Bühler, Castelli, Casparis, Dalbert, Degiacomi, Giovannini, Hardegger, Hassler, Jäger, Jeker, Juon, Looser, Meisser, Meyer, Möhr, Morgenegg, Patt, Picenoni, Plouda, Plozza, Salis, Scharplatz, Schmid (Sedrun), Schmid (Splügen), Sprecher, Suter, Thomann, Trepp, Vetsch, Zarro, Pattis, Brantschen, Brügger, Niggli, Christoffel, Christ, Fallet, Pedrini

Session: 5.10.1999
Vorstoss: dt Postulat

Antwort der Regierung


1. Im Kanton Graubünden ereignen sich wie die Postulanten zutreffend ausführen jährlich rund 800 Verkehrsunfälle mit Wildtieren. Aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Tierschutzes, aber auch aus allgemeinen volkswirtschaftlichen Überlegungen war und ist der Kanton denn auch bestrebt, die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Wild zu minimieren. Bereits seit Jahren werden daher auf dem Strassennetz Wildwechselzonen erfasst und mit dem Gefahrensignal "Wildwechsel" signalisiert. Mit dieser Signalisation und weiteren flankierenden Massnahmen wie Reflektoren, Leuchtbändern, Wildschutzzäunen usw. konnte die Situation auf dem bündnerischen Strassennetz denn auch deutlich entschärft werden.
2. Neue Möglichkeiten zur Vermeidung von Verkehrsunfällen mit Wildtieren ergaben sich erst mit der Entwicklung von Wildwarnsystemen. Die Funktionsweise dieser Wildwarnsysteme beruht auf einem Netz von mehreren Passiv-Infrarotsensoren, welche der Strasse sich nähernde Wildtiere erfassen. Gelangt Wild in den Erfassungsbereich der Sensoren, wird von diesen ein Impuls auf eine für den Automobilisten gut wahrnehmbare, aufleuchtende Signalisation weitergeleitet. Die Signalisation besteht entweder aus dem Gefahrensignal "Wildwechsel" allein oder in Kombination mit dem Vorschriftssignal "Höchstgeschwindigkeit 40 km/h".
3. Entgegen der Auffassung der Postulanten haben sich die kantonalen Behörden und insbesondere die Kantonspolizei Graubünden dieser Entwicklung nicht verschlossen, sondern sich an einem wissenschaftlich begleiteten Pilotversuch beteiligt. Versuchsweise wurden bereits im Jahre 1993 zwei Anlagen auf der Kantonsstrasse in die Surselva ("Val Maliens" bei Trin und "Marcau" bei Flims) installiert und betrieben. Diese beiden Anlagen, die zwischenzeitlich wegen Umbauarbeiten entfernt werden mussten, bestanden aus Faseroptik-Wildwechselsignalen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung. Wegen der Störanfälligkeit, Wartungsproblemen, Unterhaltsmängeln usw. konnten diese beiden Anlagen die Erwartungen nicht im gewünschten Mass erfüllen. Auf Grund dieser Erfahrungen und weil die Kosten für eine Wildwarnanlage rund 15'000 bis 20'000 Franken betragen, konnten daher Begehren für die Installation weiterer gleichartiger Anlagen vorderhand nicht befürwortet werden.
4. Neben den beiden Wildwarnanlagen im Kanton Graubünden sind im Rahmen des vorerwähnten Pilotversuches drei weitere Anlagen im Kanton Obwalden und zwei Anlagen im Kanton Glarus erprobt worden. In diesen beiden Kantonen haben die erprobten Wildwarnsysteme im Gegensatz zum Kanton Graubünden zu einem deutlichen Rückgang der Verkehrsunfälle mit Wildtieren geführt. Die unterschiedliche Wirkung der einzelnen Anlagen ist auf den Einfluss verschiedener Faktoren (Verkehrsfrequenz, Streckenlänge zwischen den Signalisationen am Anfang und Ende des Anlagenbereiches, topografische Verhältnisse bei den Strassenquerungen des Wildes, Anlagetyp usw.) zurückzuführen. Hervorzuheben ist insbesondere, dass Wildwarnanlagen sich hauptsächlich für punktuelle Wildwechsel eignen. Angesichts dieser Sachlage ist die kantonale "Kommission für differenzierte Höchstgeschwindigkeiten" Mitte Jahr zum Schluss gelangt, dass erst eine weitere Versuchsphase Aufschluss über die Wirksamkeit von elektronischen Wildwarnsystemen im Kanton Graubünden geben kann.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass elektronische Wildwarnsysteme zu einer Reduktion der Verkehrsunfälle mit Wildtieren führen können. Auf Grund des heutigen Kenntnisstandes kann allerdings eine sukzessive Installation solcher Anlagen namentlich auch mit Blick auf die Kostenfolgen für den Kanton noch nicht verantwortet werden. Die Regierung ist jedoch in Übereinstimmung mit der Kommission für differenzierte Höchstgeschwindigkeiten bereit, einen weiteren wissenschaftlich begleiteten Versuch mit elektronischen Wildwarnsystemen durchzuführen und im Rahmen dieses Versuches soweit sinnvoll und notwendig auch Wildwarnsysteme in Kombination mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Mit dieser Einschränkung kann die Regierung sich denn auch bereiterklären, das Postulat entgegenzunehmen.

Chur; 29. November 1999