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Session: 01.06.2001

Mit dem Nachweis über die Existenz eines Wolfes im Bergell ist die Rückkehr der Grossraubtiere, im speziellen des Wolfes, in unserem Kanton viel früher erfolgt als erwartet.

Wie die Regierung in ihrer Antwort auf die schriftliche Anfrage Peretti festhält, hat sich im Jahre 1999 eine Fachgruppe mit der Wiedereinwanderung der Grossraubtiere befasst. Damals rechnete man mit der mittelfristigen Einwanderung des Wolfes.

Wie die Erfahrungen im Jahre 2000 im Kanton Wallis zeigten, werden durch den Wolf weit grössere Schäden an den Nutztieren verursacht, als dies durch den Luchs der Fall ist.

Ein Wolf reisst pro Angriff 5-7 Tiere. Die Tiere werden dabei teils getötet, teils schwer verletzt und müssen später getötet werden oder verenden.

Beim Vorkommen von Wölfen wird die Nutztierhaltung, und hier im speziellen die Schaf- und Ziegenhaltung, stark erschwert. Dabei genügt eine Behirtung der Herde im Sommer nicht. Die Erfahrungen im Wallis zeigen, dass trotz Behirtung der Herden Tiere in der Nacht gerissen werden. Hinzu kommt die Freilandhaltung der Nutztiere im Frühjahr und Herbst auf den Heimbetrieben.

Schutzmassnahmen mit Eseln und speziellen Herdenschutzhunden zeigen bis heute wenig bis keinen Erfolg.

Nebst den durch nachweisbaren Riss verlorenen Tieren verenden Tiere durch Absturz. Bei Herden treten im weiteren infolge Hetzen der Raubtiere wirtschaftliche Schäden durch Stress auf.

Die Postulantinnen und Postulanten laden die Regierung ein, folgende Problemlösungen anzugehen:

1. Die Auswirkungen auf die Nutztiere sind, gestützt auf die neuesten Erkenntnisse, aufzuzeigen.
2. Mit den Nutztierhaltern sind mögliche Schutzmassnahmen und deren Finanzierung zu erarbeiten.
3. Die Schadenabgeltung für übermässige Abgänge in Herden infolge Raubtierpräsenz ist zu lösen.
4. Das Mass der unzumutbaren Schäden und damit der Abschuss schadenstiftender Grossraubtiere ist bezogen auf den Kanton Graubünden zu definieren.

Chur, 1. Juni 2001

Namen: Rizzi, Giovannini, Farrér, Bär, Barandun, Battaglia, Büsser, Caviezel, Dalbert, Geisseler, Godly, Gross, Hanimann, Jenny, Juon, Kehl, Kollegger, Peretti, Schmid (Vals), Thomann

Session: 01.06.2001
Vorstoss: dt Postulat


Antwort der Regierung

Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft hat gemäss eidgenössischer Jagdverordnung unter anderem für die geschützten Tierarten Luchs, Wolf und Bär Konzepte zu erarbeiten. Diese Konzepte beinhalten Grundsätze über den Schutz, den Abschuss oder Fang, die Verhütung und Ermittlung von Schäden sowie die Entschädigung von Verhütungsmassnahmen in Bezug auf die genannten Raubtierarten. Die von den Postulantinnen und Postulanten vorgebrachten Anliegen betreffen somit weitgehend den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Die Regierung erachtet es daher als nicht sachdienlich, im Rahmen einer eigenständigen Projektorganisation des Kantons die gleichen Fragen zu bearbeiten wie die zuständigen Bundesbehörden. Als zielführend erweist sich vielmehr die Mitwirkung der zustän-
digen kantonalen Behörden im Rahmen der Projektorganisation des Bundes. Diese Zusammenarbeit zwischen Bund und Kanton bietet aufgrund der dargelegten Zuständigkeitsordnung am ehesten Gewähr, dass die berechtigten Anliegen der
Postulantinnen und Postulanten von den zuständigen Bundesbehörden geprüft
und umgesetzt werden. Daneben sollen diese Anliegen aber auch von der kantonalen Arbeitsgruppe „Grossraubtiere“ angegangen und mögliche Lösungen zuhanden des Bundes aufgezeigt werden.

Auf die einzelnen Anliegen der Postulantinnen und Postulanten kann die Regierung in Anbetracht dieser komplexen Fragen im Rahmen des vorliegenden Postulates nur in grundsätzlicher Hinsicht eingehen. Demzufolge kann vorweg festgehalten werden, dass sich die Auswirkungen von Grossraubtieren auf Nutztiere im Wesentlichen auf Risse an Schafen und Ziegen während der Weideperiode beschränken. Dabei kommt es beim Luchs in der Regel eher selten zu Übergriffen auf Nutztiere, währenddem überraschend zugewanderte Wölfe vor allem in den traditionell gealpten Schafherden grössere Verluste verursachen können. In Bezug auf die Schadenverhütung und Schadenvergütung ist die Regierung der Auffassung, dass dem Grundsatz „Schadenverhütung vor Schadenvergütung“ oberste Priorität einzuräumen ist. Diese Fragen müssen daher sowohl auf Bundesebene als auch auf kantonaler Ebene von den Jagd- und Landwirtschaftsbehörden gemeinsam angegangen werden. Zudem sollen den Nutztierhaltern im Schadensfall inskünftig neben dem Wert der gerissenen Tiere auch der zusätzliche Arbeitsaufwand und allfällige Nebenkosten vergütet werden. Die Finanzierung dieser weitergehenden Massnahmen im Bereich der Schadenverhütung und Schadenvergütung soll nach Auffassung der Regierung hauptsächlich über die Landwirtschaftsgesetzgebung des Bundes sichergestellt werden, wobei der Bund dafür zusätzliche Mittel bereitstellen muss. Hinsichtlich der Erteilung von Abschussbewilligungen für schadenstiftende Grossraubtiere befürwortet die Regierung sodann flexiblere und differenziertere Lösungen. All diese Anlie-
gen bilden denn auch Gegenstand der regierungsrätlichen Stellungnahme zum
Konzept Wolf Schweiz des Bundes.

Zusammenfassend hält die Regierung fest, dass sie die Anliegen der Postulantinnen und Postulanten als begründet und berechtigt beurteilt. Die Lösung dieser Fragen soll indessen in erster Linie durch die Mitwirkung der kantonalen Vertreter in der entsprechenden Projektorganisation des Bundes und in zweiter Linie im Rahmen der kantonalen Arbeitsgruppe „Grossraubtiere“ angegangen werden. Im Sinne dieser Ausführungen ist die Regierung denn auch bereit, das Postulat entgegenzunehmen.