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Session: 01.06.2001
In den letzten Jahrzehntenhat sich die Landwirtschaftsfläche, besonders in den Bergregionen, fortschreitend reduziert. Dem Phänomen liegen verschiedene Faktoren zugrunde, wie zum Beispiel die mangelnde Bereitschaft der jungen Generationen, die Landwirtschaftsbetriebe weiterzuführen sowie die Verzögerung in den Meliorationsverfahren.
Die Überprüfungen, die im Moesano im Zusammenhang mit der Revision des Entwicklungskonzepts gemacht worden sind, zeigen, dass in den letzten zwanzig Jahren zwischen 180 und 200 Hektaren Landwirtschaftsfläche allmählich zu Wald geworden sind.
Aus juristischer Sicht ist das Vorrücken der Waldfläche geschützt: Der "dynamische" Begriff vom Wald im Sinne des Art. 2 des am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen neuen Bundesgesetzes über den Wald vom 4. Oktober 1991, fördert es indirekt. Gemäss diesem Grundsatz müssen die neuen, vom Wald überwachsenen Flächen als Wald anerkannt werden und deshalb dem Schutz des Gesetzes unterstehen. Die umgewandelte Landwirtschaftsfläche wird dann unvermeidlich zu Wald, d.h. um die Flächen zum Landwirtschaftsnutzen wiederzugewinnen, wird eine Rodungsbewilligung im Sinne des WaG und der entsprechenden Gesetzgebung erforderlich sein. Das Wachsen des Waldes verwandelt zum Teil den Landschaftscharakter der Täler sehr schnell.
Um einen wirksameren Schutz der Berglandwirtschaftszonen zu fördern, ist ein stärkerer Eingriff seitens des Kantons nötig. Darum fragen wir die löbliche Regierung:

1. ob das Thema von den zuständigen Bundes- und Kantonsämtern studiert wurde;
2. ob in der Bundes- und Kantonsgesetzgebung zweckmässige Rechtsinstrumente für die Problemlösung vorhanden sind;
3. ob der Kanton beabsichtigt, im Rahmen der nächsten Revision des Raumplanungsgesetzes oder eines anderen Kantonsgesetzes ein entsprechendes Gesetz zu erlassen, falls die Antwort zur zweiten Frage negativ ausfällt.

Chur, 1. Juni 2001

Namen: Peretti, Zanolari, Giovannini, Battaglia, Conrad, Dalbert, Giuliani, Gross, Keller, Lardi, Lemm, Locher, Luzio, Märchy, Noi, Plozza, Righetti, Zarro

Session: 01.06.2001
Vorstoss: dt Interpellation


Antwort der Regierung

Es trifft zu und wird durch die Zahlen der Landesforstinventur bestätigt, dass der Wald im Kanton Graubünden zwischen 1963 und 1993 um etwa 1'350 ha pro Jahr zugenommen hat. Diese Erscheinung der fortschreitenden Einwaldung ist allerdings nicht überall gleich gross. Währenddem in Tieflagen und entlang der Talgewässer speziell im Siedlungsbereich der Druck auf den Wald unvermindert anhält, weitet er sich an der oberen Waldgrenze und auf den sogenannten Grenzertragsböden schleichend aus. Mit der Beantwortung der Interpellation Beeli (RB Nr. 182 vom 9. Februar 1999) hat die Regierung mögliche Ansätze aufgezeigt, wie der schleichenden Waldausweitung begegnet werden kann.

Zu den konkreten Fragen ist folgendes zu bemerken:

1. Mit einem Grundlagenpapier des Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat der Bund die Schwerpunkte der künftien Waldpolitik zur Diskussion gestellt. Die mit der Waldausdehnung verbundene Problematik wurde darin erkannt. Noch in diesem Jahr soll eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die das Einwachsen von zusätzlichen Flächen bzw. das Waldverteilungsmuster - das auch ein Thema für die Landwirtschaft- und Raumordnungspolitik ist und mit der Grossschutzgebietspolitik des Bundes koordiniert werden muss behandeln.

Seitens des Kantons befasst sich auch der im Entwurf vorliegende "Richtplan Graubünden 2000" unter dem Gesichtspunkt der Raumordnungspolitik mit dem Thema "Waldhausdehnung". Die als Folge der landwirtschaftlichen Unternutzung verwaldenden Brachflächen sollen möglichst unkompliziert zurückgeführt werden können, wobei dafür ein partnerschaftliches und zwischen der Landwirtschaft und dem Forstwesen koordiniertes Vorgehen notwendig sein wird.

2. Ein zweckmässiges Instrument, um das natürliche Vorrücken des Waldes zu stoppen, kennt die Bundes- und Kantonsgesetzgebung nur für Wälder, die an Bauzonen grenzen (statischer Waldbegriff, Art. 10 WaG und Art. 13 KWaG). Die Einführung des statischen Waldbegriffs im Nicht-Baugebiet würde das Problem alleine auch nicht lösen können. Viel entscheidender ist mit oder ohne statischer Waldgrenze - mit Anreizen, die landwirtschaftliche Nutzung im Berggebiet nachhaltig sicherzustellen.

Im Rahmen von Wald-/Weide-Ausscheidungen und Waldbauprojekten werden heute schon gezielt Flächen für die Beweidung oder aus Gründen der Landschaftsgestaltung offen gehalten.

Im Übrigen bieten die betroffenen Amtsstellen Hand für ein Pilotprojekt, welches die Schnittstellen aufdeckt und die partnerschaftliche Umsetzung von Lösungen versuchsweise angeht.

3. Um den statischen Waldbegriff entsprechend dem Anliegen der Interpellanten auch gegenüber Landwirtschaftsgebieten einführen zu können, bedarf es einer Teilrevision des eidgenössischen Waldgesetzes. Den Kantonen steht diesbezüglich keine Kompetenz resp. kein Handlungsspielraum offen.