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Session: 09.10.2001
Der faktische Konkurs der Swissair dominiert das aktuelle politische Geschehen. Die Interpellanten gehen davon aus, dass der Kanton Graubünden weitaus stärker vom Niedergang der Swissair betroffen ist, als dies der direkte Verlust des in Aktien angelegten Kapitals des Kantons vermuten lässt. Es ist zu vermuten, dass der nationale Imageschaden einen wirtschaftlichen Folgeschaden für den Bündner Tourismus zeitigen wird. Weiter sind Auswirkungen auf die Standortqualität der ”Greater Zurich Area” zu vermuten, mit welcher der Kanton Graubünden bei Industrie und Dienstleistungen verbunden ist. Die Interpellanten erachten es auch als wichtig, dass die Verantwortlichkeit für das Debakel geklärt wird.

Die Interpellanten ersuchen daher die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Welche Auswirkungen erwartet die Regierung aufgrund des forcierten Niederganges der Swissair auf den Tourismus in Graubünden?
2. Gibt es in unserem Kanton Betriebe, die vom Swissair-Debakel mittelbar bzw. unmittelbar und ggf. inwieweit betroffen sind? Wie verhält es sich mit Arbeitnehmern?
3. Welche Auswirkungen erwartet die Regierung auf die Standortattraktivität Graubündens, und welche Folgen wird dies auf die Wirtschaftsförderung unseres Kantons haben?
4. Hat die kantonale Pensionskasse Kapital in die Swissair investiert (Aktien?, Obligationen?)? Wenn ja, wie beurteilt die Regierung die entsprechenden Auswirkungen?
5. Weltweit sind den Fluggesellschaften und den Privatfliegern die Versicherungen gekündigt worden. Neue Versicherungsangebote werden massiv verteuert und die Deckung eingeschränkt. Betroffen sind auch Heli-Unternehmungen und regionale Flugplätze. Wie schätzt die Regierung die entsprechenden Auswirkungen für die Heli-Unternehmugen in unserem Kanton und für den Flugplatz Samedan ein?
6. Welche allfälligen weiteren Auswirkungen erwartet die Regierung?
7. Ist die Regierung der Auffassung, dass unser Land eine eigene nationale Fluglinie mit eigenen Interkontinentalverbindungen braucht?
8. Beabsichtigt die Regierung, entweder einzeln oder im Verbund mit Kantonen, sich an einer Auffanggesellschaft ”Crossair Plus” zu beteiligen?
9. Beabsichtigt die Regierung, im Verbund mit den anderen Kantonen massgeblich auf die vollständige Klärung der Verantwortlichkeit für das Swissair-Debakel einzuwirken?
10. Wieso verkaufte die Regierung die gemäss Rechnung 2000 noch im Eigentum des Kantons stehenden 10'000 Swissair-Aktien nicht (vgl. bspw. Verkauf von 1'890 Aktien im Jahre 2000 zum Kurs von Fr. 350.--)? Gemäss Zeitungsberichten hatte offenbar der Kanton St. Gallen ”eine bessere Nase”, verkaufte er doch seine Restposition an Swissair-Aktien im Verlaufe des Frühjahres 2001.

Chur, 9. Oktober 2001

Name: Loepfe, Augustin (Chur), Tremp, Augustin (Almens), Bundi, Cahannes, Capaul, Carisch, Casanova (Vignogn), Cathomas, Catrina, Cavegn, Cavigelli, Christoffel, Conrad, Crapp, Demarmels, Dermont, Donatsch, Federspiel, Frigg, Geisseler,
Giovannini, Giuliani, Gross, Hübscher, Hug, Jäger, Keller, Koch, Lardi, Locher, Loepfe, Looser, Meyer, Montalta, Nick, Noi, Parolini, Parpan, Patt, Peretti, Pfenninger, Pfiffner, Portner, Quinter, Righetti, Roffler, Sax, Schmid (Sedrun), Schmid
(Splügen), Schmid (Vals), Schütz, Stiffler, Suenderhauf, Thomann, Tramèr, Trepp, Tuor (Trun), Walther, Zanolari, Zarro

Session: 09.10.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

1. Die meisten Gäste, die in Graubünden Ferien machen, stammen aus Deutschland, Italien und aus der Schweiz. Der Anteil der bündnerischen Feriengäste, die mit dem Flugzeug reisen, ist kleiner als 5 % (geschätzter Wert von Graubünden Ferien). Schwierig abzuschätzen sind jedoch zurzeit die Auswirkungen auf die Konjunktur, die allgemeine Konsumentenstimmung und insbesondere auf die Region Zürich und die daraus allenfalls resultierenden negativen Folgen für den Bündner Tourismus. Einerseits könnte ein gewisser Respekt oder eine Unsicherheit gegenüber dem Fliegen, nicht nur ausgelöst durch die Situation der Swissair, dazu führen, dass vermehrt Gäste den Winterurlaub in den Bergen gegenüber Fernreisen vorziehen. Andererseits sind jedenfalls zusätzliche gezielte Werbemassnahmen von Graubünden Ferien in Zusammenarbeit mit Schweiz Tourismus notwendig, um die für den Tourismus problematischen Imageschäden zu beheben.

2. Es sind keine Betriebe im Kanton Graubünden bekannt, die substanziell als Zulieferer der Swissair-Gruppe von der Situation betroffen sind. Wie viele Arbeitnehmende aus dem Kanton Graubünden bei der Swissair tätig sind, ist uns nicht bekannt.

3. Auch für die Standortattraktivität des Kantons Graubünden ist es wichtig, dass die Schweiz eine europäische und interkontinentale Einbindung hat. Es wird primär Aufgabe der national für die Wirtschaftsförderung und das Image der Schweiz zuständigen Institutionen sein, die aktuellen Probleme objektiv darzustellen und die nach wie vor vorhandenen Standortvorteile der Schweiz hervorzuheben. Auf kantonaler Ebene sind gestützt auf den aktuellen Kenntnisstand keine besonderen Massnahmen vorgesehen.

4. Die Pensionskasse verfügt über ein Kerndepot an Schweizer Aktien, das sich am SMI (Swiss Market Index) orientiert. Die Swissair figurierte als Blue-Chip in diesem Index. Die Pensionskasse hielt SAir-Aktien im Rahmen der Gewichtung am SMI. Sie bewirtschaftet die Aktien nach einem antizyklischen Konzept. Zukäufe erfolgen deshalb nach Kursrückschlägen. Der Bestand am 11. Oktober 2001 war 1320 Aktien zum Kurs von Fr. 6.99. Die Pensionskasse hat keine Obligationen der Swissair im Portefeuille.

5. Einzelnen Flugbetrieben im Kanton Graubünden (Flugplatz Samedan und Air Grischa) wurden die Versicherungen für Kriegskasko und Haftpflicht bei Krieg, Vandalismus, Unruhen etc. bereits gekündigt. Sofern Kriegsrisiken auch in Zukunft versichert werden müssen, hätte dies eine Prämienerhöhung von ca. 45% zur Folge. Zudem haben sowohl der Flugplatz Samedan als auch die Air Grischa massive Prämienerhöhungen der ordentlichen Kasko- und Haftpflichtversicherung zu verzeichnen.

6. Bei sich rauh ändernden Situationen im Umfeld Swissair/Crossair ist zurzeit eine Abschätzung allfälliger weiterer Auswirkungen beinahe unmöglich. Dies betrifft nicht nur das Fluggeschäft, sondern auch alle angegliederten Unternehmungen und die damit im Zusammenhang stehenden Entlassungen. Für den Kanton Graubünden sind zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Auswirkungen abzusehen.

7. Für die Attraktivität unseres Landes ist eine nationale Fluggesellschaft mit eigenen europäischen und interkontinentalen Verbindungen anzustreben. Dabei ist es wichtig, dass sich diese neue Fluggesellschaft nach den Marktgegebenheiten richtet, um konkurrenzfähig den Flugbetrieb aufrecht erhalten zu können. Eine Fluggesellschaft mit direkten interkontinentalen Flügen in die Schweiz trägt zum Image eines Landes als attraktiver Wirtschaftsstandort bei.

8. Die Regierung wird sich voraussichtlich zusammen mit den anderen Kantonen beteiligen.

9. Aus Sicht des Kantons steht diese Frage heute nicht im Vordergrund. Der Kanton hat zusammen mit anderen Kantonen in der Generalversammlung vom Frühjahr 2001 eine Sonderprüfung beantragt. Der Bund will sich zur Wahrung der Aktionärsrechte weiterhin für die Klärung der Verantwortlichkeiten einsetzen und will daher die Fortführung der Sonderprüfung mit einem finanziellen Beitrag ermöglichen. Das Resultat dieser Sonderprüfung ist abzuwarten.

10. In der Maisession des Grossen Rates wurde bei der Behandlung der Interpellation Suenderhauf nichts gegen die Strategie „Halten der Swissair-Aktien“ eingewendet. Ein Ausstieg der öffentlichen Hand aus dem Swissair-Engagement im Zeitpunkt des Neustarts unter Herrn Corti wäre zudem in der Öffentlichkeit nicht verstanden worden. Der Kanton St. Gallen hat sich bereits 1999 von seinen Swissair-Aktien getrennt. Die Verkäufe im Jahre 2001 wurden von der Pensionskasse und der Gebäudeversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen getätigt.