In einer Rekrutenschule in der Kaserne Chur kam es im Oktober 2001 zum Eklat. Es wurde bekannt, dass der Soldat S. während mehrerer Wochen regelmässig gedemütigt und angepöbelt worden war. Die verbalen und psychischen Übergriffe gipfelten in der 14. Schulwoche in Gewaltakten bei Bonaduz. Danach rang sich S. endlich durch, dem Stabsadjutanten über sein Leiden zu berichten. In der Folge wurden auch die Medien auf den krassen Fall aufmerksam.
Gleichzeitig erliessen die militärischen Vorgesetzten einen Maulkorb. Lediglich der Schulkommandant sollte der Öffentlichkeit Auskunft geben. Gegenüber der «Tagesschau» und der «Südostschweiz» gab dieser zu bedenken, dass der Soldat S. das Seine zu den Vorfällen beigetragen habe. Es sei üblich, dass es unter den Rekruten hin und wieder zu «Abreibungen» komme. Möglicherweise hat der vorgesetzte Leutnant G. die Gewaltakte in Bonaduz sogar befohlen.
Solche Vorgänge können in keiner Art und Weise geduldet werden. Selbst wenn der Soldat S. sich ein Fehlverhalten hätte zu Schulden kommen lassen, so hätten ausreichend Möglichkeiten für disziplinarische Sanktionen bestanden. Dass es jedoch dazu nie kam, lässt darauf schliessen, dass es sich bei den Aussagen des Schulkommandanten gegenüber den Medien um reine Schutzbehauptungen handelt, die nur dazu dienen, das eigene Versagen zu kaschieren.
Gemäss seiner Schilderung wurde der Soldat S. mehrfach kollektiv geschlagen. In Bonaduz wurde er sogar vor den Augen des Leutnants an ein Fahrzeug gefesselt und geprügelt. Solche Übergriffe sind ungeheuerlich und müssen ein für allemal abgestellt werden. Gerade in der militärischen Schulung sind keinerlei Gewalttätigkeiten zu dulden. Vorgesetzte müssen jederzeit in der Lage sein, mit den ihnen anvertrauten Rekruten korrekt umzugehen. Fehlbare Führungskräfte, die ihrer Aufgabe nicht gerecht werden und sogar noch zur Eskalation von Spannungen beitragen, müssen umgehend ersetzt und zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Regierung wird eingeladen, die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Ist die Regierung auch der Meinung, dass solche Gewalt, wie vorstehend geschildert, in keiner Weise zu tolerieren ist?
2. Wie wertet die Regierung die Aussagen des Schulkommandanten: "In der Armee ist es gang und gäbe, dass Soldaten eine Abreibung abbekommen." Sowie: "Dass den Kameraden irgendwann der Kragen geplatzt sei, könne er verstehen."?
3. Wird die Haltung des Schulkommandanten als Ausbildner von militärischem Nachwuchs von der Regierung noch als tragbar beurteilt?
4. Werden die Offiziere und die Schulkommandanten in der Ausbildung psychologisch geschult? Wenn ja, hat diese versagt? Wenn nein, wo ist diese psychologische Schulung vorgesehen?
5. Haben die Vorfälle Auswirkungen auf die weitere militärische Karriere des Schulkommandanten?
6. Ist die Regierung bereit, dem Opfer seitens des Kantons mit Rat und Tat und eventuell auch finanziell beizustehen?
Chur, 28. November 2001
Name: Schmutz, Trepp, Looser, Arquint, Meyer, Noi, Pfenninger, Schütz
Session: 28.11.2001
Vorstoss: dt Interpellation