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Session: 24.03.2003
Der Bahnhof Chur wird derzeit umgebaut. Es handelt sich um ein komplexes Bauvorhaben. Gemäss den Verlautbarungen der Projektverfasser soll in der Fussgängerunterführung auch ein grösseres Laden- und Geschäftszentrum realisiert werden.
Im Zürcher Shopville wurden die Ladenöffnungszeiten massiv ausgebaut. Es entstand dabei eine längere rechtliche Kontroverse über die Zulässigkeit derart verlängerter Ladenöffnungszeiten. Ausserdem wurde das gewerbliche Gleichgewicht im Bahnhofsumfeld empfindlich gestört.
Für Chur befürchte ich eine ähnliche Situation.

In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:

1. Ist im Bahnhofbereich tatsächlich ein neues Laden- und Geschäftszentrum geplant ? Wenn ja, wo wird dieses zu stehen kommen?

2. Unter welche Gesetzgebung fallen diese Geschäfte betreffend Öffnungszeiten?

3. Erachtet es die Regierung als möglich, dass Geschäfte im unmittelbaren Bahnhofbereich während 24 Stunden offen gehalten werden?

4. Wie wird das Personal in diesen vom Tageslicht ausgeschlossenen Betrieben geschützt?

5. Was unternimmt die Regierung, damit hier nicht grosse Probleme entstehen ?

Chur, 24. März 2003

Name: Schmutz

Session: 24.03.2003
Vorstoss: dt SchriftlicheAnfrage


Antwort der Regierung

1. Gemäss Auskunft des städtischen Tiefbauamtes wird in der neuen Bahnhofsunterführung eine Geschäftsfläche von ca. 800 m2 bis 1'000 m2 erstellt. Nebst Billettschaltern für die SBB und die Stadtbus Chur AG werden in der neuen Bahnhofspassage 4 bis 5 Verkaufs- resp. Verpflegungsbetriebe untergebracht. Vorgesehen sind nebst anderen ein Kaffee/Restaurationsbetrieb sowie ein Lebensmittel-Takeaway-Geschäft. Die neue Bahnhofspassage wird über ein grosszügiges Eingangsportal mit 2 Rolltreppen erschlossen, so dass die Geschäfte in der Nähe dieses Portals teilweise über Tageslicht verfügen. Ein grösseres Laden- und Geschäftszentrum zusätzlich zur Bahnhofspassage ist nicht geplant.

2. Gemäss Art. 39 des Eisenbahngesetzes (EBG) sind Bahnunternehmungen befugt, an Bahnhöfen und in Zügen Nebenbetriebe einzurichten, soweit diese auf die Bedürfnisse der Bahnkunden ausgerichtet sind. Gemäss Art. 26 der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz (ArG V2) dürfen Arbeitskräfte in Kiosken und Betrieben für Reisende, wie etwa Verkaufsstellen und Dienstleistungsbetriebe an Bahnhöfen und Flughäfen an Sonntagen und nachts bis 01.00 Uhr arbeiten. Das Bundesgericht hat festgestellt, dass vorerwähnte Bestimmungen des Eisenbahngesetzes und des Arbeitsgesetzes koordiniert auszulegen sind, da die Vermutung besteht, dass Bahnbetriebe nach Art. 39 EBG zugleich auch Betriebe der Reisebedürfnisse im Sinne von Art. 26 ArG V2 sind. Die Öffnungszeiten für Bahnnebenbetriebe im Sinne des Eisenbahngesetzes werden im konkreten Falle von der SBB festgelegt. Falls in der Bahnhofspassage Geschäfte betrieben werden, welche weder die Eigenschaften eines Bahnnebenbetriebes (Art. 39 EBG) noch jene des Kioskes oder Betriebes für Reisende gemäss Arbeitsgesetz (Art. 26 ArG V2) erfüllen, unterstehen sie dem Gesetz über die Ladenöffnungszeiten der Stadt Chur.

3. Wie erwähnt, werden die Ladenöffnungszeiten von Bahnnebenbetrieben durch das Bahnunternehmen bestimmt. Nach Rücksprache mit der SBB ist davon auszugehen, dass ein 24-Stunden-Betrieb in Chur nicht vorgesehen ist.

4. Gemäss Art. 24 Abs. 5 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArG V3) muss von ständigen Arbeitsplätzen aus die Sicht ins Freie vorhanden sein. In Räumen ohne Fassadenfenster sind ständige Arbeitsplätze nur zulässig, wenn durch besondere bauliche oder organisatorische Massnahmen sichergestellt ist, dass den Anforderungen der Gesundheitsvorsorge insgesamt genüge getan ist. Arbeitsplätze ohne Tageslicht sind auch in der Stadt Chur keine Neuigkeit. So verfügt etwa das Verkaufspersonal in unseren Warenhäusern nur in Ausnahmefällen über Arbeitsplätze mit Sicht ins Freie. Seitens der Arbeitsmedizin wird festgestellt, dass der häufige Kontakt mit wechselnder Kundschaft die Beeinträchtigung der mangelnden Sicht ins Freie teilweise zu kompensieren vermag. Diesbezüglich sind die künftigen Arbeitsplätze in der Bahnhofspassage vergleichbar mit Arbeitsplätzen in Warenhäusern. Wie in Warenhäusern wird auch bei der Bahnhofspassage darauf zu achten sein, dass die Innenraumbeleuchtung nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Lichttechnischen Gesellschaft (SLG) und dem neuesten Stand der Technik auszugestalten ist. Die SBB-Bauleitung hat bereits Kontakt mit dem kantonalen Arbeitsinspektorat aufgenommen. Im Rahmen des Planbegutachtungsverfahrens wird die genannte Behörde Empfehlungen zur Einrichtung der Arbeitsplätze, insbesondere zur Raum- und Lichtgestaltung abgeben.

In Berücksichtigung der Tatsache, dass die künftige Bahnhofspassage über keine sehr grossen Verkaufsflächen wie etwa das Shop-Ville in Zürich verfügen wird, erübrigen sich prophylaktische Vorkehrungen. Sollten sich tatsächlich Probleme ergeben, sind diese zu gegebenem Zeitpunkt durch die zuständigen Stellen zu lösen.

Datum: 29. April 2003