In unserer gegenwärtigen Welt gibt es mehr als 3'000 Minderheiten. Sie finden in Recht und Politik oft aber nicht genügend Schutz. Ethnonationalismus prägt das Gesicht vieler Länder. Er kann zu Zwangsassimilation führen oder zur willkürlichen Entziehung oder Vorenthaltung der Bürgerrechte (Isolation, Diskriminierung, Verfolgung, Deportation oder Massaker). Ethnonationalismus steht nicht im Einklang mit der Grundidee einer offenen, liberalen und demokratischen Verfassung. Die blosse Begegnung von verfeindeten Menschen und Gruppen ausserhalb ihres Landes kann Hass und Vorurteile durchbrechen, Konflikte entschärfen, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zum Stillstand bringen.
Gemeinsam mit dem ”Europa Institut an der Universität Zürich” haben namhafte Persönlichkeiten innerhalb und ausserhalb unseres Kantons die Gründung eines ”Internationalen Zentrums für Minderheiten mit Sitz in Graubünden” vorgesehen. Das Zentrum sieht seine Kernaufgabe darin, den Konfliktpartnern einen neutralen Ort ausserhalb des Spannungsgebietes und die Möglichkeit zu bieten, um miteinander in einen konstruktiven Dialog zu treten. Dabei sind die Menschenwürde sowie die Grund- und Menschenrechte Orientierungspunkte ihrer Arbeit. Als Hauptaufgaben können die Behandlung internationaler Minderheitenfragen in den Bereichen Staats- und Völkerrecht, die Förderung von kulturellen und sprachlichen Minderheiten sowie der Aufbau von Netzwerken bezeichnet werden. Durch die Mitwirkung des Europa Instituts an der Universität Zürich verfügt das Zentrum über das erforderliche staats- und völkerrechtliche Fachwissen sowie die nötige interkulturelle und soziale Kompetenz, um mit den Konfliktparteien rechtliche und politische Lösungsansätze zu entwickeln.
Der Kanton Graubünden ist von seiner Geschichte und seiner kulturellen und sprachlichen Vielfalt her dafür prädestiniert, Sitz dieses Zentrums zu sein und sich als Begegnungsort für Minderheiten mit internationaler Ausstrahlung zu etablieren. Eine erfolgreiche Umsetzung der geplanten Aktivitäten könnte durch die Zusammenarbeit mit dem Europainstitut an der Universität Zürich das entsprechende Wissen und die universitäre Ausbildung an unseren Fachhochschulen erheblich erweitern und das Image unseres Kantons massgeblich stärken. Die Realisierung des Minderheitenzentrums könnte nicht nur die Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichen, sondern auch in anderen Bereichen volkswirtschaftliche Umsätze generieren. Die Umsetzung dieses Projektes ist jedoch nur dann möglich, wenn nebst dem Bund und dem Kanton Zürich auch der Kanton Graubünden entsprechende Betriebs- und/oder Standortbeiträge leistet.
Die Regierung wird deshalb aufgefordert, mögliche bestehende Rechtsgrundlagen (z.B. Kulturförderungsgesetz) für die Leistung von Betriebs- und/oder Standortbeiträgen für das geplante Minderheitenzentrum anzuwenden oder diese allenfalls zu erarbeiten und dem Grossen Rat vorzulegen.
Chur, 25. März 2003
Name: Tuor (Disentis(Mustér), Arquint, Claus, Augustin, Barandun, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Sedrun), Bucher, Büsser, Cahannes, Capaul, Casanova (Vignogn), Cathomas, Cavegn, Caviezel (Chur), Cavigelli, Crapp, Dermont, Farrér, Feltscher, Hanimann, Hartmann, Jäger, Keller, Lardi (Le Prese), Lardi (Poschiavo), Locher, Looser, Maissen, Meyer, Pfenninger, Pfiffner, Portner, Righetti, Schmid (Sedrun), Schmid (Vals), Schütz, Suenderhauf, Thomann, Tuor (Trun), Zanolari
Session: 25.03.2003
Vorstoss: dt Motion