Navigation

Inhaltsbereich

Session: 08.12.2003
Der Kanton Graubünden besteht zur Zeit aus 208 Gemeinden. Beinahe ein Drittel davon hat weniger als 200 Einwohner. Diese Vielfalt, die den Kanton politisch und gesellschaftlich prägt, und die bis heute erfolgreich gelebte Autonomie der Gemeinden gilt es zu erhalten und für die Zukunft zu stärken. Nur starke Gemeinden sind in der Lage, ihre wichtigen Aufgaben effizient und leistungsfähig wahrnehmen zu können und als gleichwertiger Partner des Kantons und andern Gemeinden aufzutreten.
Trotz zur Zeit mehrheitlich gut funktionierender Strukturen wird der Druck zunehmend grösser, im immer schwieriger werdenden Umfeld (Finanzlage, Anspruchshaltung der Bürger, Gesetzesvollzug, etc.) den steigenden Anforderungen nach Professionalität, Effizienz und Kompetenz genügen zu können. Dieser Entwicklung wurde durch verschiedenste Formen von verstärkter Zusammenarbeit auf kommunaler oder regionaler Ebene begegnet. Trotzdem werden die strukturellen Probleme damit nicht gelöst, und die Gemeinden stossen immer mehr an ihre Kapazitäts-Grenzen. Zudem wird durch die Delegation von immer mehr Aufgaben die Souveränität der Kleingemeinden schleichend ausgehöhlt.
Es sind neue Strategien und Zusammenarbeitsformen gefragt, die nicht nur von den Gemeinden, d.h. von unten kommen, sondern auch vom Kanton aktiv in Form von Leitplanken für Gemeindereformen gesetzt werden, und damit zu vermehrten Zusammenschlüssen von Gemeinden unter Berücksichtigung ihrer lokalen Situation führen. Dies betrifft insbesondere Fragen der Finanzausgleichsgesetzgebung, der kantonalen Subventionspolitik und des Regierungsprogramms.
Die Regierung wird ersucht, bis Ende des Jahres 2005 eine Vorlage zur Strukturreform der Gemeinden auszuarbeiten. Dabei soll auf der Basis des Berichtes "GI-Info 2000" des Gemeindeinspektorates ein Reformmodell in Anlehnung an die heutigen Kreise entwickelt werden. Das Modell soll besonders der Stärkung der Talschaften Rechnung tragen. Bei grösseren Zusammenschlüssen sollen die Ansprüche der Dorfschaften mit Hilfe des Fraktionsmodells berücksichtigt werden können.

Chur, 8. Dezember 2003

Name: Hanimann, Bachmann, Bär, Barandun, Bühler-Flury, Casanova (Chur), Caviezel (Pitasch), Claus, Donatsch, Feltscher, Hartmann (Champfér), Hess, Jenny, Kessler, Krättli-Lori, Marti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Mengotti, Michel, Perl, Rizzi, Robustelli, Thomann, Tramèr, Wettstein, Hauser, Valär, Toschini, Hartmann (Chur)

Session: 8.12.2003
Vorstoss: dt Auftrag


Antwort der Regierung

Vielfalt, Gemeindeautonomie und eine dezentrale Besiedlung prägen unser Gemeindewesen. Diese Werte gilt es zu erhalten. Die Regierung teilt die Ansicht der Auftraggeber, dass in Zukunft nur starke Gemeinden in der Lage sind, dem zunehmenden Druck zu begegnen und ihre Aufgaben effizient zu erfüllen. Die bestehende Aufgabenorganisation ist angesichts der beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen nicht geeignet, eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes sicherzustellen. Auch in den Agglomerationsgemeinden liegen erhebliche Potenziale zur Effizienzsteigerung brach. Deshalb sind die Strukturen auf Regions- und Gemeindeebene zu bereinigen, zu vereinfachen und damit schlagkräftiger zu gestalten.

Regierung und Verwaltung sind in Sachen Strukturreform bisher nicht untätig geblieben. Mit einer Revision der Vollziehungsverordnung zum Finanzausgleichsgesetz wurden mit Wirkung ab 2002 erste Anreize geschaffen und Hemmnisse für Gemeindereformen teilweise beseitigt. In der Informationsschrift des Gemeindeinspektorates „Bündner Gemeinden nach 2000“ wurden im Jahre 2000 eine breite Auslegeordnung vorgenommen und Reformwege aufgezeigt. Danach ist einiges in Bewegung geraten. Eine mehr oder weniger flächendeckende Reorganisation gab es beispielsweise bei den Zivilstandsämtern, beim Zivilschutz und bei der Feuerwehr. Im Schulbereich wurden in verschiedenen Talschaften wegweisende Schritte für grossräumige Lösungen unternommen. Eine neue Kooperationsform bilden die neun Allianzen von Gemeindesteuerämtern. In zwölf Fällen fanden sich Gemeinden zu Kanzleikooperationen zusammen. Mit den Gemeindevereinigungen von Suraua und Donat verringerte sich die Zahl der Gemeinden von 212 auf 208. Rund 50 Gemeinden sind in zwölf konkrete Fusionsprojekte und in ebenso viele vor Ort andiskutierte Fusionsmöglichkeiten involviert. In zehn Talschaften wurden öffentliche Veranstaltungen zum Thema Gemeindereform durchgeführt.

Die stark veränderten wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen und die Herausforderungen der Bundespolitik (Neue Regionalpolitik, NFA, Entlastungsprogramme) zwingen zu weiteren Reformanstrengungen. Dadurch soll die Position des Berggebietes im Wettbewerb um die knappen staatlichen Förder- und Ausgleichsmittel gestärkt werden. Mit der Verfassungsrevision, dem kantonalen Richtplan, dem Wirtschaftsentwicklungsgesetz und den Massnahmen zur Haushaltssanierung wurden bereits wichtige Leitplanken für eine Reform der territorialen Strukturen gesetzt.

Eine wirkungsvolle Reform der territorialen Strukturen kann nicht losgelöst von den Fragen der Aufgabenorganisation, des Service public, der Mindestausstattung und des Finanzausgleichs in die Wege geleitet werden. Die Regierung will deshalb die territorialen Strukturen und die Aufgabenteilung in Verbindung mit dem Finanzausgleich zu einem Entwicklungsschwerpunkt des Regierungsprogrammes 2005 2008 machen.

In Zusammenarbeit mit dem Kanton erstellt die Hochschule für Technik und Wirtschaft bis Anfang 2005 einen Leitfaden für Gemeindereformprojekte. Ebenfalls im Jahr 2005 wird dem Grossen Rat eine Botschaft zu einer Teilrevision des Finanzausgleichsgesetzes vorgelegt. Mit dieser Teilrevision sollen Hemmnisse für Gemeindereformen so weit als möglich beseitigt und weitere kurzfristig umsetzbare Anreize geschaffen werden. Gleichzeitig sollen entsprechende flankierende Anpassungen in anderen Erlassen (Gemeindegesetz, Subventionsbestimmungen der Sektoralpolitiken) vorgeschlagen werden. In dieser Botschaft will die Regierung auch ihre Strategien zur Förderung von Gemeindefusionen und der Optimierung der interkommunalen Zusammenarbeit vorstellen. Dabei sollen auch mögliche Reformwege und Modelle (Kreise, Fraktionen) aufgezeigt werden.

In einem weiteren Schritt soll im Anschluss an die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) eine umfassende Reform der Aufgabenorganisation und des Finanzausgleichs (Bündner NFA) in Angriff genommen werden.

Die Regierung ist bereit, den Auftrag im Sinne der Ausführungen entgegenzunehmen.

Datum: 9. März 2004