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Session: 19.04.2005
Der neue vom Bundesamt für Raumentwicklung (are) erarbeitete Raumentwicklungsbericht analysiert den heutigen Stand der Raumplanung in der Schweiz und formuliert die heute erkennbaren Trends. Laut dessen Analyse schreitet die Zersiedlung des Landes weiter fort, der Koordination von Siedlungsentwicklung und Verkehr wurde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Als grundlegende Erscheinung wird im Bericht die anhaltende Verstädterung der Schweiz festgehalten. Drei Viertel der schweizerischen Bevölkerung wohnen heute in Agglomerationen, wo insgesamt 82 Prozent aller Arbeitsplätze angesiedelt sind.

Diese Entwicklung begünstigt haben dem Bericht zufolge vor allem die stark dezentralisierten institutionellen Strukturen des Gemeinwesens, mit anderen Worten der schweizerische Föderalismus und die dreistufige Gliederung des Gemeinwesens. Das are kommt zum Schluss, dass die Raumentwicklung in der Schweiz während der letzten Jahrzehnte nicht nachhaltig war. In seiner Analyse hält es insbesondere fest, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Metropolitanräume und diejenige der Tourismusdestinationen darunter besonders leiden. Die Ausdehnung der Siedlungsgebiete bei geringer Dichte treibe die Kosten der Siedlungsstruktur in die Höhe und sei eine enorme Belastung für die öffentliche Hand.

Für die Zukunft (Schweiz 2030) skizziert der Bericht sodann vier Szenarien und formuliert darauf gestützt ein „Raumkonzept Schweiz“. Das vom are vorgeschlagene Konzept orientiert sich eher am dritten Szenario einer polyzentrischen Schweiz, die mehrere Netze von Orten unterschiedlicher Grösse umfasst, zwischen denen offene Landschafts- und Naturräume liegen. Das Raumkonzept umfasst Rahmenstrategien sowie spezifische Strategien für städtische und ländliche Räume. Die Strategie für ländliche Räume sieht vor, dass die alpinen Tourismuszentern das Kapital „Landschaft“ langfristig erhalten. Zugleich müssen sie ihre zentralörtlichen Funktionen stärken und ausbauen. Die peripheren ländlichen Räume sind angehalten, ihre bestehenden Infrastrukturen optimal zu erhalten und zu nutzen. Es sollen Aktivitäten gefördert werden, die eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen.

In diesem Zusammenhang fragen die unterzeichnenden Grossräte die Regierung an:

1. Teilt die Regierung mit dem are die Meinung in seiner Analyse, dass die Raumentwicklung der letzten Jahrzehnte - bezogen auf unser Kanton - nicht nachhaltig war?

2. Ist die Regierung ebenfalls der Ansicht, dass die stark dezentralisierten institutionellen Strukturen für die anhaltende Zersiedelung und Ausdehnung der Siedlungsgebiete bei geringer Dichte verantwortlich sind?

3. Unterstützt die Regierung die formulierte Strategie für die Zukunft Schweiz (2030) im Allgemeinen wie insbesondere für die peripheren ländlichen Räume, wonach diese angehalten werden, ihre bestehenden Infrastrukturen optimal zu erhalten, zu nutzen und Aktivitäten zu fördern, die eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen?

4. Wie stellt sich die Regierung zur Feststellung, dass ohne deutliche Aufstockung der finanziellen Mittel für die Raumordnungspolitik sich eine nachhaltige Raumordnungspolitik nicht verwirklichen lasse? Trifft das für unser Kanton zu?

5. Besteht aufgrund des am 18. März 2005 publizierten Berichts zur Raumentwicklung des are aus Sicht der Regierung Handlungsbedarf, allenfalls Anpassungsbedarf kantonaler Erlasse wie zum Beispiel des Kantonalen Richtplans (RIP 2000)?

Chur 19. April 2005

Name: Berther (Sedrun), Donatsch, Cavigelli, Augustin, Bachmann, Bucher-Brini, Büsser, Dermont, Fallet, Fasani, Feltscher, Jaag, Jäger, Jeker, Keller, Lemm, Loepfe, Luzio, Maissen, Märchy-Michel, Meyer Persili (Chur), Peyer, Plozza, Portner, Quinter, Sax, Schütz, Telli, Tremp, Trepp, Tuor, Zegg, Foffa

Session: 19.04.2005
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

Frage 1
Die Aussage, wonach die Raumentwicklung in den letzten Jahrzehnten nicht nachhaltig gewesen sei, ist bezogen auf Graubünden zu pauschal und muss differenziert werden. Aus räumlicher und landschaftsökologischer Sicht kann Graubünden im nationalen Vergleich auf eine durchaus nachhaltige Siedlungsentwicklung zurückblicken. Abstriche sind diesbezüglich höchstens in gewissen Tourismusdestinationen mit grossem Zweitwohnungsanteil zu machen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht verlief die Entwicklung demgegenüber nicht immer und überall optimal. Zu denken ist z.B. an die Bedrohung der traditionellen Hotellerie oder an die Konzentration der Arbeitsplätze im Bündner Rheintal mit der damit verbundenen Schwächung der wirtschaftlichen Substanz in Teilen des ländlichen Raums.

Frage 2
Die Schuld für die an gewissen Orten zu beobachtenden Zersiedelungserscheinungen einseitig den dezentralen institutionellen Strukturen unseres Landes zuzuschieben, erachtet die Regierung als zu pauschal. Der Kanton Graubünden ist jedenfalls trotz seinen besonders starken föderalistischen Strukturen im Grossen und Ganzen keineswegs von einer unverantwortlichen Zersiedelung geprägt. Die Kompetenz für die Raumplanung kann und soll auf jeden Fall weiterhin beim Kanton und bei den Gemeinden verbleiben; für Kompetenzverschiebungen Richtung Bund besteht keine Veranlassung.

Frage 3
Die Regierung stimmt der formulierten Strategie für die ländlichen Räume grundsätzlich zu. Die knappen Mittel sind im weit verzweigten Kanton Graubünden optimal einzusetzen. Auch ist unbestritten, dass die Entwicklung im Sinne der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung zu erfolgen hat. Dies gilt insbesondere auch für die Tourismuswirtschaft, die auf eine intakte Umwelt und auf einen funktionsfähigen (Erholungs-)Raum angewiesen ist.

Frage 4
Auf Grund der kantonalen Sparmassnahmen muss auch das Amt für Raumplanung (ARP) Einsparungen vornehmen. Dies äussert sich in Budgetkürzungen und Personalabbau. Die Folge ist, dass auch für vorausschauende Strategiefragen und Konzeptarbeiten (z.B. Bereich Siedlungsentwicklung, Verkehr, Entwicklungsstrategien im ländlichen Raum) die Mittel fehlen.

Frage 5
Die raumplanerischen Leistungen der Vergangenheit können sich - auch aus Sicht der Nachhaltigkeit - sehen lassen. Selbstverständlich gibt es immer Verbesserungsmöglichkeiten. Der kantonale Richtplan 2000 (RIP 2000) bildet anerkanntermassen eine gute Grundlage, um zusammen mit den Instrumenten und Verfahren des neuen kantonalen Raumplanungsgesetzes (KRG) den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Im Rahmen der Überarbeitung der Grundzüge der Raumordnung Schweiz wird sich zeigen, inwieweit der RIP 2000 weiter zu entwickeln ist. Ein guter Plan allein erzeugt jedoch noch keine gute und räumlich differenzierte Raumentwicklung. Alle Planungsträger sind deshalb aufgefordert, den Raum Graubünden aktiv weiterzuentwickeln und gemeinsam erarbeitete Raumordnungsstrategien konkret umzusetzen, auf dass der Raum Graubünden künftigen Generationen als ein funktionsfähiger Wirtschafts-, Erholungs- und Lebensraum erhalten bleibt.

Datum: 23. Juni 2005