Am 15. März hat die Regierung neue Richtlinien für die Verkehrsberuhigung innerorts erlassen. Gemäss Informationen aus dem Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement sind in letzter Zeit mehrere Gesuche von Gemeinden, die den Verkehr aus Sicherheitsgründen innerorts beruhigen wollen, eingereicht worden. Unseres Wissens handelt es sich dabei insbesondere um die folgenden Gemeinden: Haldenstein, Schiers, Malans, Almens, Arosa, Ausserferrera, Laax, Silvaplana, Bever, Celerina, Madulain, Zernez und Scuol.
Die von der Regierung erlassenen Richtlinien für Verkehrsberuhigungsmassnahmen innerorts sind bezüglich der Zulassung von Tempo 30 auf Kantonsstrassen zu restriktiv. Mit der Voraussetzung, dass ein gewisser v-85 Wert vor Einführung von Tempo 30 nicht überschritten sein darf (v-85 <42 km/h auf Hauptstrassen bzw. <44 km/h auf Verbindungsstrassen), würde die bisherige fortschrittliche Praxis der Regierung deutlich verschärft.
So hätte bei strikter Anwendung dieser Voraussetzung z.B. die schweizweit als Vorbild geltende Tempo 30 Zone Maienfeld gar nicht realisiert werden können. Im Falle von Schiers, um ein weiteres Beispiel zu nennen, müsste sich Tempo 30 auf den engsten Dorfkern, d.h. auf den Ort wo schon heute langsam gefahren wird, beschränken. Aber ausgerechnet vor dem Schulhaus, wo heute deutlich zu schnell gefahren wird, müsste auf Tempo 30 verzichtet werden. Dies ungeachtet der Tatsache, dass die Gemeindeversammlung von Schiers dem vorgeschlagenen Tempo 30 Zone mit 80% Ja-Stimmen zustimmte. Aber auch Gemeinden wie Ausserferrera, welche Tempo 30 gar ohne Gegenstimme beschloss, müsste darauf verzichten. Weitere Gemeinden, deren beantragten Tempo 30 Zonen bei Anwendung der Richtlinien nicht oder nur teilweise genehmigt werden könnten, sind z.B. Laax und Zernez.
Auch die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu ist der Meinung, dass ein derart tief angesetzter v-85 Wert zu restriktiv ist und aus Gründen der Verkehrssicherheit zweckmässige Tempo 30 Zonen verunmöglicht. In ihren eigenen Richtlinien zur Beratung von Kantonen und Gemeinden verzichtet die bfu bewusst auf ein solches „Ausschlusskriterium'.
Im Weiteren führt die bevorzugte Behandlung von Gemeinden, die am Ende einer Kantonsstrasse liegen, zu grosser Ungerechtigkeit. So kann beispielsweise in Arosa Tempo 30 eingeführt werden. Aber in den übrigen Gemeinden an der Schanfiggerstrasse, welche fast ausschliesslich unter dem Verkehr nach und von Arosa leiden, wäre dies kaum möglich.
Auf Grund obiger Überlegungen stellen wir der Regierung die folgenden Fragen:
1. Teilt die Regierung die Ansicht der Interpellanten, dass die Verkehrssicherheit auch auf Kantonsstrassen in den Dörfern verbessert werden muss?
2. Ist die Regierung auch der Meinung, dass grundsätzlich alle Gemeinden das gleiche Recht auf Massnahmen zur Verkehrssicherheit haben, ungeachtet davon, ob sie an einer Hauptstrasse, an einer Verbindungsstrasse oder am Ende einer solchen Strasse liegen?
3. Teilt die Regierung die Ansicht, dass der geäusserte Wille der direkt betroffenen Bevölkerung in den Dörfern auch mitentscheidend sein muss bei der Beurteilung von verkehrsberuhigenden Massnahmen wie Tempo 30 Zonen u. Ä.?
4. Ist die Regierung bereit, diese Aspekte im neuen Strassengesetz gebührend zu berücksichtigen und die Richtlinien vom 13.03.2005 dementsprechend anzupassen, oder andere Verkehrsberuhigende Massnahmen zu treffen um die Sicherheit der betroffenen Bevölkerung zu verbessern?
Chur, 19. April 2005
Name: Giacometti, Parolini, Bucher-Brini, Bühler, Casanova (Chur), Caviezel-Sutter (Thusis), Dermont, Frigg, Hardegger, Hess, Jaag, Jäger, Jenny, Keller, Meyer Persili (Chur), Michel, Peyer, Pfenninger, Pfiffner, Portner, Quinter, Schütz, Trepp, Zegg, Zindel, Caviezel (Chur)
Session: 19.04.2005
Vorstoss: dt Anfrage