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Session: 17.06.2005
Die Kulturförderung in Graubünden wird gemäss kantonalem Kulturförderungsgesetz (Art.1) sowohl vom Kanton wie von den Gemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten wahrgenommen. Kulturförderung auf Bundesebene wird schwergewichtig durch die Stiftung Pro Helvetia wahrgenommen. Derzeit wird der Erlass eines eidgenössischen Kulturförderungsgesetzes diskutiert. Die kantonalen Mittel sind unter anderem auch dank der Möglichkeiten des Landeslotteriefonds beachtlich.

Die Förderung der Kultur ist auch Gemeindeaufgabe. Im Entwurf zu einem neuen Gemeindegesetz wird in der Variante, die die besonderen Gemeindeaufgaben auflistet, die Kultur als eine der Kernaufgaben der Gemeinden genannt. Sinnvollerweise ergänzt sich die Kulturförderung von Bund, Kantonen und Gemeinden. Dazu ist unter anderem eine gewisse Koordination der Verteilung der öffentlichen Mittel notwendig, ohne dass dabei die Autonomie der einzelnen Entscheidungsträgerschaften zu sehr eingeschränkt wird.

Gemäss Kulturförderungsgesetz wird die kantonale Förderung auch gegenüber Leistungen von Gemeinden als subsidiär bezeichnet. Die Bündner Gemeinden ihrerseits nehmen die Förderung der Kultur gemäss heutiger Praxis sehr unterschiedlich wahr. Einzelne Gemeinden übernehmen oder finanzieren grosse Aufgaben auch für eine weitere Region, während andere Gemeinden die Kultur sehr bescheiden und höchstens lokal fördern. Speziell augenfällig ist diese Situation in Chur, resp. im Churer Rheintal. Gemäss dem letzten Verwaltungsbericht für das Jahr 2004 belief sich der Aufwand der Stadt Chur für die Förderung der Kultur auf 3.67 Mio. Franken. Als eine der gewichtigsten Ausgabepositionen figuriert beispielsweise der Beitrag an das Stadttheater mit einem Beitrag von Fr. 620'000.-- Im gleichen Jahr erhielt das Stadttheater Chur an zusätzlichen öffentlichen Mitteln Fr. 180'000.-- vom Kanton. Obwohl die Zuschauenden erwiesenermassen regelmässig aus vielen weiteren Bündner Gemeinden stammen, beteiligt sich keine von diesen an den Kosten dieses wichtigsten Bündner Dreispartenhauses (Musik-, Sprech- und Tanztheater), weil bis heute dazu auch keine gesetzliche Verpflichtung besteht.

Andere Kantone kennen freiwillige oder gesetzlich verankerte kantonale oder gar überkantonale Regelungen, um die kulturelle Förderung zwischen Zentrumsgemeinden/Städten und deren Agglomerationen wenigstens teilweise auszugleichen. So sind zum Beispiel im Kanton Bern alle Gemeinden in einem gewissen Umkreis von „grossen“ Kulturangeboten wie städtische Theater etc. durch die kantonale Gesetzgebung verpflichtet, sich an den Kosten dieser bedeutenden Kulturinstitutionen zu beteiligen.

Die Regierung wird um die Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:

1. Welchen Wert misst die Regierung der Koordination der Kulturförderung von Bund, Kantonen und Gemeinden zu? Wie weit wird eine solche Koordination heute praktiziert?

2. Welche Bündner Gemeinden (mit mehr als 3000 Einwohnenden) geben derzeit pro Jahr mehr als Fr. 50'000.-- für die Kulturförderung aus? (Wir erwarten eine Auflistung der entsprechenden Gemeinden mit Angabe der kommunalen Aufwendungen für die Kulturförderung eines aktuellen Vergleichsjahres sowie einer Umrechnung dieser Ausgaben pro Einwohnerin/Einwohner der betreffenden Gemeinde.)

3. Teilt die Regierung die Auffassung der Fragestellenden, wonach eine Beteiligung von umliegenden Gemeinden an den Aufwand bedeutender Kulturinstitutionen (beispielsweise Stadttheater Chur) gerechtfertigt wäre?

4. Ist die Regierung bereit, im Hinblick auf eine Revision des kantonalen Kulturförderungsgesetzes eine Regelung wie die erwähnte im Kulturförderungsgesetz des Kantons Bern näher zu prüfen?

5. Ist die Regierung bereit, den Beitrag des Kantons an das Stadttheater Chur aufgrund der neuen Entwicklung (Eigenproduktionen sind wieder möglich) ebenfalls einmal generell zu überprüfen?

Chur, 17. Juni 2005

Trepp, Bucher, Augustin, Baselgia-Brunner, Casty, Fasani, Frigg, Jaag, Jäger, Keller, Koch, Meyer Persili (Chur), Noi, Peyer, Pfenninger, Righetti, Schütz, Zindel, Brasser, Caviezel (Chur), Gartmann, Mainetti, Monigatti

Session: 17.06.2005
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

1. Welchen Wert misst die Regierung der Koordination der Kulturförderung von Bund, Kantonen und Gemeinden zu? Wie weit wird eine solche Koordination heute praktiziert?
Die Koordination der Kulturförderung von Bund, Kantonen und Gemeinden ist wichtig um Doppelspurigkeiten zu vermeiden und um mögliche Synergieeffekte zu nutzen. Im Wesentlichen findet die Koordination gegenwärtig auf zwei Ebenen statt: a) durch die gesetzliche Festlegung der diversen Kompetenzen und Aufgabengebiete von Bund, Kanton und Gemeinden und b) durch koordinierende Gremien.

a) Auf dem Gebiet der Kultur ist die Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Kantonen in Art. 69 der Bundesverfassung (BV) geregelt. Danach sind entsprechend der föderalistischen Tradition für den Bereich der Kultur die Kantone zuständig. Präzisiert und ausgeführt wird dieser Grundsatz im Bundesgesetz über die Kulturförderung des Bundes und in jenem betreffend die Stiftung Pro Helvetia, welche sich beide zurzeit in Vernehmlassung befinden. Der Bund beschränkt sich vorab auf Aufgaben von gesamtschweizerischer Bedeutung und unterstützt subsidiär die Tätigkeiten der Kantone (sowie der Gemeinden und der Privaten) in der Kulturförderung.

Auf kantonaler Ebene ergibt sich die Aufgabenteilung zwischen dem Kanton und den Gemeinden aus der Kantonsverfassung (Art. 90 KV) und dem kantonalen Kulturförderungsgesetz (KFG). Abgesehen von einigen kulturellen Institutionen, die ganz vom Kanton getragen werden, teilen sich Gemeinden und Kanton die Förderung des künstlerischen und kulturellen Schaffens und Austausches im Kanton. Wesentlich ist allerdings, dass die kantonale Kulturförderung gegenüber Leistungen der Gemeinden und anderer öffentlichrechtlicher Körperschaften subsidiär ist (Art. 2 Abs. 6 KFG).

b) Als koordinierendes Gremium zwischen Bund und Kanton fungiert die Konferenz der Kulturbeauftragten der Kantone (KBK), zwischen Bund und 17 Städten mit eigenen Kulturfachstellen die Konferenz der Schweizer Städte für Kulturfragen (KSK). Dieser gehört auch Chur an. Ein koordinierendes Gremium zwischen Kanton und Gemeinden gibt es nicht. Die Koordination geschieht hier weitgehend projektspezifisch.
2. Welche Bündner Gemeinden (mit mehr als 3000 Einwohnenden) geben derzeit pro Jahr mehr als Fr. 50'000.- für die Kulturförderung aus?

Aufwendungen (in Fr.) Einwohnende Aufwand /Einw. (in Fr.)
Gemeinde 2003 2004 2003 2004 2003 2004
Chur 4'633'751.00 4'211'520.00 35'009 35'035 132.4 120.2
Klosters 180'255.00 218'086.00 4'431 4'457 40.7 48.9
Poschiavo 56'656.25 69'260.65 3'411 3'387 16.6 20.4
St. Moritz 292'600.00 286'700.00 4'928 4'946 59.4 58.0
Domat/Ems 196'576.00 217'728.00 6'803 6'924 28.9 31.4
Davos 842'627.80 916'906.30 10'998 10'745 76.6 85.3
Total 6'209'153.80 5'933'801.45 72'995 72'919 355.44 366.17


3. Teilt die Regierung die Auffassung der Fragestellenden, wonach eine Beteiligung der umliegenden Gemeinden an den Aufwand bedeutender Kulturinstitutionen (beispielsweise Stadttheater Chur) gerechtfertigt wäre?
Die Konferenz der Kantonsregierungen hat im Juni dieses Jahres die Rahmenvereinbarung für die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich (IRV) zuhanden der Kantone verabschiedet. Darin wird u.a. festgehalten, dass die Grundsätze der IRV - Subsidiarität und fiskalische Äquivalenz - „sinngemäss“ auch innerkantonal gelten sollen. „Kultureinrichtungen von überregionaler Bedeutung“ stellen einen der neun betroffenen Bereiche dar. Wenn der Kanton Graubünden die Vereinbarung ratifiziert, muss eine Beteiligung der umliegenden Gemeinden an den Aufwand wichtiger Kulturinstitutionen wie das Stadttheater Chur ernsthaft geprüft werden.

4. Ist die Regierung bereit, im Hinblick auf eine Revision des kantonalen Kulturförderungsgesetzes eine Regelung wie die erwähnte im Kulturförderungsgesetz des Kantons Bern näher zu prüfen?
Das gültige Kulturförderungsgesetz ist seit dem 1. Januar 1998 in Kraft. Eine Revision des Gesetzes ist zurzeit nicht vorgesehen: Wenn das Gesetz dereinst einer Revision unterzogen werden soll, ist die Regierung bereit, auch die „Berner Regelung“ näher zu prüfen.

5. Ist die Regierung bereit, den Beitrag des Kantons an das Stadttheater Chur aufgrund der neuen Entwicklung (Eigenproduktionen sind wieder möglich) ebenfalls einmal generell zu überprüfen?

Der Kanton hat die neue Entwicklung des Stadttheaters insofern bereits finanziell berücksichtigt, als dass Eigenproduktionen als getrennte Kulturprojekte zusätzlich zum ordentlichen Kantonsbeitrag kantonale Förderungsmittel aus dem Landeslotteriefonds erhalten. Diese Vorgehensweise entspricht der gängigen Praxis, die der Kanton auch in anderen ähnlichen Fällen (wenn auch mit geringeren Beiträgen) verfolgt. Die Regierung ist selbstverständlich bereit, den Beitrag an das Stadttheater zu überprüfen, sofern sie weiterhin dem Gleichbehandlungsprinzip folgen kann.

2. September 2005