Die Regierung hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2004 / Protokoll Nr. 1843 das Grobkonzept "Rumantsch Grischun in der Schule" verabschiedet und die politischen, finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen für die Entwicklungsschritte zur Einführung von Rumantsch Grischun in der Schule festgelegt. Das Konzept stützt sich auf den vom Grossen Rat überwiesenen Auftrag Farrér betreffend Ausarbeitung eines Konzeptes bezüglich Einführung von Rumantsch Grischun in den Schulunterricht (GRP 2003/2004, 194, 510, 516). Das Parlament hatte die Regierung beauftragt, zu den offenen Fragen bezüglich Verfahren und Modalitäten der Implementierung von Rumantsch Grischun in der Schule ein Konzept zu erarbeiten. Für die Erarbeitung dieses Konzeptes und dessen Verabschiedung braucht die Regierung keine gesetzliche Grundlage.
Das Grobkonzept hält im Ergebnis unter anderem fest, dass Rumantsch Grischun als Schulsprache ausschliesslich dort eingeführt werden kann, wo dies von den Gemeinden gewünscht wird. Der Entscheid über eine obligatorische Einführung von Rumantsch Grischun als Alphabetisierungssprache in den romanischen Schulen soll aufgrund der allenfalls notwendigen Rechtsanpassungen bewusst auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Denn nach heute geltendem Recht liegt die Kompetenz, anstelle der Idiome Rumantsch Grischun als Schulsprache einzuführen, fraglos bei den Gemeinden. Bislang (Stichtag 18. Mai 2006) haben entsprechende Abstimmungen über die freiwillige Einführung von Rumantsch Grischun in der Schule in folgenden Gemeinden stattgefunden: Fuldera, Tschierv, Valchava, Lü, Sta. Maria V. M., Müstair, Trin, Lantsch/Lenz, Brienz/Brinzauls, Tiefencastel, Mon, Stierva, Salouf, Riom-Parsonz, Sur.
Die Regierung hat also zu keinem Zeitpunkt Zweifel darüber aufkommen lassen, dass der Entscheid, ob als Schulsprache in den romanischsprachigen Gemeinden ein Idiom oder Rumantsch Grischun unterrichtet wird, nach geltendem Recht in den Kompetenzbereich der Gemeinden fällt. Die Zuständigkeit des Kantons beschränkt sich in dieser Frage auf die Herausgabe eigener Lehrmittel, die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen sowie die Regelung der Aufnahmeprüfungen an Mittelschulen. Auch Art. 3 Abs. 3 der neuen Kantonsverfassung (KV) ändert an der grundsätzlichen Zuständigkeit der Gemeinden, über die Einführungsschritte von Rumantsch Grischun in der Schule selbst zu bestimmen, nichts.
Gemäss Grobkonzept der Regierung soll im Zeitraum 2008/2009 auf der Grundlage der dannzumal vorliegenden praktischen Ergebnisse mit Rumantsch Grischun in der Volksschule ein Mediationsverfahren durchgeführt werden, welches zum Ziel hat, unter allen Beteiligten eine einvernehmliche Lösung zu finden. Nach der Mediationsphase sind allfällige Konzeptänderungen und Rechtsanpassungen zu prüfen und gegebenenfalls in die Wege zu leiten. Bei dieser Gelegenheit wird abzuklären sein, welche konkreten rechtlichen Schritte unternommen werden müssen.
Das gewählte pragmatische Vorgehen gewährleistet zunächst eine vom Konsens getragene Entwicklung, wonach in jenen Gemeinden, welche sich für die Einführung von Rumantsch Grischun in der Schule entscheiden, praktische Erfahrungen gesammelt werden können. Es trägt aber auch dem Umstand Rechnung, dass die rechtlichen Grundlagen für eine obligatorische Einführung von Rumantsch Grischun erst geschaffen werden müssen. Dabei handelt es sich um einen noch zu fällenden rechtspolitischen Entscheid, welcher in die Zuständigkeit der nach Kantonsverfassung zuständigen Instanzen fällt.
Datum: 23. Mai 2006