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Session: 26.04.2006
Was gesamtschweizerisch sichtbar wird zeigt sich auch in Graubünden. Die zunehmende Zahl von Menschen die auf immaterielle und materielle Hilfe angewiesen sind, hat nicht unerwartet in einem Masse zugenommen, die es uns nicht ermöglicht, zur Tagesordnung überzugehen. Das Sozialhilfegesetz des Kantons Graubünden gibt unmissverständlich die Richtung der Hilfestellung an:

Die öffentliche Sozialhilfe bezweckt Hilfe zur Selbsthilfe und die Förderung der Eigenverantwortung. Die öffentlichen Sozialdienste sind bestrebt, durch die Beratung, Betreuung, Vermittlung von Dienstleistungen und durch Sachhilfe künftigen Schwierigkeiten vorzubeugen sowie Die Notlagen und deren Ursachen zu beseitigen oder zu vermindern. Soweit das Gesetz.

Im Vordergrund muss die Sozialberatung stehen, damit die betroffenen Frauen, Männer und Jugendlichen wieder in den Weg der Selbständigkeit geführt werden können und selbstverantwortliches Handeln ermöglicht wird.

Wir sind der Auffassung, dass aufgrund der "Fallzahlen", die Frage zu stellen ist ob die Zielsetzung, die Beratung und die Integration in einen Erweb möglich ist. Das Abgleiten in die Randständigkeit ist mit allen Mitteln zu verhindern. Den Menschen in besonderen Lebenslagen muss eine adäquate Beratung angeboten werden. Dass in vielen Fällen eine materielle Hilfe zur Verminderung einer Verarmung notwendig sein kann, versteht sich von selbst.

Wir leben in einer Gesellschaft, die zum Einstieg in die Berufs- und Erwerbstätigkeit eine gute Aus- und Weiterbildung erfordert. Wir denke, dass viele der Betroffenen aufgrund des familiären Hintergrundes einen Nachholbedarf an Bildung und Beratung benötigen, um aus der Erwerbslosigkeit heraus zu kommen. Aus dieser Überlegung ist eine gute Beratung in den Fachstellen der Regionalen Sozialdienste zwingend erforderlich und hat somit auch präventiven Charakter.

Aus der Landwirtschaft wissen wir, dass vor der Ernte das Aussäen erfolgen muss. Einige der gesäten Samen sind wieder verdorrt oder brauchten dringend Wasser, damit eine Frucht möglich wird. Der Spardruck hat dazu geführt, dass vakante Beratungsstellen erst Monate später besetzt worden sind. Die wachsenden Aufgaben und der zunehmende Arbeitsdruck schränken pro Betroffenen die Beratungszeit erheblich ein. Die Kosten für den Staat und das Gemeinwesen werden durch die fehlende Beratungszeit und die Verschuldung des Einzelnen steigen.

1. Wir frage deshalb die Regierung an, wie sie der zunehmenden Anzahl von Menschen in besonderen Lebenslagen zu begegnen gedenkt.

2. Wie gedenkt sie, dem Sozialhilfegesetz Nachachtung zu verschaffen, damit dem Grundsatz Hilfe zur Selbsthilfe vermehrt umgesetzt werden kann?

3. Wie hoch definiert die Regierung die Fallzahlen für einen Sozialarbeiter oder Sozialarbeiter bei einer Anstellung von 100%?

Chur, 24. April 2006

Name: Schütz, Bucher-Brini, Baselgia, Arquint, Bleiker, Butzerin, Caviezel-Sutter (Thusis), Christ, Frigg, Hanimann, Hartmann, Hess, Jaag, Jäger, Joos, Koch, Krättli-Lori, Lemm, Mani-Heldstab, Marti, Meyer-Grass (Klosters), Meyer Persili (Chur), Michel, Noi, Peyer, Pfenninger, Pfiffner, Pfister, Sax, Trepp, Zindel, Brasser, Caviezel (Chur)

Session: 26.04.2006
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

Im Gegensatz zu den meisten anderen Kantonen wird im Kanton Graubünden die Sozialberatung für Personen in finanziellen Notlagen oder mit sozialen Problemen durch den Kanton und nicht durch die Gemeinden bereitgestellt und finanziert. Das Beratungsangebot ist gut ausgebaut und wird durch professionelle Mitarbeitende in den regionalen Sozialdiensten erbracht. Die Nachfrage nach Beratung und die Fallkomplexität wie auch die Fallquote pro Mitarbeiterin beziehungsweise Mitarbeiter sind in den letzten Jahren angestiegen.

Beantwortung der Fragen

1. Die Regierung hat in letzter Zeit, um der zunehmenden Belastung der regionalen Sozialdienste zu begegnen, verschiedene Massnahmen getroffen:

- Im März 2004 hat sie die regionalen Sozialdienste von verschiedenen Aufgaben entlastet, die früher aus Effizienzgründen ohne gesetzliche Grundlage von den Sozialdiensten wahrgenommenen wurden, jedoch in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinden fallen.

- Ebenfalls im März 2004 hat sie das Sozialamt ermächtigt, die mit der Führung von vormundschaftlichen Mandaten erzielten Einnahmen zur Finanzierung einer zusätzlichen Stelle in den Sozialdiensten zu verwenden. Mit dieser Massnahme konnte der im Zuge der Umsetzung des Auftrages Feltscher erforderliche Abbau einer weiteren Sozialarbeiterstelle wieder rückgängig gemacht werden.

- Im Budget 2006 hat sie dem Grossen Rat die Finanzierung von drei in den Jahren 2004 und 2005 über den Alkoholzehntel finanzierten Sozialarbeiterstellen zu Lasten der Verwaltungsrechnung beantragt. Der Grosse Rat ist in der Folge diesem Antrag gefolgt.

- Im Budget 2006 hat sie eine Projektleiterstelle zur Koordination und Verbesserung der institutionellen Zusammenarbeit geschaffen. Durch die Intensivierung der Zusammenarbeit der Sozialdienste mit den Regionalen Arbeitsvermittlungsstellen, IV-Stellen und weiteren Partnern im Bereich der interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ) soll die soziale und berufliche Integration der Sozialhilfeempfänger gefördert werden.

- Auf den 1. Januar 2007 hat sie die im Bereich der sozialen Sicherheit tätigen kantonalen Dienststellen im Departement für Wirtschaft und Soziales vereinigt. Sie verspricht sich dadurch eine Optimierung der Abläufe und Verfahren bei Fällen beziehungsweise in jenen Aufgabenbereichen, an denen verschiedene Dienststellen beteiligt sind.

2. Dem Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe wird dadurch Nachachtung verschafft, dass die Klientinnen und Klienten in den Beratungsprozess einbezogen werden. Eine nachhaltige und notwendige Verhaltensänderung kann nur erreicht werden, wenn die betreffende Person den Sinn der Veränderung einsieht und für diese auch motiviert werden kann. Darauf wird in Zukunft noch verstärkt hinzuwirken sein. In diese Richtung zielen auch die neuen SKOS-Richtlinien und die von der Regierung erlassenen Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Unterstützung Bedürftiger.

3. Die Definition einer fixen Fallquote für eine Sozialarbeiterin oder einen Sozialarbeiter bei voller Anstellung durch die Regierung ist wenig zielführend. Im Jahre 2004 lag die durchschnittliche Fallquote pro Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in den regionalen Sozialdiensten bei einer Anstellung von 100% bei 99, im Jahre 2005 bei 98 Dossiers. Diese Fallquote ist höher als in den früheren Jahren.
Die personelle Dotation der regionalen Sozialdienste und damit die Fallquote pro Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in den Sozialdiensten ist abhängig von der Beratungsintensität, die den einzelnen Klientinnen und Klienten zukommen soll, den finanziellen Rahmenbedingungen des Kantons und der Mittelverteilung auf politischer Ebene. Die Regierung ist bestrebt, in diesem Spannungsverhältnis den regionalen Sozialdiensten ausreichend personelle Ressourcen für eine angemessene Beratungstätigkeit zur Verfügung zu stellen. Ob die Integration von Sozialhilfebezügern gelingt, hängt im Übrigen nicht allein vom Einsatz der Sozialdienste ab, sondern auch von den Chancen und Möglichkeiten, die diese Menschen in besonderen Lebenslagen auf dem Arbeitsmarkt erhalten.

Datum: 11. Juli 2006