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Session: 04.12.2006
Die im Jahre 1940 gegründete Bündner Fachschule für Pflege Ilanz (BFP) ist die älteste Schule im Gesundheitsbereich im Kanton Graubünden. Gemäss einem Bericht des Schweizerischen Roten Kreuzes ist die BFP eine sehr beliebte, voll ausgelastete, stabile und qualitativ sehr gute Schule. An der BFP werden jährlich 24 Lernende aus allen Regionen des Kantons sowie auch Ausserkantonale aufgenommen und zu Diplomierten Pflegefachfrauen DN II HF ausgebildet. Die günstige interne Wohnmöglichkeit erleichtert die überregionale Ausbildung, die in Zusammenarbeit mit sechs Bündner Spitälern, psychiatrischen Kliniken, Heimen und Spitexorganisationen erfolgt. Die Absolventinnen der BFP zeichnen sich durch eine hohe fachliche und soziale Kompetenz aus und sind deshalb gesuchte Mitarbeiterinnen bei den Dienstleistungsbetrieben. Die vorliegenden Absichtserklärungen aller Spitäler aus dem Kanton für die Zusicherung der erforderlichen Praktikumsplätze unterstreichen diese Wertschätzung.

Fachlich macht die Schliessung einer bestens funktionierenden Schule mit einem anerkannten Leistungsausweis weit über die Kantonsgrenzen hinweg keinen Sinn und es ist schwer nachvollziehbar, warum eine solche Bildungsinstitution auf dem Altar der Zentralisierung geopfert werden soll. Es wäre auch aus Sicht der Qualitätssicherung zu begrüssen, wenn im Kanton Graubünden eine Ausbildungsalternative erhalten würde. Andere Kantone wie St. Gallen oder Basel Stadt haben längstens erkannt, dass die Führung mehrerer Schulen zur Steigerung der Qualität in der Ausbildung beitragen.

Regionalpolitisch gefährdet die Schliessung der BFP die Schaffung einer starken Bildungsregion Surselva auf dem Platz Ilanz unter der gemeinsamen Trägerschaft der Region. Dieser Beschluss steht auch im Widerspruch zur neuen Regionalpolitik des Bundes, die explizit die Stärkung von regionalen Zentren als Wirtschaftsmotoren propagiert. Die Stärkung eines Bildungszentrums kann auch als Modell für einen künftigen Umgang des Zentrums mit dem peripheren Raum dienen.

Wir ersuchen die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Trifft es zu, dass die BFP aus fachlicher Hinsicht die Kompetenz hat, eine Tertiärausbildung anzubieten?

2. Stimmt es, dass infolge der Entwicklungen auf Bundesebene in Zukunft mit Schülerpauschalen bei den Ausbildungen im Gesundheitsbereich zu rechnen ist?

3. Ist es zutreffend, dass es bei Schülerpauschalen bei genügender Auslastung aus finanziellen Gründen keine Rolle spielt, ob eine Schule in Ilanz oder in Chur geführt wird?

4. Wie viel kostet derzeit eine Schülerin im BGS bzw. in der BFP?

5. Welche Mietkosten pro Schülerin fallen derzeit in der BFP an und welche sind für die neuen Lokalitäten des BGS am Bahnhof Chur vereinbart bzw. vorgesehen?

6. Ist die Regierung bereit, auf den Beschluss bezüglich Nichterteilung des Leistungsauftrages für die Tertiärausbildung zurückzukommen, wenn die BFP entgegen ihrer bisherigen Strategie bereit wäre, zusammen mit dem BGS am Markt aufzutreten, wobei verschiedene Formen der Zusammenarbeit bis hin zur Integration der BFP in das BGS denkbar wären? Welcher Art der Zusammenarbeit würde dann die Regierung den Vorzug geben?

7. Gemäss Beschluss der Regierung sollen die Ausbildungen im Bereich Sekundarstufe 2 in den Regionen verstärkt werden. Ist die Regierung in Ableitung zu dieser Strategie bereit, an der BFP neu die Berufsbildung Fachangestellte Betreuung und Berufsattest exklusiv für den ganzen Kanton anzubieten? Ist die Regierung allenfalls bereit, die Ausbildung Fachangestellte Gesundheit auch dezentral mit Ausbildungsstandort Ilanz zu führen?

Chur, 4. Dezember 2006

Name: Bundi, Caviezel (Pitasch), Hasler, Augustin, Bachmann, Berni, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Bezzola (Samedan), Bleiker, Blumenthal, Brandenburger, Brantschen, Brüesch, Bucher-Brini, Buchli, Butzerin, Caduff, Cahannes Renggli, Campell, Candinas, Castelberg-Fleischhauer, Casutt, Cavigelli, Christoffel-Casty, Clavadetscher, Conrad, Darms-Landolt, Dermont, Donatsch, Dudli, Fasani, Federspiel, Felix, Feltscher, Florin-Caluori, Geisseler, Giovanoli, Hanimann, Hardegger, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Heinz, Jenny, Kessler, Kleis-Kümin, Koch, Kollegger, Loepfe, Märchy-Michel, Mengotti, Möhr, Montalta, Nick, Niederer, Noi-Togni, Parolini, Parpan, Pedrini, Peer, Perl, Pfäffli, Pfiffner-Bearth, Pfister, Plozza, Portner, Quinter, Ragettli, Righetti, Sax, Stiffler, Stoffel, Tenchio, Thomann, Thöny, Thurner-Steier, Troncana-Sauer, Tuor, Valär, Vetsch (Klosters), Vetsch (Pragg-Jenaz), Zanetti, Cattaneo, Grass, Grendelmeier, Largiadèr, Rischatsch

Session: 04.12.2006
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die altrechtliche Pflegeausbildung (Diplomniveau II, DN II) an der Bündner Fachschule für Pflege in Ilanz, BFP, und am Bildungszentrum Gesundheit und Soziales, BGS, endet spätestens 2011 (Leistungsauftrag BFP). Der Ausbildung an der BFP und am BGS (Domleschg und Chur) wird gleichermassen gute Qualität attestiert.
Neu wird die Pflegeausbildung nach Bundesvorgaben an höheren Fachschulen (HF) aufgebaut. Damit Graubünden mit gebündelten Kräften im nationalen Bildungsmarkt kompetitiv wird, hat sich die Regierung gestützt auf eine Gesamtwürdigung dafür ausgesprochen, die HF-Ausbildung in Chur aufzubauen und der BFP keinen Auftrag zum Aufbau desselben Angebots zu erteilen. Berücksichtigt wurden dabei u.a. die Gesprächsergebnisse mit der BFP und der Umstand, dass der Aufbau einer zusätzlichen HF-Pflege aufgrund der zu erwartenden Studierendenzahlen und der verfügbaren Praktikumsplätze nicht einem ausgewiesenen Bedarf entspricht, sondern eine neue Doppelspurigkeit wäre, die nach heutiger Berechnungsbasis jährliche Mehrkosten von rund 1 Mio. Franken zur Folge hätte. Die Sichtung und Auswertung der nach dem entsprechenden Beschluss vorgebrachten Sachargumente zeigen kaum neue Erkenntnisse.

1. Da die Anerkennungsvoraussetzungen des Bundes für den HF-Studiengang noch nicht vollständig bekannt sind, kann die Frage nicht schlüssig beantwortet werden.

2. Als Verallgemeinerung stimmt die Aussage nicht. Der Bund richtet den Kantonen ab 2008 direkt eine Pauschale aus, mit der er sich an den Kosten der Berufsbildung mit Einschluss der höheren Fachschulen und übrigen Leistungen beteiligt. Dabei stellt die Anzahl Personen in der beruflichen Grundbildung (Lehrverhältnisse) den Multiplikator für deren Errechnung dar. Die Bundespauschale deckt nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten der Berufsbildung in den Kantonen.

3. Im Entwurf zum Gesetz über die Berufsbildung und weiterführende Bildungsangebote (BwBG) schlägt die Regierung mit Blick auf die dezentralen Angebote für beitragsrechtlich anerkannte Institutionen weiterhin eine Defizitabgeltung vor. Offen wird der Weg für Pauschalierungen bei Aufwandpositionen oder im Rahmen von Leistungsaufträgen. Von reinen Schülerpauschalen für ein „Ja“ zu Frage 3 wären solche nötig, die von der Frage der Schulstandorte unabhängig wären wird im Geltungsbereich der Berufsbildungsgesetzgebung derzeit abgesehen.

4. Die Zahlen der Rechnung 2005 für das gleiche Ausbildungsprogramm (DN II akut bzw. allgemein) zeigen einen bereinigten Defizitanteil des Kantons pro lernende Person von Fr. 18'692.-- an der BFP und von Fr. 16'734.-- am BGS.

5. Im Jahr 2005 betrug der Nettomietzins bezogen auf den Lernendenbestand DN II an der BFP pro Lernende ca. Fr. 1'345.--, in der schuleigenen Liegenschaft am BGS wurden die Bauten über die Investitionsrechnung abgeschrieben. Prognosen für die Zukunft sind für beide Schulen schwierig, und Zahlenangaben liegen nur insoweit vor, als das BGS im Neubau mit einem jährlichen Mietzins von total rund 1,6 Mio. Franken rechnet. Diese Kosten fallen unabhängig eines Standorts Ilanz an, wobei die Infrastruktur am BGS für die Aufnahme aller Lernenden im Pflege- und Betreuungsbereich ausreicht.

6. Die Analyse der Sachargumente liefert für einen Aufbau der HF-Pflege in Ilanz nicht neue und gewichtige Gründe. Bildungspolitische und wirtschaftliche Gründe sprechen nicht dafür, jährlich rund 1 Mio. Franken zusätzlich aufzuwenden, um in einer Region eine Doppelspurigkeit aufzubauen, für die kein Bedarf besteht. Die Regierung ist bestrebt, sich für die Surselva, aber auch für die anderen Regionen einzusetzen. Sie hält indessen betreffend HF-Pflege an ihrem Entscheid fest und möchte auch dem BGS keine zusätzlichen regionalpolitischen Aufgabenstellungen übertragen.

7. Diese Frage war 2006 überprüft worden, wobei der Aufbau einer Fachmittelschule in Ilanz bevorzugt wurde. Zudem zeigt das Potenzial an Lernenden bei einer Rekrutierungsbasis „Graubünden“ kaum Erfolgssaussichten für ein zusätzliches Berufsbildungsangebot. Aktuell stammen pro Jahr nur 5 von 60 FaGe-Lernenden (Fachangestellte Gesundheit) und 2 von 26 FaBe-Lernenden (Fachangestellte Betreuung) aus der Surselva.

Datum: 6. Februar 2007