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Session: 05.12.2006
Gemäss Art. 3 Abs. 3 des Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern (ANAG) darf vom Arbeitgeber ein nicht niedergelassener Ausländer‚ zum Antritt der Stelle nur zugelassen werden, wenn ihm der Aufenthalt zum Stellenantritt bewilligt ist. Kommt der Arbeitgeber dieser Sorgfaltspflicht (Art. 10 Abs. 1 BVO) nicht nach, macht er sich in strafrechtlicher Hinsicht der Widerhandlung gem. Art.23 Abs. 6 ANAG schuldig.

Es folgt eine Strafanzeige durch das Amt für Polizeiwesen und Zivilrecht Graubünden (Fremdenpolizei) beim zuständigen Kreisamt. Durch das Kreisamt ergeht anschliessend an den fehlbaren Arbeitgeber die Aufforderung zur Vernehmlassung. Dieser reicht eine entsprechende Antwort ein und schlussendlich wird gegen den fehlbaren Arbeitgeber ein Strafmandat erlassen, in welchem eine Busse ausgesprochen wird und ihm die Verfahrenskosten übertragen werden.

Vor diesem Hintergrund drängen sich die folgenden Fragen auf:

1. Wie viele Strafanzeigen wurden durch die kantonale Fremdenpolizei i. S. Widerhandlungen gemäss Art. 23. Abs. 6 ANAG in den Jahren 2004-2006 eingereicht?

2. Art. 23 Abs. 6 Satz 2 beinhaltet die Möglichkeit, dass in besonders leichten Fällen von einer Bestrafung Umgang genommen werden kann. Wie wird dieser Ermessensspielraum von der kantonalen Fremdenpolizei gehandhabt?

3. Gemäss Konzept vom Mai 2006 möchte die Regierung die KMU's administrativ entlasten. Ist in diesem Zusammenhang von der Regierung auch eine Gesetzesänderung geplant, aufgrund derer Verstösse gegen Art. 23 Abs. 6 ANAG ohne zusätzliche administrative Umtriebe und Kosten direkt durch die Fremdenpolizei im Ordnungsbussenverfahren erledigt werden könnten?

Chur, 5. Dezember 2006

Name: Pfäffli, Brantschen, Troncana-Sauer, Bachmann, Barandun, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Brüesch, Buchli, Caduff, Campell, Candinas, Casparis-Nigg, Casutt, Claus, Clavadetscher, Conrad, Dermont, Donatsch, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Hasler, Jenny, Kessler, Kleis-Kümin, Koch, Krättli-Lori, Kunz, Marti, Meyer-Grass (Klosters), Nick, Parpan, Peer, Perl, Portner, Quinter, Ragettli, Rathgeb, Ratti, Rizzi, Stiffler, Thomann, Thurner-Steier, Toschini, Wettstein, Gunzinger, Largiadèr, Rischatsch

Session: 05.12.2006
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Ausländische Personen haben sich innert acht Tagen seit Wohnsitznahme in der Schweiz auf der Einwohnerkontrolle anzumelden. Zum Stellenantritt benötigen sie eine Bewilligung. Bei Missachtung dieser Bestimmungen machen sich die ausländischen Personen und ihr Arbeitgeber strafbar.

Auch EG-/EFTA-Bürgerinnen und Bürger müssen diese Anmeldevorschriften erfüllen. Im Geltungsbereich des Freizügigkeitsabkommens wird die Voraussetzung, dass zum Stellenantritt eine Bewilligung benötigt wird, bereits mit der Anmeldung auf der Gemeinde erfüllt; die Ausstellung des entsprechenden Ausweises bzw. der Bewilligung muss nicht abgewartet werden. Diese Lösung, die administrativ eine starke Entlastung der Gesuchstellenden bewirkt, rechtfertigt sich aufgrund des gesetzlichen Anspruches auf eine Aufenthaltsbewilligung und der Tatsache, dass nur in den seltensten Fällen ein Gesuch nicht bewilligt werden kann.

Bis zum 31. Juli 2003 führte das Amt für Polizeiwesen und Zivilrecht Graubünden die Strafverfahren wegen Verletzung fremdenpolizeilicher Vorschriften im Sinne von Art. 23 Abs. 6 ANAG in einem Verwaltungsstrafverfahren durch. Diese Strafkompetenz wurde mit der Revision des GVVzAAG (BR 618.100), welche seit dem 1. August 2003 in Kraft ist, durch den Grossen Rat auf den Strafrichter übertragen (Botschaft Heft 4/2002-2003, S. 153f; GRB vom 27. November 2002).

1. Bis im Mai 2006 wurde keine Statistik über die eingereichten Strafanzeigen geführt. Im Februar 2006 wurde die Verzeigungspraxis der Rechtsprechung angepasst, womit sich die Anzahl Verzeigungen stark reduzierte. In der zweiten Hälfte des Jahres 2006 sind 80 Verzeigungen erfolgt.

2. Die Mitarbeitenden des Amtes für Polizeiwesen und Zivilrecht Graubünden sind verpflichtet, bei Feststellungen von Straftatbeständen eine Strafanzeige einzureichen (Art. 36 Abs. 3 GVVzAAG). Sie haben dabei die von der Rechtsprechung entwickelte Praxis zu berücksichtigen. Ein Opportunitätsprinzip mit einem Verzicht auf eine Verzeigung besteht nicht. Einzig der Strafrichter kann von der Bestrafung Umgang nehmen.

3. Die Regierung ist unter der Berücksichtigung der Zielsetzung, unnötige administrative Umtriebe und Kosten zu vermeiden, bereit, bei Verstössen gegen Art. 23 Abs. 6 ANAG die Einführung eines Ordnungsbussenverfahrens zu prüfen.

Datum: 22. Februar 2007