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Session: 11.06.2007
Die Schweiz verfügt über einen Ausländeranteil von 20,7 Prozent (Stand 2005). Das Zusammentreffen verschiedener Völker und Kulturen war schon seit jeher eine Triebfeder für Fortschritt in Forschung, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Aus demographischer Sicht erweist sich die Immigration gar als Notwendigkeit. Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung sind wir auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Die Schweiz ist ein Einwanderungsland und sie wird es auch in Zukunft bleiben.

Immigration birgt neben Chancen auch Risiken. Wo verschiedene kulturelle Hintergründe aufeinander treffen, entstehen auch Missverständnisse, Konkurrenz und Missgunst. Immigration erzeugt gesellschaftliche Reibungen zwischen Eingewanderten und Einheimischen. Es ist deshalb eine zentrale Aufgabe, unbestritten vorhandene Probleme im Zusammenhang mit der Immigration in ihrer real existierenden Grösse zu erfassen und weder populistisch aufzublähen noch zu bagatellisieren.

In sämtlichen relevanten Kennzahlen (Arbeitslosigkeit, Sozialhilfeabhängigkeit, Schulbildung, Integration ins Erwerbsleben, Gesundheit, Straffälligkeit etc.) weist die ausländische Bevölkerung im Durchschnitt schlechtere Werte auf. Das Problem, mit dem wir heute primär konfrontiert sind, ist die Folge des Familiennachzugs der zweiten Einwanderungsphase, der in den 90er-Jahren stattfand. Das führte unter anderem dazu, dass Frauen und Kinder ehemaliger Gastarbeiter in hoher Zahl in die Schweiz nachgezogen sind und sich, nicht zuletzt aufgrund einer mangelnden Integrationspolitik, relativ schlecht ins Erwerbsleben und in die Gesellschaft integrieren konnten - mit allen damit verbundenen negativen Folgen.

Eine erfolgreiche Integration ist ein gegenseitiger Prozess und setzt den Willen und die Integrationsbereitschaft aller Beteiligten voraus. Dabei braucht es auch verpflichtende Instrumente. Ein wesentlicher Grundsatz ist jener der „Integration der ersten Stunde“: Unmittelbar nach Ankunft in der Schweiz muss der Integrationsprozess beginnen und sich permanent fortsetzen.

Ziel der Integration ist das Erreichen der umfassenden Chancengleichheit. Integration ist dann wirklich gelungen, wenn Migrantinnen und Migranten in den verschiedenen Integrationsbereichen vergleichbare Kennzahlen wie die Schweizerinnen und Schweizer aufweisen beispielsweise hinsichtlich Bildungsniveau, Erwerbslosenquote, Sozialhilfeabhängigkeit, Armutsrisiko, Invalidität, Kriminalität oder Gesundheit.

Gesellschaft und Wirtschaft profitieren von einer gut integrierten ausländischen Bevölkerung. Die Integration findet dabei auf mehreren Ebenen statt. Die strukturelle Integration soll den Zugang der Eingewanderten zu den relevanten Integrationsbereichen wie Schule, Berufsbildung und Arbeitsmarkt gewährleisten. Die kulturelle und soziale Integration spielt sich im gesellschaftlichen Leben, im Wohnquartier oder dem Freizeitbereich ab. Sie soll zum Verständnis der Grundwerte, der Regeln des Zusammenlebens und der Rechtsordnung beitragen. Die politische Integration soll schliesslich dazu führen, dass Eingewanderte in gesellschaftliche und politische Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden.

Eine erfolgreiche Integration erleichtert das Zusammenleben zwischen SchweizerInnen und MigrantInnen. Es ermöglicht auch MigrantInnen, ihre Fähigkeiten voll zu nutzen und sich in der Gesellschaft (Vereine, Nachbarschaft, Behördentätigkeit, gesamter ehrenamtlicher Bereich) einzubringen. Darüber hinaus trägt die ausländische Wohnbevölkerung aber auch wesentlich zu einer Stärkung der kulturellen Vielfalt bei.

Eine verbesserte Integration der ausländischen Bevölkerung trägt letztlich zu einem steigenden Steueraufkommen und zu geringeren Kosten bei den Sozialausgaben bei, sie vermindert andererseits durch mangelhafte Integration entstehende Folgekosten (Nachbesserung Schulbereich, Kosten Gesundheitswesen, Strafverfolgung und Strafvollzug).

Am 18. April 2007 verabschiedete der Grosse Rat des Kantons Basel Stadt ein umfassendes Integrationsgesetz, welches schon jetzt als Meilenstein der schweizerischen Integrationsgesetzgebung gilt. Als erstes schweizerisches Gesetz im Bereich der Integration verpflichtet es sowohl Individuen als auch den Staat zu gegenseitigem konstruktivem Engagement in Bezug auf die Integrationsziele.

Die Unterzeichneten laden die Regierung ein, ein auf die speziellen Bedürfnisse des Kantons Graubünden ausgerichtetes Integrationsgesetz zu erarbeiten.

Chur, 11. Juni 2007

Name: Pfiffner-Bearth, Peyer, Trepp, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jäger, Menge, Meyer Persili (Chur), Pfenninger, Thöny, Pedrini (Soazza)

Session: 11.06.2007
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Mit dem Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) und der Revision des Asylgesetzes (rev. AsylG) passte der Bundesrat auch die Verordnung über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VIntA; SR 142.205) an. Dabei werden neu die integrationsrelevanten Bestimmungen des AuG und AsylG zusammengeführt sowie die Grundsätze und Ziele, der Beitrag und die Pflichten der Ausländerinnen und Ausländer sowie das Verfahren und die Voraussetzungen für die Ausrichtung finanzieller Beiträge des Bundes zur Förderung der Integration ausführlich festgelegt. Neu geregelt werden auch die Zuständigkeiten und die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen. So wird der Bund ab 2008 seine Integrationspolitik nur noch über Ziele und Programme sowie Anreize zur Praxisentwicklung steuern. Die Kantone werden künftig das Schwerpunktprogramm des Bundes vollziehen und umsetzen. Ihnen wird somit die operative Verantwortung für die Gesuchsprüfung, die Entscheidfindung, das Finanzmanagement und die Berichtsprüfung übertragen.

Die neue Ausrichtung der Bundespolitik, wonach die Integrationsförderung primär Aufgabe der Regelstrukturen (wobei beispielhaft das Schul- und Bildungswesen, die Arbeitswelt, der Migrationsbereich und die Institutionen der sozialen Sicherheit erwähnt werden können) ist, wird eine stärkere Zusammenarbeit der verschiedenen Departemente und Dienststellen erfordern, welche mit Aufgaben und Problemstellungen aus dem Migrationsbereich konfrontiert werden (vgl. Art. 9 VIntA).

Der vorgesehene Wechsel stellt neue Anforderungen an die kantonale Integrationspolitik. Die Kantone müssen künftig strategische und koordinierende Aufgaben wahrnehmen. Dazu haben sie die erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, was auch finanzielle Auswirkungen zur Folge haben wird. Die Umsetzung der neuen Arbeitsteilung setzt die Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen, Steuerungsinstrumente, Strukturen sowie finanziellen und personellen Ressourcen voraus.

Anfangs Juli 2007 legte die Regierung die im Zusammenhang mit den neuen integrationsrelevanten Bestimmungen des AuG und AsylG stehenden Grundsätze der zukünftigen Organisation der Integrationsförderung im Kanton Graubünden fest. Für die strategische Ausrichtung der Integrationsförderung im Ausländer- und Asylrecht wird eine Steuerungsgruppe eingesetzt, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Departemente und Dienststellen zusammensetzt, die in ihren Kernaufgaben von der Integrationsproblematik betroffen sind. Zur Umsetzung der übrigen im Integrationsbereich anfallenden Aufgaben soll die Stelle einer oder eines Integrationsdelegierten geschaffen werden. Zudem sind die erforderlichen Gesetzesgrundlagen auf kantonaler Ebene zu erarbeiten, um die von Bundesrechts wegen an die Kantone im Integrationsbereich übertragenen Aufgaben und die danach ausgerichtete kantonale Integrationspolitik umsetzen zu können (Ziel, Aufgaben, Pflichten, Organisation, Zuständigkeiten, Koordination, finanzielle Beiträge, Förderungsbereiche etc.). Weil sich die bundesrätliche Integrationsverordnung auf das Ausländer- und Asylgesetz abstützt, sieht die Regierung vor, die integrationsrelevanten Bestimmungen auf Kantonsebene im Rahmen der erforderlichen Anpassung der grossrätlichen Vollziehungsverordnung zur Ausländer- und Asylgesetzgebung des Bundes (GVVzAAG) umzusetzen. An Stelle der grossrätlichen Verordnung hat aufgrund der Vorgabe der Kantonsverfassung ein kantonales Ausführungsgesetz zu den Bundesgesetzen zu treten, in welchem den speziellen Bedürfnissen und Gegebenheiten des Kantons auch im Integrationsbereich in angemessener Weise Rechnung getragen werden soll. Die Schaffung eines neuen und eigenen Integrationsgesetzes ist aus diesen Gründen nicht vorgesehen und aufgrund der von der Regierung vorgesehenen Vorgehensweise auch nicht notwendig. Die Regierung beantragt deshalb, den Auftrag abzulehnen.

Datum: 14. August 2007